Nachdem der Unterricht für den Tag beendet war, hatte Vorden angeboten, Peter wieder bei seinem Training zu helfen. Besonders weil sie beide am nächsten Tag in denselben Kampfklassen, den Elementarklassen, sein würden.
"Hey, willst du mit uns kommen?" fragte Peter.
"Nö, ich will euch nicht stören, ich wäre sowieso keine große Hilfe", antwortete Quinn.
Peter freute sich, dass die Gruppe anscheinend wieder zur Normalität zurückgekehrt war. Es gab keine Spannungen mehr zwischen ihnen dreien und er hoffte, das würde für immer so bleiben.
Gerade als Quinn das Zimmer verlassen hatte und nur Vorden und Peter zurückblieben, stellte Vorden Peter eine Frage.
"Hey, hast du in letzter Zeit bemerkt, dass Quinn sich mit einem Mädchen trifft?" fragte Vorden.
"Stimmt, ich habe ihn mit einem Mädchen aus der Bibliothek kommen sehen. Es war dasselbe Mädchen, das am Tag des Tests mit uns war, sie hatte einen Bogen und Pfeile."
Nachdem Peter geantwortet hatte, glaubte er kurz zu erkennen, wie sich der Ausdruck in Vordens Gesicht veränderte. Aber dann blinzelte er und schaute noch einmal, und Vorden schien in Ordnung zu sein.
"Vielleicht hat er sich eine Freundin angelacht." Sagte Vorden und lachte.
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Natürlich hatte Quinn entschieden, die anderen beiden stehen zu lassen, weil er vorher schon Pläne gemacht hatte, sich mit Layla zu treffen. Sie hatten ausgemacht, sich am Schultor zu treffen. Doch bevor die Beiden sich trafen, entschied Quinn, im Wissenschaftslabor vorbeizuschauen.
Die meisten Lektionen in einer Militärschule haben Kampf oder Technologie als Schwerpunkt, doch Wissenschaft ist immer noch ein Kernfach. Denn wegen Wissenschaftlern hat die Menschheit erst herausgefunden, wie sie all die verschiedenen Technologien, die es heute in der Welt gibt, nutzen konnte.
So wurden die Schüler ermutigt, während ihrer Dienstzeit weiter Naturwissenschaften zu lernen, in der Hoffnung, dass sie das auch in der Zukunft tun würden.
Die Klassenzimmer waren für heute leer und wichtige Geräte waren in einem Lagerraum eingeschlossen.
Aber Quinn suchte nicht nach etwas Exotischem, er brauchte nur ein paar Reagenzgläser und kleine Korken. Nachdem er das Zimmer eine Zeit lang durchsucht hatte, fand er den Ort, an dem sie die Reagenzgläser aufbewahrten. Er nahm insgesamt fünf Reagenzgläser.
Obwohl es viele waren, es wäre auffällig gewesen, wenn er zu viele genommen hätte, und Quinn konnte nicht mehr als fünf mitnehmen, ohne befürchten zu müssen, dass sie kaputtgehen könnten.
Quinn steckte die fünf Reagenzgläser in eine Umhängetasche, die er bei sich hatte, und wickelte sie in ein Ersatzhemd, das er aus seinem Zimmer mitgebracht hatte.
Quinn hatte momentan insgesamt 60/200 Erfahrungspunkte bis zum nächsten Levelaufstieg. 50 Erfahrungspunkte waren von der letzten Quest übertragen worden und er hatte zehn EP von seinen zwei täglichen Quests erhalten.
Bisher hatte er bei jedem Stufenaufstieg einen zusätzlichen Wertepunkt und fünf HP-Punkte erworben. Obwohl Quinn dadurch stärker geworden war. Es war nicht der schnellste Weg, um seine Stärke zu erhöhen.
Quinn erkannte, dass das System ihm die Möglichkeit bot, zweimal zusätzliche Punkte der Eigenschaften zu erhalten, solange er das Blut seines Opfers trank, aber als er Laylas Blut trank, erhielt er immer noch einen Punkt in den Eigenschaften. Das war es, was Quinn heute ausprobieren wollte.
Es war 18 Uhr abends und die Sonne ging gerade unter, daher war Quinn im Moment nicht von der Sonne betroffen. Wie geplant stand Layla mit ihrem Bogen auf dem Rücken am Tor und wartete auf ihn.
Schüler, die Waffen benutzten, trugen sie die meiste Zeit bei sich. Es bestand immer die Möglichkeit eines Angriffs oder dass ein Tier aus einem Portal entkommen konnte.
Nachdem sie sich getroffen hatten, beschlossen sie, in den nahe gelegenen Park zu gehen, der zwischen dem Supermarkt und der Schule lag. Dann verließen sie den Weg und gingen in den Wald, wo sie versteckt waren. Niemand wagte sich in diesen Teil und es war schwer für sie, gesehen zu werden.
"Also, machen wir das jetzt?" fragte Layla aufgeregt.
Quinn fand es immer noch seltsam, dass Layla sich eher auf die Situation freute, anstatt Angst davor zu haben.
"Also gut, schließe deine Augen." Sagte Quinn.
Layla schloss ihre Augen und war bereit. Sie konnte sich noch an das befriedigende Gefühl vom letzten Mal erinnern und konnte es kaum erwarten, es wieder zu spüren. Obwohl sie etwas nervös wurde, als ihr einfiel, dass Quinns Lippen auf ihrem Hals liegen würden.
Plötzlich jedoch spürte Layla einen kleinen Stich in ihrem Arm.
Layla öffnete die Augen und bemerkte, dass eine Nadel dort war.
"Was? Du dachtest, ich würde dich einfach beißen, oder?"
Laylas Wangen wurden plötzlich knallrot. Wenn nicht die Nadel in ihrer Hand wäre, hätte sie versucht, Quinn wegzutreten.
Nachdem die Spritze aufgefüllt war, spritzte Quinn sie in eines der mitgebrachten Reagenzgläser.
"Ist es okay, wenn ich noch ein weiteres auffülle?" fragte Quinn.
Layla sagte nichts und streckte ihren Arm aus, sie war immer noch etwas verlegen über das, was vorhin passiert war.
Nachdem Quinn zwei Reagenzgläser gefüllt hatte, steckte er eines der blutgefüllten Röhrchen in seine Tasche, während er das andere in der Hand hielt.
"Untersuchen."
< Blut von Layla Munrow>
< Blutgruppe A + >
Quinn sah Layla an und setzte erneut seine Inspektionsfähigkeit ein.
<Name: Layla Munrow >
<Rasse: Mensch >
<Fähigkeit: Telekinese >
< HP 12/12>
< Blutgruppe A + >
Es war, wie Quinn gedacht hatte. Als er die Fähigkeit "Inspektion" auf das Blut anwandte, zeigte es ihm nur die Blutgruppe und von wem sie war, so wie damals bei der Versammlung. Wenn die Person jedoch vor ihm stand, wäre ihre Fähigkeit, HP und Blutgruppe sichtbar.
Einige der Blutspuren in der Halle stellten nur Fragezeichen dar. Annahme, dass Quinn der Person entweder schon einmal begegnet sein musste oder die Fähigkeit "Inspektion" schon einmal bei ihr angewendet hatte.
Quinn betrachtete das Reagenzglas und schluckte. Dann zog er den Korken oben heraus und schnupperte an dem Blut.
"Du wirst es doch nicht etwa gleich hier trinken, oder?" fragte Layla.
"Warum nicht, ich muss wissen, ob es irgendwelche Veränderungen verursacht."
"Ich weiß nicht, es fühlt sich irgendwie peinlich an, ich kann es nicht erklären."
Quinn ignorierte Layla und betrachtete das Blut wieder. Es roch ziemlich süß, was ganz anders war, als er es in Erinnerung hatte. Plötzlich hob Quinn das Röhrchen und trank in einem Zug das Blut, als ob er einen alkoholischen Schnaps nähme.
Als das Blut seine Kehle hinunterlief, spürte er ein warmes Kribbeln in seinem Körper. Das Blut schmeckte auch überraschend süß anstelle von metallisch. Es schien so, als ob der Rassenwechsel auch seine Geschmacksknospen und seinen Geruchssinn verändert hätte.
< Deine HP ist bereits voll >
< Das Blut wird keine Wirkung haben >
< Das Blut dieser Person wurde bereits konsumiert >
< Es werden keine Statuspunkte vergeben >
Quinn war überrascht über die Information, die er erhalten hatte. Das Blut letztes Mal schien eine heilende Wirkung auf seinen Körper zu haben. Nach der Nachricht zu urteilen, würde das Blut von Layla ihm erlauben, HP wiederherzustellen, wenn er verletzt wäre.
Aber die zweite Nachricht interessierte ihn mehr. Das System erklärte, dass er das Blut bereits einmal konsumiert hatte und daher keine Statuspunkte gegeben würden. Das bedeutete, dass er solange es sich um das Blut von jemandem handelte, den er noch nicht getrunken hatte, einen zusätzlichen Statuspunkt bekommen würde.
Quinn lächelte bei dem Gedanken. Natürlich war das nur eine Theorie von ihm, aber er wollte sie sofort ausprobieren.
"Ich nehme an, was auch immer du testen wolltest, hat funktioniert, wenn man dein gruseliges Lächeln betrachtet", sagte Layla.
"Wenn ich doch nur das Blut von jemand anderem hätte, an dem ich das testen könnte."
In diesem Moment war das Geräusch von zwei Personen zu hören, die vom Spielplatz in den Wald kamen. Quinn und Layla gingen sofort in Deckung und versteckten sich hinter einem Baum.
In diesem Moment sahen sie, wie zwei Schüler in den Wald kamen.
"Gebt jetzt eure Kredite ab, sonst buddel ich euch gleich hier euer Grab und niemand wird eure Leiche je finden", sagte eine Stimme des Jungen.
Quinn erkannte die Stimme sofort. Es war Rylee. Es sah so aus, als ob er seine Lektion immer noch nicht gelernt hatte und noch immer seine alte Tricks benutzte.
Quinn ging in seine Tasche und holte die Maske heraus, die er im Supermarkt gekauft hatte. Das letzte Mal ließ er Rylee gehen, ohne etwas von seinem Blut zu nehmen, und jetzt fühlte er, dass das eine Verschwendung war. Aber dieses Mal würde Quinn Rylee nicht gehen lassen.