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Die Vase der Einheitlichkeit

Kapitel 66: Die Vase der Einheitlichkeit

Akio folgte Elaran durch die verwinkelten Gänge des Hauptquartiers. Die Wände waren karg, aus dunklem Stein, und wurden nur von vereinzelten Fackeln beleuchtet. Es war ein seltsamer Ort – eine Mischung aus altem Versteck und moderner Organisation. Schließlich betraten sie einen großen Raum, in dessen Mitte ein Podest stand.

Auf dem Podest thronte eine prächtige Vase, die sofort Akios Aufmerksamkeit fesselte. Ihre Oberfläche war kunstvoll bemalt, mit einer Mischung aus traditionellen Mustern und neueren Übermalungen, die sie eigenartig einheitlich wirken ließen.

„Das hier, Akio", begann Elaran, während er auf die Vase deutete, „ist eine der sogenannten Vasen der Einheitlichkeit."

„Was?" Akio runzelte die Stirn. „Die Vase sieht aus wie die, die wir in der Schule besprochen haben. Aber wir nannten sie die Vase der Verbundenheit."

Elaran nickte, ein bitteres Lächeln auf den Lippen. „Natürlich. So nennt man sie jetzt. Aber die Geschichte, die man dir erzählt hat, ist… sagen wir mal, unvollständig."

„Unvollständig?" Akio trat näher, die Augen auf die feinen Details der Vase gerichtet. „Wieso steht sie hier? Sollte sie nicht bei der Regierung sein?"

„Ein berechtigter Gedanke." Elaran lehnte sich gegen das Podest, seine Finger fuhren über eine der Gravuren. „Jede dieser Vasen steht an einem Ort, der einst Teil der Gründung der Regierung war. Doch was die Schule dir nicht sagt: Die ursprüngliche Regierung entstand aus einer Gruppe von Rebellen. Genau wie dieser Ort hier."

Akio wich einen Schritt zurück. „Das kann nicht sein. Ihr seid doch Rebellen, oder? Ihr kämpft gegen die Regierung!"

„Das tun wir", entgegnete Elaran ruhig. „Aber vor langer Zeit waren wir alle auf derselben Seite. Dies war einer der ursprünglichen Gründungsorte der Regierung."

Akio starrte Elaran fassungslos an. „Das klingt absurd. Du willst mir weismachen, dass die Regierung aus Rebellen entstanden ist?"

Elaran zuckte mit den Schultern. „Es ist die Wahrheit. Damals war die Idee noch rein. Es ging um Gerechtigkeit, Freiheit und eine bessere Zukunft. Aber Macht korrumpiert, Akio. Die ursprünglichen Werte wurden verraten, und die heutige Regierung ist nichts anderes als ein Schatten dessen, was sie einst sein sollte."

„Wie kann ich dir das glauben?" Akio verschränkte die Arme. „Das klingt alles wie eine dieser Geschichten, die Erwachsene erfinden, um Kinder zu beeindrucken."

Elaran lachte leise, ohne jede Spur von Belustigung. „Ich verstehe deinen Zweifel. Aber ich lüge nicht. Und ich kann es dir beweisen."

Akio blickte ihn misstrauisch an. „Wie willst du das beweisen? Du kannst doch nicht einfach die Vergangenheit ändern."

Elaran trat einen Schritt zurück und legte eine Hand auf die Vase. „Nein, das kann ich nicht. Aber diese Vase hier – sie trägt nicht nur die Geschichte der Regierung, sondern auch die Erinnerungen derer, die mit ihr verbunden sind. Ich kann dir einen Teil meiner Vergangenheit zeigen. Dann wirst du verstehen."

Akio machte einen skeptischen Schritt nach vorn. „Du willst mir deine Vergangenheit zeigen? Durch die Vase?"

Elaran nickte. „Die Vase der Einheitlichkeit ist mehr als ein Symbol. Sie ist ein Relikt, das mit dem Mana der Gründung erfüllt wurde. Sie kann uns einen Einblick in die Wahrheit geben – wenn du bereit bist, sie zu sehen."

Akio schwieg. Die Atmosphäre im Raum schien sich zu verdichten, als würde die Vase selbst auf die Worte reagieren. Nach einer langen Pause nickte er zögerlich. „Zeig es mir."

Elaran legte beide Hände auf die Vase, und ein leises Summen erfüllte den Raum. „Pass gut auf, Akio. Was du siehst, ist kein Märchen. Es ist meine Wahrheit."

 

2.

Das Büro von Firenze war in dunkles Licht getaucht. Die Fensterläden waren halb geschlossen, nur wenige Sonnenstrahlen fielen auf den überladenen Schreibtisch, der mit Papieren und Berichten bedeckt war. Die Luft roch nach Kaffee, der schon seit Stunden auf einer Wärmeplatte stand.

„Haben wir die Ergebnisse?" fragte Firenze, während er ein zerknittertes Blatt Papier vor sich glattstrich.

Sein Kollege nickte, während er einen Aktenordner öffnete. „Ja, aber sie sind… eigenartig. Das Blut aus den Tatorten ist nicht identisch, aber es wurde eindeutig manipuliert."

„Manipuliert?" Firenze lehnte sich zurück und zog die Stirn kraus. „Wie genau?"

„Es scheint, als hätten die Täter das Blut der Opfer mit älterem Blut gemischt – möglicherweise von früheren Opfern. Es gibt Anzeichen dafür, dass das Blut absichtlich so verändert wurde, dass es nicht mehr identifizierbar ist."

Firenze rieb sich die Schläfen. „Das ergibt keinen Sinn. Was bringt ihnen das?"

„Vielleicht ein Ritual? Oder ein Versuch, die Ermittlungen zu behindern?" Der Kollege klang unsicher.

Firenze seufzte. „Es könnte auch bedeuten, dass wir es nicht mit Menschen zu tun haben. Welche Rassen hatten menschenähnliches Blut?"

„Die Elfen", antwortete sein Kollege zögernd.

Ein bitteres Lächeln umspielte Firenzes Lippen. „Wenn sie noch existieren würden… Aber es wäre nicht das erste Mal, dass eine Legende zur Wahrheit wird."

 

Der Raum füllte sich mit einer schweren Stille, während beide Männer über die neuen Erkenntnisse nachdachten. Draußen begann die Abenddämmerung, und die Schatten krochen langsam durch das Büro.