[Jackson's Pov]
Jackson hatte in den letzten Tagen viel nachgedacht. Erynn war nicht die einzige, die eine Veränderung gespürt hatte. Es war, als hätte sich ein unsichtbares Band zwischen ihm und Amaya gebildet, das immer enger zog. Ihre Blicke trafen sich oft, und jedes Mal konnte er das ungeklärte Gefühl in sich nicht mehr ignorieren. Was war es? Zuneigung? Verwirrung? Eine Mischung aus beidem? Er wusste es nicht. Aber etwas in ihm wusste, dass er sich mit dieser Frage auseinandersetzen musste – und dass es nicht länger nur um Erynn und seine Verstrickungen in die Vergangenheit ging.
Erynn hatte sich von ihm entfernt, und das war ihm klar, auch wenn sie es nicht ausgesprochen hatte. Aber ihre Entscheidung war ein Wendepunkt. Sie hatte es in einem Moment der Klarheit getan, und Jackson hatte den Schmerz in ihren Augen gesehen, als sie es gesagt hatte. Er hatte sie angesehen, als sie das Gespräch beendete und den Raum verließ, und etwas in ihm hatte sich zusammengezogen. Doch zu diesem Zeitpunkt war er nicht sicher, was er fühlte.
Die Tage nach diesem Gespräch waren wie eine Art Vakuum. Jackson konnte sich nicht mehr von Erynn ablenken lassen, nicht mehr von der Art und Weise, wie sie ihn vor sich selbst geschützt hatte. Sie hatte ihm immer gesagt, was er hören wollte, was er brauchte, aber nicht, was sie wirklich dachte. Und jetzt, als sie sich zurückzog, war es, als ob die Luft um ihn herum klarer wurde. Was hatte er wirklich gewollt?
In den Nächten, in denen er allein war, konnte er kaum schlafen. Seine Gedanken kreisten unablässig um Amaya. Diese ständigen Blicke, die Momente der Nähe und der Unsicherheit. Hatte er in ihr mehr gesehen, als er wollte? Es war schwer, es zu definieren, aber es war da. Und es wuchs.
An diesem Nachmittag, als Jackson durch den großen Flur der Akademie ging, dachte er wieder an das Gespräch mit Erynn. Sie war stark gewesen. Er hatte nie erwartet, dass sie ihn so schnell durchschauen würde. Aber sie hatte es getan, und das war vielleicht das Beste für sie beide. Sie hatte sich entschieden, sich von ihm zu lösen – und er wusste, dass sie das Richtige tat. Doch was war nun mit ihm und Amaya?
Es war fast wie ein unsichtbares Band, das ihn zu ihr zog. Immer wieder begegneten sich ihre Blicke, und er konnte nicht leugnen, dass eine seltsame Spannung in der Luft lag. Aber warum fiel es ihm so schwer, diese Spannung zu akzeptieren? Was hielt ihn zurück?
Er ging in die Bibliothek, einen Ort, den er in den letzten Wochen mehrmals aufgesucht hatte, um in Ruhe nachzudenken. Die vielen Bücherregale, die bis an die Decke reichten, boten eine gewisse Ruhe. Der Duft des alten Papiers und der leise Klang der Schritte, die über den polierten Boden hallten, beruhigten ihn immer. Doch heute war es anders. Heute war er nicht der einzige, der dort war. Er fand Amaya, die mit einem Buch in der Hand an einem der Tische saß. Sie schien so in ihre Lektüre vertieft, dass sie ihn nicht bemerkt hatte.
Jackson zögerte kurz, dann trat er näher. Sie blickte auf, als sie das Geräusch seiner Schritte hörte, und ihre Augen trafen sich – ein Augenblick, der sich wie ein stiller Austausch von Gedanken anfühlte. Sie schien überrascht, ihn zu sehen, doch dann trat ein scheues Lächeln auf ihre Lippen, das für einen Moment alles andere in ihm zum Schweigen brachte.
„Jackson", sagte sie, ihre Stimme ruhig, aber mit einem Unterton, den er nicht ganz verstand. Sie schien nicht ganz sicher zu sein, was sie von ihm halten sollte – und warum sollte sie das auch sein? Schließlich war es nicht so, als hätten sie die besten Erfahrungen miteinander gemacht.
„Amaya", antwortete er, ohne genau zu wissen, was er sagen sollte. „Ich wollte dich nicht stören. Ich dachte, ich könnte einfach etwas lesen."
„Du störst nicht", sagte sie und schob das Buch ein Stück beiseite, sodass er sich setzen konnte. Ihre Augen waren auf ihn gerichtet, und er spürte die Spannung in der Luft – wie ein stiller, unausgesprochener Austausch.
„Erynn hat sich entschieden, von mir wegzugehen", begann er, ohne sich wirklich zu fragen, warum er es ihr erzählte. Es war eine der Fragen, die ihn in den letzten Tagen quälten – und es war offensichtlich, dass er nicht wirklich wusste, wie er sich fühlte.
Amayas Blick blieb ruhig, aber er konnte eine leise Erleichterung in ihren Augen erkennen. „Das tut mir leid", sagte sie nach einer kurzen Pause. „Ich wusste nicht, dass es so ernst war."
„Es war...", Jackson überlegte, wie er es ausdrücken sollte. „Es war nicht das, was ich dachte, dass es sein würde. Aber ich denke, jetzt ist es für uns beide besser so."
Amaya nickte, als ob sie seine Gedanken nachvollziehen konnte. „Es ist schwer, Menschen loszulassen, die man mochte, aber es ist oft notwendig. Manchmal ist es der einzige Weg, um voranzukommen."
„Ja", sagte Jackson leise und sah ihr in die Augen. „Aber was, wenn man sich nicht sicher ist, ob man wirklich loslassen will? Was, wenn man das Gefühl hat, dass einem etwas entgeht?"
Amayas Blick veränderte sich leicht. „Du solltest keine Entscheidungen aus Angst treffen", sagte sie, ihre Stimme ruhig und doch bestimmt. „Manchmal muss man sich seinen eigenen Gefühlen stellen, auch wenn es unbequem ist."
Jackson fühlte, wie seine Gedanken noch unklarer wurden. Es war, als hätte Amaya einen Punkt getroffen, der tief in ihm verborgen war – eine Angst, sich selbst zu verlieren, eine Angst, die nicht leicht zu benennen war.
„Ich weiß nicht, was ich fühlen soll", sagte er schließlich, die Worte fast wie ein Rätsel. „Es ist, als würde alles durcheinander geraten."
„Du musst dir nicht sofort eine Antwort geben", erwiderte sie. „Gefühle sind nicht immer schwarz oder weiß. Sie können wachsen und sich ändern, aber du musst ihnen auch Zeit geben."
Jackson nickte, aber tief in seinem Inneren wusste er, dass er nicht ewig Zeit hatte. Die Dinge zwischen ihm und Amaya – was auch immer sie war – hatten sich verändert. Und er musste herausfinden, was das alles für ihn bedeutete.
„Ich denke, ich habe noch viel nachzudenken", sagte er, als er sich langsam erhob. „Aber danke, dass du mir zuhörst."
„Kein Problem", sagte Amaya mit einem leichten Lächeln. „Manchmal hilft es, einfach zu reden."
Als Jackson sich abwandte und den Raum verließ, wusste er, dass er nicht mehr der gleiche war wie zuvor. Etwas in ihm war gewachsen, etwas, das er nicht ganz verstand. Aber es war da, und es würde ihn nicht loslassen. Etwas hatte sich verändert – und vielleicht war es an der Zeit, sich selbst und seinen Gefühlen zu stellen.
Es gab keine Antworten, keine klaren Entscheidungen. Doch eines war sicher: Die Reise war noch lange nicht zu Ende.