"Die Kälte der Ewigkeit hat mein Herz längst erfroren. Wo einst Mitgefühl und Freude wohnten, bleibt nur noch Leere. Ich gebiete den Toten, weil ich selbst nicht mehr lebe." -Azrael Nocturne
Das einst noch belebte Lager der verbotenen Armee stand nun komplett leer. Nur ein paar wenige Krieger hatten bis jetzt überlebt. Azrael war so stark wie noch nie zuvor. Die gewaltige Knochenschlange flog durch den Himmel. Liang Wei und Aiden standen auf dem Hügel, Hand in Hand, um sich einen letzten Schlagabtausch mit Azrael zu liefern. Durch den Körperkontakt konnte Liang Wei seinen Skill [Wrath of the Vanguard] auf Aiden übertragen, wodurch sie beide geschützt waren. Die gelb leuchtende Aura strahlte nun auch um Aiden. Entschlossen und voller Mut sprangen die Beiden auf das Ungeheuer zu. Azrael sah seine Chance. Die Knochenschlange flog nun direkt auf die beiden Jungs zu und öffnete ihr Maul. Einen Moment lang schloss Aiden seine Augen, doch alles passierte schneller, als er erwartete. So landeten sie schneller, als sie erwarteten, im Maul der gigantischen Knochenschlange.
Episode 7 - Gott der Untoten (Teil 3)
Mit einem leichten Geklapper landeten Aiden und Liang Wei in der Schlange. Sie waren froh, wenigstens jetzt auf halbwegs festem Boden zu stehen. ,,Wow, das schafft Azrael alles bloß durch die Fähigkeit, die Knochen zu bewegen? Der Kampf-IQ von diesem Typ ist ja einmalig.", sagte Liang Wei, was seinen Respekt vor dem Gegner zeigte. Obwohl er all seine Freunde umgebracht hatte, respektierte Liang Wei Azrael zu einem bestimmten Grad. Das zeigte das Prinzip der verbotenen Armee, niemals aufzuhören, ihre Gegner zu respektieren, was auch passierte. ,,Vermutlich ist Azrael am anderen Ende der Schlange, wenn er nicht im Kopf ist.", bemerkte Aiden, ,,Beeilen wir uns!" Mit einem leichten Nicken schritten sie weiter voran. Bald bildeten sich Öffnungen zwischen den Knochen in der ,Wand'. Aus diesen Öffnungen schossen spitze Knochen heraus. Kurz ließ Aiden die Hand seines Kameraden los, doch dieser ergriff ihn kurz darauf wieder und sie rannten einfach weiter, als wäre nichts gewesen. Die Knochengeschosse prallten einfach an der Aura des Skills ab.
Schnell rannte das Duo immer weiter und weiter, fast schon unaufhaltsam. Auch Azrael erkannte das. So machte die Skelettschlange eine vertikale Kurve und flog direkt auf den Boden zu. Zum Glück konnten sich Aiden und Liang Wei noch auf einen Knochen an der Wand stellen. ,,Was machen wir jetzt? Wir können nicht mehr einfach zum Ende der Schlange rennen!" Liang Wei war etwas verzweifelt, doch die Verzweiflung wurde von Aiden gebrochen. ,,Eine Möglichkeit haben wir noch - Meine Körperverstärkung!" Nach einer kurzen Redepause begann Liang Wei zu lächeln. ,,Ich wusste, dass du eine Idee haben würdest. Du überrascht mich jedes Mal aufs Neue... Dann leg mal los!" Aiden sprang in die Luft, woraufhin Liang Wei seinen Arm schützend nach oben hielt, sodass Aiden auf seinem Unterarm landen konnte, der noch von [Wrath of the Vanguard] betroffen war. Daraufhin aktivierte Aiden [Body Enhancement], wodurch er mit einem einzigen Sprung am Ende der Schlange landen konnte. Als er die Decke durchbrach, erwartete ihn noch eine Plattform und eine weitere Decke, als gäbe es einen doppelten Boden. Auch Azrael war, wie erwartet, hier zu finden.
,,Und, was sagst du zu meinem Plan? Ich habe erwartet, dass wenigstens dein Freund mit seinem Skill die Schlange betreten würde. Einen Sturz aus dieser Höhe würde nicht einmal sein Skill verkraften. Mein Körper würde sich jedoch einfach wieder zusammensetzen." Azrael saß in der Mitte, mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Die Aussage gerade hatte Aiden sehr verärgert. ,,Du redest hier von Körpern und Freunden, aber dabei hast du weder einen richtigen Körper noch Menschlichkeit! Wie kannst du es dir bitte erlauben, so etwas zu sagen…?" Azraels leichtes Lächeln wurde zu einem breiten Grinsen. Daraufhin ließ er ein Knochenschwert in seine Hände fliegen und schnitt sich seinen eigenen rechten Arm ab. In Sekundenschnelle bildete die schwarze Flüssigkeit einen neuen Arm. ,,Ganz schon krass, oder nicht? Das alles hätte ich niemals ohne meinen Meister, Lord Valenor, hingekriegt! Er ist es, der mich zu dem gemacht hat, was ich bin! Du hast recht, dass ich kein Mensch bin! ich bin schließlich ein Gott! Einzig und allein ich!" Langsam verstand Aiden, was passiert war. ,,Du armer hast mit der Zeit immer mehr und mehr Menschlichkeit verloren." Er machte eine kurze Pause und ging daraufhin in Kampfposition. ,,Azrael, mein alter Freund, lass mich dich von deinem traurigen, leeren Leben erlösen. Wenn ich dich erlöst habe, werde ich diesen Valenor besiegen und dich rächen!"
Azraels Grinsen verzog sich zu einem irren, fast wahnsinnigen Lachen, als er auf Aiden zustürmte. „Du denkst, du kannst einen Gott bezwingen?" schrie er, während er seine Arme nach vorne warf. Aus seinem Rücken und seinen Armen schossen Knochenspeere hervor, die sich um ihn wie Tentakel bewegten und auf Aiden zurasten. Aiden hob seine Arme in Abwehr, schlug die Knochen mit seiner [Body Enhancement] zur Seite, doch Azrael war schneller.
„Fühlst du das?" rief Azrael hysterisch, als er einen schnellen Spin vollführte, seine Knochenpeitschen wirbelten um ihn herum und zwangen Aiden in die Defensive. „Ich bin der Anfang und das Ende! Ich bin das Alpha und Omega! Nur ich! Nur ich!" Sein Schrei hallte durch die Leere des Raumes, während seine Knochenpeitschen wie Wellen auf Aiden einprasselten.
Aiden duckte sich, rollte über den Boden und wich einem besonders gefährlichen Stachel aus, der auf ihn zuschoss. „Du bist kein Gott, Azrael!" schrie er, während er einen schnellen Konter startete und auf den Wahnsinnigen zurannte. Doch Azrael erwartete ihn bereits. Mit einem verzückten Lächeln ließ er plötzlich Knochenklingen aus seinen Unterarmen wachsen, die scharf wie Rasiermesser blitzten.
„Oh, aber das bin ich! Ich bin unsterblich!" schrie Azrael, als er sich auf Aiden stürzte. Die Klingen trafen auf Aidens verstärkte Haut, doch selbst mit der Körperverstärkung war der Aufprall heftig. Aiden blockierte die Schläge mit seinen Unterarmen, doch Azrael war unnachgiebig. Er bewegte sich mit übermenschlicher Geschwindigkeit, seine Knochenschwerter blitzten in einem tödlichen Tanz auf. Jeder Schlag war präzise, als hätte Azrael sein Leben lang nur das Kämpfen perfektioniert.
Aiden knirschte mit den Zähnen, während er immer weiter zurückgedrängt wurde. Azrael war wie eine Naturgewalt – unaufhaltsam, unerbittlich. Seine Augen funkelten vor Wahnsinn, und er lachte hysterisch, als er Aiden weiter bedrängte. „Fühlst du es, Aiden? Fühlst du die Macht eines Gottes?"
„Genug!" schrie Aiden, als er mit einem gewaltigen Schlag die Knochenklingen von Azrael zerschmetterte und dem Psychopathen einen direkten Fausthieb gegen die Brust verpasste. Azrael taumelte, doch sein Grinsen verschwand nicht. Stattdessen wuchsen sofort neue Knochen aus seinem Körper, ersetzten die zerstörten, und er fuhr fort, auf Aiden einzuschlagen. „Du kannst mich nicht besiegen! Ich werde immer zurückkommen!"
Doch dann geschah es. Mit einem letzten wahnsinnigen Lachen ließ Azrael die gesamte Plattform, auf der sie kämpften, verschwinden. „Dies ist der Wille eines Gottes!" schrie er. Alles um sie herum fiel ins Nichts, bis auf ein winziges Stück Boden, auf dem Azrael stand. Aiden, völlig überrascht, trat ins Leere. Er konnte nichts greifen, nichts verhindern – und fiel.
„Ich bin der Gott, und du bist nichts! Nichts!" schrie Azrael in einem letzten hysterischen Ausbruch, während Aiden in die Tiefe stürzte. Doch Aiden konnte nicht einfach so aufgeben. Der Junge landete genau auf einem der beiden großen Fangzähne der Knochenschlange. Es war unklar, ob Aiden vorher schon darüber nachdachte, oder ob er einfach nur Glück hatte, doch eines war klar: Das Spiel war noch nicht aus. So schloss Aiden kurz die Augen und öffnete sie daraufhin wieder. Von ihnen kam ein grelles, blaues Leuchten. Es war dasselbe Leuchten, das erschien, als er letztes Mal 250% gegeben hatte. Diesmal konzentrierte er all seine Kraft auf die Beine. Mit einem einzigen, gewaltigen Sprung stieß er sich selbst hoch. Die Schmerzen waren gewaltig. Aiden schrie. Seine Beine wurden dadurch extrem in Mitleidenschaft gezogen. Trotz der höllischen Schmerzen wusste der Junge, dass das vielleicht seine letzte Chance sein könnte. Er schloss die Augen und blendete jeden Schmerz aus. So war er bald wieder ganz oben angelangt, wo Azrael schon auf ihn wartete. In derselben Bewegung bildete der mutige Junge eine Faust. Er traf seinen Gegner direkt am Kinn. Durch diesen Schock brachen Aiden und Azrael beide durch die Knochenschlange. Die Schmerzen verleiteten Azrael dazu, seine Technik abzubrechen, wodurch die Knochenschlange schnell wieder in ihre Einzelteile fiel.
Aiden, Liang Wei und Azrael landeten auf dem harten Boden des Hügels. Kurz darauf stand Azrael auf und brach in dröhnendem Gelächter aus. Der junge Mann war letztendlich derjenige, der gewonnen hatte. Doch er war nicht der einzige, der aufstand. Liang Wei öffnete ebenfalls die Augen und richtete sich auf. Aiden war zwar auch wach, doch beide seiner Beine wurden vom Angriff vorhin hart in Mitleidenschaft gezogen. ,,Ihr seid auch etwas hartnäckig, nicht?" Azrael war überrascht, doch das Grinsen war noch vorhanden. ,,Gut, dann werde ich mein Ass im Ärmel einsetzen. Eigentlich wollte ich das nicht tun, da diese Technik alles um sich herum gnadenlos zerstört, doch ich habe keine andere Wahl." Mit diesen Worten streckte Azrael seine Hand aus. Die Knochen flogen nun alle in Azraels Hand. Es schien eigentlich unmöglich, schließlich waren die Knochen nicht gerade klein, doch sie alle wurden an einen kleinen Punkt in der Handfläche des ehemaligen Menschen gezogen.
Liang Wei wusste direkt, was nun passieren würde. ,,Nein, nicht!" Wenn Azrael fortfuhr, würden die Knochen in einer gigantischen Explosion enden. So aktivierte er sofort seinen Skill [Wrath of the Vanguard] und stürmte los. Fast alle Knochen waren bereits in Azraels Hand. So umschlang Liang Wei den Psychopathen fest, als würde er ihn umarmen, darauf hoffend, dass die Explosion dadurch nicht nach außen dringen würde. Doch Liang Wei wusste bereits, dass es nicht reichen würde und sowohl Aiden, als auch die restlichen überlebenden Armeemitglieder in den Tod gezogen werden würden. Doch mit einem hätte Liang Wei nicht gerechnet: Mit dem Auftauchen von Morvan. ,,Die Kämpferbrüder sind noch am Leben, aber ihr Zustand ist kritisch. Wird vermutlich noch kritischer, wenn ich dir nicht wieder aus der Patsche helfe." So legte Morvan seine Hand auf Liang Weis Schulter, wodurch [Wrath of the Vanguard] auf den Schleimkämpfer übertragen wurde. Mit einer leichten Bewegung der anderen Hand erschuf der Vizeanführer eine Kuppel, die ebenfalls von der gelben Aura umhüllt war. Sekunden später ertönte ein unglaublich lauter Knall.
Langsam löste sich die Kuppel auf. Aiden sah auf. Er erblickte Morvan, der sich selbst noch einmal mit einer Schleimschicht umhüllte, wodurch er doppelt geschützt war. Doch Liang Wei konnte er nicht retten. Auch Azrael war nicht mehr als eine einzelne, kleine Pfütze. ,,Liang Wei!", rief Aiden schockiert. War er wirklich gestorben? Doch der Armeeanführer bewegte langsam seinen Kopf. Er lächelte und zeigte ,Daumen hoch', bevor sich sein Skill auflöste und er zu Boden fiel. Darauf sollte der nächste Schock folgen. Die Pfütze regenerierte sich langsam zu einer menschlichen Gestalt. ,,Nicht ernsthaft, oder…?" Dabei hatte sich Aiden so sehr über ihren Sieg gefreut. Doch eine Sache war seltsam - Die Pfütze hatte nur eine grundlegende menschliche Gestalt aus schwarzer Flüssigkeit gebildet, ganz ohne Details. Konnte man das noch menschlich nennen? So rief Azrael: ,,Ja! Ich allein bin hier der Gott! Ihr habt verloren! Ahahaha, das fühlt sich so toll an! Das scheint meine absolute, göttliche Gestalt zu sein!" Doch kurz darauf ertönte das Geräusch eines Funken. Azraels Gestalt begann langsam, sich in Staub aufzulösen. ,,Was?! Was passiert mit mir?! Warum… ich… NEEEIN! DAS DARF NICHT…! MEISTER, BITTE HÖRT AUF DAMIT! ICH WILL NICHT STERBEN, NEIN! ICH… ICH BIN DOCH… ICH BIN DOCH GOTT!" Bald war Azraels jämmerliche Gestalt komplett zu Staub zerfallen. Liang Wei, der noch bei Bewusstsein war, hatte eine leichte Vorahnung, was passiert sein könnte. Diese Vorahnung sollte sich bald bestätigen.
Wie aus dem Nichts erschien eine düstere Gestalt neben Aiden. ,,Deine Beine sehen aber schlimm aus… Lass mich dir helfen." Als die düstere Gestalt ihre Hand auf Aidens Bein legte, rief Liang Wei verzweifelt: ,,Aiden, nein!" Kurz darauf waren die Beine des Jungen verheilt, als wäre nichts gewesen. Die Gestalt wandte sich Liang Wei zu. ,,Jetzt zu dir." Sofort legte er seine Hand auf Liang Weis Schulter, wodurch sein gesamter Körper geheilt war. Dies machte sich der junge Mann direkt zu Nutzen und wollte dir Gestalt mit einem Kick überwältigen. Die Reaktionsgeschwindigkeit des Unbekannten war so schnell, dass er rechtzeitig ausweichen konnte. Das war auch der Moment, an dem Aiden die Gestalt komplett erblicken konnte. Es war ein Mann, etwa 1,90 Meter groß. Seine glatten Haare waren hüftlang und schwarz wie die Nacht. Er trug einen schwarzen Umhang, der an einen Vampir erinnerte. Die Augen des Mannes waren schmal, doch durchschauten sie alles. Auf seinem Gesicht saß ein leichtes Lächeln. Er strahlte Gefahr und Dunkelheit aus. ,,Nicht… Valenor!" Aiden begriff. Der Mann, der vor ihnen stand, war Valenor Nightstorm, jener Mann, der Azrael manipuliert und ihm seine Menschlichkeit genommen hatte. Auch Liang Wei schien Valenor zu kennen. ,,Oje… Da hat euch mein Lehrling wohl Ärger gemacht. Zum Glück konnte ich ihm den neuen Körper, den ich ihm gegeben habe, wieder wegnehmen. Wer weiß, was sonst passiert wäre, haha."
Valenor wirkte irgendwie freundlich - vielleicht etwas zu freundlich. So fuhr er mit seinem Monolog fort: ,,Meine Aufgabe an ihn war es eigentlich, die verbotene Armee auszulöschen. Irgendwie hat es darin geendet, dass er kurz davor war, die Welt zu zerstören." Aiden wusste genau, dass das nicht der eigentliche Grund war. Während seines Kampfes gegen Azrael schien es, als hätte sich der Nekromant absichtlich zurückgehalten. Es schien, als könne er seine wahren Kräfte nicht freisetzen, weil etwas ihn davon abhielt. Der richtige Azrael, den er kannte, war noch irgendwo da drin. So sah Valenor die beste Möglichkeit darin, es zu beenden, bevor es überhaupt begann. ,,Was hast du vor?", fragte Liang Wei wütend, als er sich aufrichtete und Valenor gegenüberstand. Dieser lächelte nur und antwortete: ,,Ihr habt sicher schon einmal vom ,gefangenen Gott' gehört, nicht wahr?" Liang Wei zuckte zusammen. ,,Der gefangene Gott… Du meinst doch nicht etwa…" Valoran grinste. ,,Ja genau, ich will Valoran aus seinen Siegeln befreien." Einen Moment war alles still. Aiden erinnerte sich an diesen Namen. Er stand auf dem Baumstumpf im heiligen Baum geschrieben, wo Vincent ihn damals verraten hatte. Liang Wei rief: ,,Nein, tu das nicht! Er wird alles zerstören!" Valenors Lächeln wurde nur noch größer. ,,Er wird eine neue Weltordnung erschaffen. Valoran ist der Gott, den wir brauchen!"
Liang Wei stellte sich schützend vor Aiden. ,,Das werden wir nicht zulassen!" Valenor jedoch schloss kurz die Augen. ,,Ich habe schon alles, was ich brauche. In drei Tagen wird das Entsiegelungsritual durchgeführt. Was ihr bis dahin macht, ist mir egal. Ich habe noch Einiges zu erledigen. Wir sehen uns in drei Tagen." Sofort stürmte Aiden auf Valenor zu. Seine Faust wurde von [Body Enhancement] verstärkt. Der Schlag glitt durch Valenors Brustkorb wie ein Messer durch Butter. Schwarze Flüssigkeit spritzte durch die Gegend. ,,Nicht wirklich, oder…?" Sofort wich der Junge zurück. Das war dieselbe Flüssigkeit, aus der auch Azraels Körper bestanden hatte. So regenerierte sich auch das Loch in Valenors Brust sofort durch jene schwarze Flüssigkeit. Ein letztes Mal lächelte der gefährliche Mann, bevor er sich komplett in die Flüssigkeit auflöste und so schnell verschwand, wie er gekommen war.
,,Verdammt! Fuck, fuck fuck! Das ist gar nicht gut!" Liang Wei war extrem frustriert über das Auftauchen von Valenor. Aiden meldete sich zu Wort: ,,Was ist denn passiert? Ich verstehe überhaupt nichts, kannst du mich aufklären?" Liang Wei beruhigte sich wieder etwas. ,,Gut… Zunächst einmal zu Valenor. Valenor ist mit mir der Gründer der verbotenen Armee. Wir waren einst beste Freunde, doch nachdem es zu einem heftigen Zwischenfall kam, schwor sich Valenor, Rache zu nehmen. Damit wären wir dort angelangt, wo wir heute sind." Im Augenwinkel erspähten die Beiden Morvan, der Luna und die Kämpferbrüder in einem Schleimball transportierte.
Nach kurzer Überlegung entschloss sich Liang Wei dazu, dem Jungen noch schnell den Rest zu erzählen. ,,Und nun zu Valoran. Valoran ist eine Legende in der Geschichte dieser Welt. Er war einer der stärksten Kämpfer, die es je gab, nein, er war DER stärkste Krieger, den es je gab. Er war ein regelrechtes Monster. Seine Kraft war mit der eines Gottes vergleichbar. Eines Tages entschloss er sich plötzlich dazu, gegen diese Welt und ihre Einwohner zu kämpfen. Das war einer der wenigen Momente, an dem alle vier Tier-III-Bestien gleichzeitig gegen eine Person kämpften - vergebens. Behemoth erlitt heftigen Schaden, wodurch er für immer geschwächt und nie wieder mit den anderen Bestien mithalten konnte. Celestial Dragon wird nun von Valenor wie ein Sklave gehalten. Leviathan zog sich in seinen See zurück, aus dem er nie wieder entkam. Nur Gigantosaurus blieb in seiner alten Verfassung. Er ist derzeit die einzige Tier-III-Bestie, die noch einen Besitzer hat, mit dem sie sich wie ein Freund versteht."
Aiden, der sah, wie Morvan fast da war, unterbrach den jungen Anführer. ,,Und was ist dann passiert?" Liang Wei erkannte, dass er abschweifte. ,,Nun, Valoran wurde so stark, dass ihn niemand mehr aufhalten konnte - niemand außer eine Person. Diese Person war der damalige Anführer der Organisation, die diese Welt regierte. Er opferte sein eigenes Leben, um Valoran hinter einem ,Göttersiegel' und sechzehn ,Heldensiegeln' zu versiegeln. Das Göttersiegel sperrte Valorans Körper und Seele ein, während die Heldensiegel alle einen Teil seiner Fähigkeiten hielten. Es existiert jedoch kein Siegel ohne einen Schlüssel. So wurden kurz darauf zwei Jungs geboren. Beiden wurde ein Teil des Schlüssels in die Seele übertragen, sodass das Siegel nur gebrochen werden konnte, wenn beide dieser Kinder gleichzeitig sterben. Einer der beiden wurde dem Stamm der Schattenläufer übergeben und der Andere bekam den Celestial Dragon geschenkt und wurde den Dämonentötern übergeben. Dieser Junge wuchs zu dem heran, was wir heutzutage als Valenor Nightstorm kennen. Scheinbar hat er den anderen Teil des Schlüssels gefunden und wird ihn bald töten. Wir müssen sein Schloss stürmen und ihn besiegen, bevor es zu spät ist! Alleine sind wir jedoch viel zu schwach…"
Plötzlich bekam Aiden eine Idee. Dämonentöter und Schattenläufer - diese Namen kamen ihm sehr bekannt vor. Sofort erinnerte er sich an die Auswahl der Klasse, als er in diese Welt kam. Dämonentöter und Schattenläufer waren zwei der Optionen. ,,Liang Wei, ich weiß, was zu tun ist." Der junge Anführer drehte sich gespannt um, bevor Aiden fortfuhr: ,,Wir statten den Dämonentötern und Schattenläufern einen Besuch ab - ich hab' da Bekannte." Liang Wei war erstaunt. ,,Bekannte? Ernsthaft?" Doch bevor Aiden antworten konnte, passierte etwas seltsames. Die Welt veränderte sich - besser gesagt sein Sichtfeld. Plötzlich sah der Junge Bilder und Abläufe aus der Sicht einer anderen Person - wie bei einer VR-Brille. Es waren ganz klar Erinnerungen, die er sah.
<-=- Das Leben dessen, dem sein genommen wurde ->
Ich öffnete meine Augen. Es war alles verschwommen, doch wusste ich, dass ich nicht Zuhause in Japan war. Ich war alleine. Ich wachte in einer großen Stadt auf, wurde dort jedoch wegen meinen Kräften als Nekromant ausgestoßen. Ich hatte niemanden. Einige Tage stand ich kurz vor dem Tod. Ich hatte nichts zu essen, nichts zu trinken. Ich war allein. Doch dann änderte sich alles. Ein Mann streckte seine Hand aus. Er bot mir Essen an, er bot mir trinken an, er bot mir einen Platz zum Schlafen an. So lebte ich jahrelang bei diesem Mann, der auf den Namen Valenor hörte. Ich fand Freunde, Familie und hatte mich sogar verliebt.
Eines Tages bot mir Valenor an, mich stärker zu machen. Dafür musste ich einen Kelch voll schwarzer Flüssigkeit am Tag trinken. So trank ich zum ersten Mal die Flüssigkeit. Ich merkte, wie sich mehr Kraft und Lebendigkeit in mir breitmachte. Ich fühlte mich besser, stärker und gesünder. So trank ich weiterhin einen Kelch pro Tag, merkte, wie ich jeden Tag stärker wurde, bis ich nach einem Jahr einen Auftrag erteilt bekam. Ich sollte ein Dorf überfallen und alle Menschen dort umbringen. Ich wusste nicht, warum, aber aus irgendeinem Grund hatte ich überhaupt kein Problem damit. Ich fühlte eine leichte Leere, die in mir auftauchte. So überfiel ich das Dorf und brachte jede einzelne Person um. Ich spürte keine Reue, kein Gefühl, etwas falsches getan zu haben. Schließlich war es nur ein Befehl meines Meisters, dem ich Folge leistete. Eine Person im Dorf erkannte ich sofort. Es war das Mädchen, in das ich mich verliebte. Ich erinnere mich noch, wie sie um Hilfe flehte. Trotz meiner Liebe zu ihr brachte ich sie einfach um. Ich spürte keine Liebe, doch so etwas wie Glück, Freude und Trauer konnte ich noch spüren. An jenem Tag verlor ich das Gefühl der ,Liebe'.
So ging mein Leben sechs Jahre lang weiter. Jedes Jahr erhielt ich einen neuen Auftrag. Einmal musste ich mich in eine Stadt einschleichen, ein anderes Mal musste ich eine Person verraten, mit der ich mich gut anfreundete. Jedes Jahr verlor ich bei dieser Mission ein weiteres Gefühl. Wut, Angst, Trauer, Stolz, Scham und am Ende auch Freude gingen von mir. Von Jahr zu Jahr merkte ich, dass mein Körper immer mehr aus schwarzer Flüssigkeit bestand, bis er im siebten Jahr nicht mehr derselbe war. So war meine siebte und vorerst letzte Mission, die verbotene Armee auszurotten. Nach dieser Mission würde ich endlich frei sein. Ich verspürte Freude, Glück und Harmonie. Doch auch das verlor ich während meines Kampfes gegen Aiden. Mein Inneres Selbst zeigte sich wieder. Es sagte mir ,,Greif nicht an!" oder "Verfehle diesen Angriff!", um Aiden zu retten. Als Valenor zurückkehrte, um mich umzubringen, verspürte ich zum ersten Mal nach sechs Jahren all die Gefühle, die ich bis dahin unterdrückte. Ich verspürte Wut, Hass und Trauer. Ich wollte noch weiterleben, also schrie ich und bettelte ihn an, mich am Leben zu lassen. Alles was ich wollte war, wieder mit Aiden und meinen anderen Freunden zu leben und so viel Spaß zu haben wie damals.
[Skill ,Lifetime Legend - Restrictionless' erlernt]
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