"Xie Shihao litt ebenfalls unter Schlaflosigkeit, die durch die Sirene gelindert wurde. Jede Nacht schlief er beim Gesang der Sirene ein.
Doch als Xie Shihao sich gerade wohlig entspannte, hörte die Sirene plötzlich auf zu singen und die Ankündigung erschien, dass der Gastgeber die Leitung verlassen hatte.
Verwirrt blickte Xie Shihao auf, als ein Diener hastig den Raum betrat und ihm mitteilte: 'Jungmeister Shihao, stehen Sie schnell auf. Der Neunte Meister ist zurück!'
Bei diesen Worten legte Xie Shihao sein Telefon weg und erhob sich schnell, um seinen Onkel zu empfangen.
Plötzlich öffnete sich der Fahrstuhl und Feng Qing stürzte keuchend heraus. Voller Freude lief sie auf Xie Jiuhan zu und fiel ihm direkt in die Arme.
Xie Jiuhan trug noch immer den dunkelblauen Anzug, den er schon in der Schule angehabt hatte. Er streckte seine Hand aus und hob Feng Qing hoch.
Feng Qing schmiegte sich in Xie Jiuhans Umarmung und fühlte seine Körpertemperatur und seinen Herzschlag. Sie hob ihre Hand und strich entlang seines Halses über das Gesicht des Mannes. Jeden Tag berührte Feng Qing die Stirn von Xie Jiuhan, als ob sie ihn mit ihren Augen betrachten könnte.
Xie Shihao, der danebenstand, verspürte ein Zucken im Mundwinkel. Er hatte genug von ihrer Zärtlichkeit und davon, behandelt zu werden, als sei er Luft.
Da Xie Jiuhan anwesend war, konnte Xie Shihao nur in Gedanken gegen Feng Qing wettern: 'Du Füchsin! Mit deiner Jugend hast du den kleinen Onkel verführt! Wegen dir, du Füchsin, hat der kleine Onkel nicht mal eine weibliche Mücke an seiner Seite!'
Feng Qing strich Xie Jiuhans Augenbrauen entlang und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Sie fühlte sich, als wäre sie in warmer Sonne gebadet und war überglücklich.
'Jiuhan, Xie Shihao muss mich wohl gerade eine Füchsin nennen!' beschwerte sich Feng Qing, während sie an seiner Schulter lehnte.
Xie Shihao war augenblicklich erbost. Alle sagten, dass die Ohren eines Blinden scharf sind, aber sicherlich nicht so scharf, um seine Gedanken hören zu können, oder?
Obwohl Feng Qing weder Xie Shihaos Gedanken hören noch seinen Gesichtsausdruck sehen konnte, war sie doch klug genug dies zu erraten. Denn Xie Shihao mochte ihren innigen Kontakt mit Xie Jiuhan nicht.
Als Xie Jiuhan die Worte von Feng Qing hörte, warf er Xie Shihao einen noch unfreundlicheren Blick zu. Xie Shihaos Beine wurden schwach. Er hatte wirklich zu viel Angst vor seinem kleinen Onkel.
Xie Jiuhan kümmerte sich nicht weiter um ihn. Er trug Feng Qing in den Speisesaal und setzte sie auf seinen Schoß. Er senkte den Kopf, um Feng Qings Verletzung zu begutachten.
'Als ich die Schule verließ, bat ich den Schularzt, sie erneut zu untersuchen. Er sagte, es sei in Ordnung und würde in ein paar Tagen verheilt sein!'"Xie Jiuhan hörte den Worten von Feng Qing zu und runzelte besorgt die Stirn, als er ihren Beinverletzung ansah. Sein Herz schmerzte ungemein, doch nach außen hin gab er sich ungerührt.
"Nachmittags ließ ich Xie Qi nach dem Rechten sehen. Hinter dem großen Paravent gibt es einen toten Winkel der Schulaufsichtskameras, aber genau dort betrat zu jener Zeit eine Frau mit Hut den Raum," erklärte Xie Jihan bedeutungsschwer. Es bestand kein Zweifel, dass der heutige Vorfall mit den Bühnenlichtern etwas mit dieser Frau zu tun hatte.
"Um wen handelt es sich?" wollte Feng Qing wissen.
"Feng Jianing." Xie Jiuhan wusste, welche Gefühle dieser Name in Feng Qing auslöste.
Feng Qing zeigte sich unbeeindruckt von der Nennung dieses Namens.
"Wie kann das sein? Steckt Feng Jianing wirklich hinter dieser Sache, oder liegt vielleicht ein Missverständnis vor? Diese Frau ist doch nicht dumm. Ist ihr nicht klar, dass wir überall Überwachungskameras haben?" unterbrach Xie Shihao sie.
Offenbar war ihm bewusst, dass er ohne sein Erscheinen kein Abendessen bekommen würde. Aber die Menüs wurden ja ohnehin gemäß Feng Qings Vorlieben von Xie Jiuhan zubereitet. Missmutig schmollte Xie Shihao.
Xie Jiuhan ignorierte Xie Shihao vollkommen. Seine Intelligenz bereitete ihm wirklich Kopfzerbrechen. Er wandte sich direkt an Feng Qing: "Was hast du vor mit der Familie Feng? Du hast sie schon drei Jahre schalten und walten lassen, wie sie wollten."
Doch Feng Qing entgegnete nicht direkt auf seine Frage. Sie hob lediglich den Kopf, atmete tief durch und sagte: "Jiu Han, ich hätte gerne süß-sauren Fisch!"
Sofort nahm Xie Jiuhan die Stäbchen zur Hand, entfernte vorsichtig die Gräten aus dem Fisch und reichte ihn Feng Qing.
Xie Shihao beobachtete, wie sein Onkel gezielt Gräten für eine Frau entfernte, was Wut in ihm aufsteigen ließ.
Feng Qing, die auf Xie Jihans Schoß saß, nahm deutlich Xie Shihaos beschleunigten Herzschlag und das schwere Atmen wahr. Sie wusste, dass er wieder aufgebracht war, genoss aber die Tatsache, dass ihn seine Wut lähmte und er ihr nichts anhaben konnte.
"Jiu Han, ich hätte auch gerne noch etwas von der geraspelten Süßkartoffel..."
Xie Jiuhan wollte Feng Qing gerade erneut füttern, als ihm etwas in den Sinn kam und er innehielt. "Iss ruhig weiter. Aber erklär mir doch bitte, was da zwischen dir und diesem Gör aus der Familie Gu vorgeht."
Xie Shihao warf Feng Qing einen ängstlichen Blick zu. Er hoffte inbrünstig, dass sie seine Gedanken hören und die Wahrheit sagen konnte. Feng Qing! Meine verehrte Dame, bitte sprechen Sie die Wahrheit. Sie haben nichts mit Gu Qingye am Hut. Wenn dem so ist, bräuchte der kleine Onkel nur mit dem Finger zu schnippen und das Gör hätte ausgespielt.
Feng Qing nahm einen Bissen von der leckeren Süßkartoffel, welcher von Xie Jiuhan ausgesucht worden war. Das war ihr Lieblingsgericht und sie erinnerte sich daran, wie glücklich sie als Kind war, wenn sie solch einfache Köstlichkeiten genießen durfte.