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Kapitel 25: Das Erbe

Das Feld unterhalb der Klippe stand in Flammen. Der Geruch von Blut und Eisen, gepaart mit den Schreien der sterbenden Soldaten und dem Klirren der Schwerter erfüllte die Luft.

Am Horizont konnte man die letzten Reste der Sonne sehen. Die Wolken waren Blutrot, wie der Boden des Schlachtfeldes. Monster, so weit wie die Augen blicken konnten, versuchten, die letzte befestigte Stellung dieser Armee zu stürmen. 

Zwei Gestalten traten an den Rand der Klippe und schauten auf das Massaker herab, welches die Wiesen unter ihnen trübte. Beide trugen ein helles Gewand und hatten die Kapuzen tief über ihren Kopf gezogen. 

"So endet es also. Wir werden einfach überrannt, ohne je die Chance bekommen zu haben, mehr zu tun, als uns zu verteidigen."

Es war eindeutig eine männliche Stimme, die gesprochen hatte. Trotzdem gab sie einem das Gefühl der Geborgenheit und dass man der Person sofort vertrauen könnte. Die andere Person antwortete dem Mann. Es war eine weibliche Stimme, die sprach.

"Unser Erbe geht verloren für immer. Am 60sten Tage nach dem Erscheinen der Götter steht der Untergang für uns bereit. Keiner wird sich an uns Elfen erinnern."

Die Frau legte eine kurze Pause ein und schaute gen Himmel. Mittlerweile war die Sonne komplett untergegangen und die roten Wolken am Horizont waren durch einen klaren Sternenhimmel ersetzt worden.

"Das einzige, was wir jetzt noch können, ist zu beten und auf die Gnade eines Gottes zu hoffen."

Beide nahmen ihre Gewänder ab und legten diese sorgfältig gefaltet auf den Boden. Im schalen Mondlicht konnte man die Körper der beiden erkennen. Unter der Haut zeichneten sich wohlgeformte Muskeln ab. Entwickelt zum Jagen und Leben in der Wildnis. Ihre Ohren liefen spitz zu. Jeder Ihrer Bewegungen war grazil und strömte aber trotzdem das Gefühl von Kraft aus.

Beide Gestalten knieten sich hin und hoben ihre Hände gen Himmel. Was die beiden sagten, wurde vom Wind weggetragen und von den Geräuschen der immer noch tobenden letzten Schlacht überdeckt. 

Doch wenige Augenblicke später verstummten die Geräusche und es herrschte absolute Stille. Nicht mal die Bäume trauten sich ein Geräusch zu machen. 

Denn vom Himmel herab stieg ein Licht. Trotz seiner Helligkeit wurde jedoch keiner geblendet und jeder konnte es bestaunen. Doch von diesem Licht ging eine Aura von absoluter Macht aus.

Niemand kam auch nur der Gedanke, sich zu bewegen und seinen Blick von diesem Licht abzuwenden. Selbst die Monster hielten inne und schauten nach oben. 

Eine Stimme erklang. Diese Stimme zu beschreiben wäre ein fataler Fehler. Denn für jeden klang diese anders. Eines war jedoch sicher, die Stimme ließ jegliche Zweifel an die gesagten Worte verfliegen.

"Armselig. Langweilig. Abstoßend."

Das waren die ersten Worte die erklangen. Jeder hörte sie und trotzdem waren sie weder laut noch leise ausgesprochen worden. Die Worte hallten in den Köpfen der bis eben noch um ihr Leben kämpfenden Soldaten wieder.

"Wir hatten mehr erwartet von eurer Rasse."

Mehr musste die Stimme nicht sagen. Jegliche Hoffnung, die noch irgendwer hatte, wurde restlos ausgelöscht. Jeder Kampfeswille versiegte im Boden wie das Blut der gefallenen Kameraden. 

Ohne dass das Licht seine Position änderte, schienen die nächsten Worte in eine andere Richtung gesprochen zu sein. Der Befehl war an die beiden Elfen auf der Klippe gerichtet.

"Bringt ein würdiges Opfer dar und wir werden euch eine Kraft verleihen, mit der ihr uns mehr unterhalten könnt."

Die weibliche Elfe wollte erst widersprechen, brachte aber nach wie vor keinen Ton raus. Der andere Elf hatte jedoch verstanden, was die Macht vor ihm verlangte. Er nahm seinen Dolch aus dem zusammengefalteten Gewand und schlitzte sich den Hals auf. Bevor er zusammen sackte, sprach er seine letzten Worte an die Elfe.

"Rette unser Volk. Rette unser Erbe."

Der Schock breitete sich im Gesicht der Elfe aus. Bevor sie jedoch irgendetwas machen konnte, erklang erneut die Stimme.

"Damit hatten wir nicht gerechnet. Aber diese Wendung finden wir unterhaltsam."

Das Licht beschleunigte und raste auf die Elfe zu. In dem Moment, wo das Licht die Elfe erreichte und in ihr verschwand, fing diese an, sich in Schmerzen zu winden.

Keiner bekam jedoch etwas mit. Die Schlacht unterhalb der Klippe hatte wieder begonnen, in dem Augenblick wo das Licht verschwunden war.

Wenige Sekunden vergangen, für die Elfe jedoch fühlte es sich an wie eine Ewigkeit. Erste Veränderungen wurden erkennbar. Ihre Haare wuchsen über Ihre Schultern heraus. Auf ihrem Kopf wurden Tierohren erkennbar. Fingernägel verwandelten sich in Krallen und ihr wuchs der Schweif eines Fuchses. Die Pupillen färbten sich Lila und fingen an zu leuchten.

Auf ihrem linken Arm schlängelte sich ein Tattoo entlang. Es ging von ihrem Handgelenk bis hin zu ihrer Schulter. 

Die Schmerzen stoppten und die Elfe stand auf. Von ihrer ursprünglichen Form war nicht mehr viel zu erkennen. Sie legte sich ihr Gewand wieder an und auch dieses veränderte sich auf magische Weise und passte sich an den neuen Körper der Elfe an.

Mit jeder Bewegung spürte die Elfe, wie viel mehr Kraft sie jetzt besaß. Sie wandte ihren Blick erneut in Richtung des Schlachtfeldes und trat an den äußersten Rand der Klippe.

Die Elfe breitete ihre Arme aus und begann leicht über dem Boden zu schweben. Ihr Schweif teilte sich auf und verwandelte sich in neun einzelne.

Viele der Soldaten schauten nach oben und sahen die Gestalt auf der Klippe. Hinter der Elfe kam der Mond zum Vorschein und tauchte das gesamte Schlachtfeld in ein düsteres Licht. 

Bevor irgendjemand reagieren oder etwas sagen konnte, tauchten um die Gestalt der Elfe magische Symbole und Kreise auf. Diese wuchsen immer mehr an und zwischen ihnen tauchte ein Speer aus rotem Licht auf. Um diesen Speer schlängelten sich lilafarbene Blitze, welche versuchten, sich zu befreien. 

Die Beschwörung beendet, nahm die Elfe ihren einen Arm nach unten und schwebte leicht über den Rand der Klippe hinaus. Sie flog nun direkt über dem Schlachtfeld. 

Die Spannung in der Luft war merklich spürbar und jeder der Soldaten und auch die Monster hielten erneut inne. Die Elfe wandte ihren Blick nach unten und jeder konnte die lila leuchtenden Augen erkennen. Sie strömten Wut und Einsamkeit aus.

Mit genau dieser Wut bewegte sie ihren noch erhobenen Arm nach vorne und schleuderte damit dem riesigen magischen Speer auf die Monster herab, die bis eben ihr Volk abgeschlachtet hatten. Gefolgt von ebenso durch Wut getränkten Worte.

"Dein Opfer wird nicht Umsonst gewesen sein. Wir Elfen werden leben. Das ist dein Erbe."

Dieser explodierte in der Meute mit so einer enormen Kraft, dass jegliches Monster im Umkreis zu Staub zerfiel. Jedoch blieben die Elfensoldaten ohne Schaden.

Luc wachte schweißgebadet auf. Er lag auf dem Holzboden seines neuen Zuhause. Neben ihm kamen auch die Zwillinge zu Bewusstsein. Alle drei tauschten Blicke aus und versuchten herauszufinden, ob die anderen dasselbe gehen hatten wie sie selbst.