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#3 Die erste Prüfung

Die Kreaturen aus den Schatten bewegten sich lautlos und mit einer unheimlichen Anmut, ihre Formen ständig im Wandel. Mal hatten sie die Konturen von Wölfen mit glühenden Augen, dann wurden sie zu schattenhaften, humanoiden Gestalten, deren Gesichter leer und bedrohlich waren.

Danny wich einen Schritt zurück. Sein Herz raste, aber er zwang sich, nicht in Panik zu verfallen.

„Das sind die Dämmerwächter," erklärte Kael'thar ruhig. „Sie sind keine Feinde im eigentlichen Sinne. Sie testen dich – deine Stärke, deinen Willen und deinen Glauben an dich selbst."

„Testen?" Danny lachte nervös. „Das sieht eher aus, als würden sie mich töten wollen."

Kael'thar schnaubte, eine kleine Rauchwolke entwich seiner Nase. „Wenn du an ihnen scheiterst, werden sie dich in die Schatten ziehen. Doch ich glaube, du wirst bestehen. Nimm dies als eine Chance, deine Zweifel zu konfrontieren."

Bevor Danny fragen konnte, wie er diese Prüfung überstehen sollte, bewegte sich die erste Kreatur auf ihn zu. Ihr Körper bestand aus nichts als schwarzem Nebel, doch ihre Präsenz war überwältigend.

„Was soll ich tun?" rief er.

„Finde es heraus," sagte Kael'thar nur, ohne sich zu bewegen.

Danny fühlte, wie Panik in ihm aufstieg. Seine Hände zitterten, sein Atem wurde flach. Doch dann erinnerte er sich an die Worte des Drachen.„Vielleicht ist das Tor eine Chance."

Mit klopfendem Herzen schloss er die Augen und zwang sich, sich zu konzentrieren.

Die Schattenkreatur kam näher, ihre Umrisse wurden schärfer, und plötzlich war sie nur noch wenige Schritte entfernt. Danny öffnete die Augen und hob instinktiv die Hände, als wolle er sie abwehren. Zu seiner Überraschung spürte er, wie etwas in ihm erwachte – eine Energie, die ihm völlig fremd war.

Ein warmes, goldenes Licht entwich seinen Händen und traf die Kreatur. Diese schrie auf, ein schrilles, unmenschliches Geräusch, und zog sich zurück.

Danny starrte ungläubig auf seine Hände. „Was … war das?"

Kael'thar neigte den Kopf. „Das, Danny, war die Essenz deiner Seele. Sie manifestiert sich, wenn du an dich selbst glaubst."

„Essenz meiner Seele?" Er lachte unsicher. „Das klingt wie etwas aus einem Fantasy-Roman."

„Das ist kein Roman, Junge," entgegnete Kael'thar mit einem Funkeln in den Augen. „Das ist deine Realität."

Danny konnte die Wärme, die von seinen Händen ausging, noch immer spüren. Es fühlte sich an, als hätte etwas tief in ihm geschlummert und war nun erwacht. Die Schattenkreatur hatte sich zurückgezogen, aber sie war nicht besiegt – sie lauerte, um erneut anzugreifen.

Kael'thar beobachtete ihn aufmerksam. „Die Energie, die du spürst, ist ein Teil von dir, Danny. Sie gehört zu deinem Wesen, auch wenn du sie bisher nie gekannt hast."

Danny musterte seine Hände, suchte nach einer Erklärung. „Aber wie? Wie mache ich das? Ich habe nie … gelernt, sowas zu tun."

„Das musst du auch nicht," erwiderte der Drache. „Die Fähigkeit ist instinktiv. Sie entspringt deinem Willen und deiner Entschlossenheit."

Die Kreatur vor ihm begann sich zu bewegen, während weitere aus den Schatten auftauchten. Es waren jetzt drei von ihnen, die ihn umkreisten, ihre Formen flimmernd und verzerrt. Ihre bloße Anwesenheit schien die Luft schwerer zu machen, als würde sie gegen seine Gedanken drücken und versuchen, ihn in Furcht zu lähmen.

Doch Danny kämpfte dagegen an.

Er schloss die Augen und konzentrierte sich. Er versuchte, dieses Gefühl von Wärme und Energie wiederzufinden. Tief in seinem Inneren suchte er nach dem Funken, der ihm zuvor geholfen hatte.

Die Stimmen seiner Zweifel flüsterten erneut:„Du bist nicht stark genug. Du wirst scheitern. Warum versuchst du es überhaupt?"

Danny biss die Zähne zusammen. Diese Stimmen hatten ihn sein Leben lang verfolgt. Sie waren es, die ihn zurückgehalten hatten, die ihn in seiner Komfortzone gefangen hielten.

„Nicht diesmal," murmelte er.

Er öffnete die Augen, und diesmal war die Wärme in ihm stärker. Seine Hände begannen, in einem goldenen Licht zu glühen, das immer heller wurde, bis es die dunklen Kreaturen blendete.

„Bleib fokussiert," rief Kael'thar. „Diese Energie ist mächtig, aber sie erfordert Kontrolle. Lass dich nicht von Emotionen überwältigen – nutze sie."

Danny nickte und hob die Hände. Das Licht wurde zu einem pulsierenden Strahl, der auf die erste Kreatur traf. Sie schrie erneut auf und löste sich in dichten, schwarzen Nebel auf. Die anderen beiden zögerten, aber nur für einen Moment.

Eine von ihnen stürzte vor, und Danny reagierte schneller, als er dachte. Er drehte sich, hob eine Hand und spürte, wie die Energie in einer Welle von ihm ausging. Die Kreatur wurde zurückgeschleudert und verschwand ebenfalls.

Doch bevor er die letzte angreifen konnte, fühlte er plötzlich ein Stechen in seinem Kopf. Der goldene Glanz in seinen Händen flackerte, und er spürte, wie die Energie in ihm nachließ.

„Was passiert?" rief er, die Panik kehrte zurück.

„Du bist unerfahren," sagte Kael'thar ruhig. „Dein Körper ist noch nicht daran gewöhnt, diese Kraft zu nutzen. Ruhe dich aus – du hast genug getan."

Die letzte Kreatur zog sich zurück, verschwand in der Dunkelheit, als würde sie auf Kael'thars Worte reagieren.

Danny ließ die Hände sinken, seine Knie wurden weich, und er musste sich an einem Felsen abstützen. „Das … war … anstrengender, als ich dachte," keuchte er.

Kael'thar trat näher, seine goldenen Augen musterten ihn eindringlich. „Das war ein beeindruckender Anfang, Danny. Du hast gezeigt, dass du die Essenz in dir tragen kannst. Aber das war nur der erste Schritt. Es gibt noch so viel mehr, was du lernen musst."

Danny schaute den Drachen an, noch immer außer Atem, aber in ihm regte sich etwas Neues: Stolz. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er nicht versagt. Zum ersten Mal hatte er etwas getan, das wirklich zählte.

„Also," sagte er schließlich, ein schwaches Lächeln auf den Lippen, „wann fangen wir mit dem Training an?"

Kael'thar ließ ein leises Grollen hören, das fast wie ein Lachen klang. „Sehr bald, Danny. Sehr bald."