Der Weg ins Tal der Tränen war keine einfache Reise. Das Land veränderte sich, je näher sie der Quelle der Dunkelheit kamen. Die Bäume wirkten verdorrt, als wäre das Leben selbst aus ihnen gesogen worden, und ein schwerer Nebel legte sich über die Pfade. Es war, als würde das Land ihre Ankunft spüren – und sich darauf vorbereiten, sie zu verschlingen.
Die Spuren des Vergangenen
„Das Tal der Tränen," sagte Kael'thar, während sie einen engen Gebirgspass entlanggingen. „Es war einst ein Ort voller Leben. Aber vor Jahrhunderten wurden hier die Wächter der Schatten vernichtet. Es heißt, ihre Schreie hallen noch immer durch die Schluchten."
Danny sah sich um, während er die düstere Landschaft in sich aufnahm. „Wie konnte so etwas passieren? Waren sie nicht stark genug?"
„Sie waren stark," antwortete der Drache, seine Stimme leise. „Aber sie waren uneins. Die Schatten haben sie gegeneinander ausgespielt, ihre Zweifel und Ängste genutzt, um sie zu brechen. Sie wurden nicht durch Gewalt besiegt – sondern durch ihren eigenen Geist."
Diese Worte ließen Danny innehalten. Er erinnerte sich an die Momente, in denen er selbst gezweifelt hatte, und fragte sich, ob er wirklich bereit war, sich solch einer Gefahr zu stellen.
Unruhe im Nebel
Der Nebel wurde dichter, und Danny spürte, wie sich die Temperatur senkte. Kael'thar blieb abrupt stehen, seine Flügel leicht ausgebreitet, als würde er die Luft um sie herum abtasten.
„Etwas ist hier," sagte er leise, seine Stimme ein tiefes Grollen.
Danny griff instinktiv nach seinem Schwert, doch er konnte nichts sehen. Die Stille war überwältigend, fast erdrückend, bis plötzlich ein Flüstern durch den Nebel drang – leise, wie das Rascheln von Blättern im Wind.
„Hör nicht hin," warnte Kael'thar. „Das sind die Stimmen der Schatten. Sie versuchen, dich abzulenken."
Doch die Worte drangen tief in Dannys Bewusstsein. Sie waren vertraut, wie ein Echo aus seiner Vergangenheit:„Du bist nicht gut genug."„Du wirst scheitern."
Danny schüttelte den Kopf, versuchte, die Stimmen zu ignorieren, doch sie wurden lauter. „Kael'thar, was, wenn ich …"
„Danny!" Kael'thar drehte sich zu ihm um, seine Augen funkelten warnend. „Bleib bei mir. Konzentrier dich auf unsere Verbindung. Die Schatten können nichts tun, solange wir zusammenstehen."
Danny atmete tief durch und versuchte, sich auf die Essenz zu konzentrieren, die ihn mit Kael'thar verband. Langsam verstummten die Stimmen, und der Nebel begann sich zu lichten.
Das verfluchte Dorf
Auf ihrem Weg kamen sie an einem kleinen Dorf vorbei, das verlassen und halb verfallen war. Die Häuser waren schwarz vor Ruß, als wären sie vor langer Zeit in Flammen aufgegangen, doch die Stille war gespenstisch.
„Was ist hier passiert?" fragte Danny, während er vorsichtig durch die verlassenen Straßen ging.
„Die Schatten kamen," sagte Kael'thar düster. „Dieses Dorf war einst ein Außenposten der Drachenwächter. Sie haben versucht, die Dunkelheit zu bekämpfen, doch sie wurden überwältigt."
Danny betrat eines der Häuser und fand die Überreste von Möbeln und Werkzeugen – Spuren eines Lebens, das plötzlich beendet wurde. Auf einem Tisch lag ein Buch, dessen Seiten zerfetzt und vergilbt waren.
Er hob es vorsichtig auf und konnte einige Worte entziffern:„Sie kamen in der Nacht … Wir hörten die Stimmen …"
Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken. Er legte das Buch zurück und ging wieder hinaus. „Was, wenn wir dasselbe Schicksal erleiden?"
Kael'thar blieb stehen und sah ihn fest an. „Wir werden nicht scheitern, Danny. Solange du an dich selbst und an uns glaubst, sind wir stärker als jede Dunkelheit."
Die Prüfung des Feuers
Kurz bevor sie das Tal erreichten, wurden sie von einer unerwarteten Herausforderung aufgehalten. Ein Fluss aus Lava schnitt ihren Weg ab, dampfend und zischend, als ob die Erde selbst versuchte, sie zurückzuhalten.
„Wir müssen darüber," sagte Danny, während er die glühende Masse betrachtete.
Kael'thar nickte. „Aber Vorsicht. Der Fluss ist nicht das eigentliche Problem. Die Schatten werden versuchen, diese Gelegenheit zu nutzen, um uns anzugreifen."
Danny konzentrierte sich auf die Essenz, die ihn mit Kael'thar verband, und gemeinsam schmiedeten sie einen Plan. Kael'thar würde Danny auf seinen Rücken nehmen und sie über die Lava tragen, während Danny bereit sein musste, Angriffe aus der Luft abzuwehren.
Als sie sich in die Lüfte erhoben, kamen die Schatten wie erwartet – fliegende Kreaturen, deren Körper wie Rauch wirkten, doch deren Klauen messerscharf waren. Danny musste sich auf jede Bewegung von Kael'thar verlassen, während er die Angreifer abwehrte.
„Lass dich nicht ablenken!" rief Kael'thar, als eine Kreatur nach Dannys Arm griff.
Mit einem gezielten Schlag seines Schwertes zerstörte Danny das Wesen, doch der Kampf war intensiv. Schließlich erreichten sie das andere Ufer, erschöpft, aber unversehrt.
Das Tal kommt in Sicht
Nach Tagen der Herausforderungen und Prüfungen standen sie endlich am Rand des Tals der Tränen. Es war ein unheimlicher Ort – ein weites, dunkles Becken, in dem kein Licht zu existieren schien. Der Boden war von Rissen durchzogen, und in der Ferne waren seltsame Strukturen zu sehen, die aussahen wie alte Türme oder Schreine.
„Das ist es," sagte Kael'thar, seine Stimme voller Anspannung.
Danny sah in die Dunkelheit hinab und spürte, wie sein Herz schneller schlug. Doch anstatt von Angst überwältigt zu werden, fühlte er etwas anderes – eine leise, aber entschlossene Stärke.
„Wir werden es schaffen," sagte er leise, mehr zu sich selbst als zu Kael'thar.
Der Drache nickte. „Ja. Das werden wir."