Kiyomi sah, wie die 4 Chaoten sprachlos im Raum herumstanden, doch sie verstand es nicht. Was ist zwischen ihnen vorgefallen, dass sie jetzt kein Wort miteinander reden? Haben sie sich etwa nichts mehr zu sagen? Das konnte es nicht sein…oder etwa doch?
K: „Hey, was ist denn los mit euch? Habt ihr euch schon begrüßt?"
Die Kinder bleiben still und sehen sich nicht einmal mehr an. Alle starren in den Raum und es kommt kein einziges Wort von ihnen heraus.
K: „Was ist loooos? Habt ihr eure Zungen verschluckt?"
Ak: „Nein."
K: „Oh, du kannst ja doch noch reden…"
Ak: „…"
L: „Wir haben einfach nichts zu erzählen."
Auron nickt der Aussage von Lirien zu, ohne sie dabei anzusehen. Kiyomi merkt, wie die peinliche Stille der Gruppe nun langsam den ganzen Raum füllt.
K: „Das kann es ja wohl nicht sein. Ihr seid normalerweise immer die lautesten und unaufhaltbarsten auf diesem Fest. Was ist nur zwischen euch los?"
S: „Wir…"
K: „Ja Sophie…Was ist mit euch. Sprich ruhig weiter."
Doch Sophie schweigt und dreht sich um, so dass sie Kiyomi nun nicht mehr in die Augen gucken muss.
K: „Ach kommt schon…So schlimm kann das gar nicht sein. Redet doch einfach. Ich bitte euch. Sagt irgendwas. Oder einfacher. Spricht doch einfach mit mir oder jemand anderem hier. Ihr müsst ja nicht immer nur in dieser Gruppe bleiben."
Die vier gucken plötzlich gleichzeitig zu Kiyomi, jedoch wieder, ohne ein Wort zu sagen. Kiyomi merkte nun, was wirklich los war.
K: „Das war wohl ein Treffer. Es ist etwas zwischen euch oder in eurer Gruppe passiert…Ich verstehe…Hmmm…Wie kann ich denn jetzt das Eis brechen?"
Kiyomi dachte nun in einer äußerst theatralischen Pose mit einer Hand an ihrem Kinn nach. Sie setzte sich mit überkreuzten Beinen auf einen Hocker und starrte die Decke an.
K: „Schwieriger Fall…Aber ich habe eine Idee. Wir haben ja das Fest der Liebe und Freude. Und wir sollten uns heute auch alle freuen. Wie wärs wenn ihr für heute erstmal kurz nach draußen geht und das Schneeritual macht? Lasst alle eure Sorgen und Problemchen erstmal nur für heute einfach weg. Vergesst sie einfach. Reinigt eure Aura und befreit euch von allem negativen. Das ist wofür wir dieses Ritual machen."
S: „Es ist nur…Ich bin ja nicht einmal wütend. Also nicht mehr…"
L: „Es gibt kein größeres Problem…"
Ak: „Bitte, was soll dieses Ritual überhaupt bringen?"
Au: „Hmmm…"
K: „…Das waren die wohl langweiligsten Antworten, die ich mir nicht einmal selbst überlegen könnte. Das war erbärmlich. Noch einmal bitte. Und diesmal etwas authentischer."
S: „Ok, machen wir das mit dem Schnee…"
K: „Guter Anfang Sophie."
L: „Ja, gehen wir das mit dem Schnee machen…"
Ak: „Ach, was solls?"
Auron stand vom Sofa auf, und ging, ohne ein Wort zu sagen, als erster an die Tür. Er blickte zurück, um zu überprüfen, ob die anderen ihm auch folgen würden.
Akio sah zu Auron und entschied sich dazu zu ihm zu gehen. Sophie sah wie Akio entschlossen zu Auron ging und dann mit einem einfachen Händedruck sich neben Auron stellte. Akio und Auron sahen nun zu Sophie und Lirien, die noch immer auf dem Sofa saßen.
Sophie sprang vom Sofa auf, schniefte sich die Nase und ging in großen Schritten zu den beiden Jungs an die Tür. Nun stand sie da neben Akio und sah ihm für 3 Sekunden in die Augen, bis sie sich dazu entschied sich doch lieber neben Auron zu stellen.
Lirien saß als letzte noch auf dem Sofa. Vor ihr, auf dem Hocker sitzend war nur noch Kiyomi die Lirien mit ihren Blicken ermutigen wollte die Schritte bis zu Tür zu machen. Doch Lirien rührte sich nicht. Und Kiyomi sprach auf:
K: „Alle stehen jetzt dort vor der Tür, weil sie bereit sind das, was auch immer gerade zwischen euch los ist, für den heutigen Tag beiseitezulassen. Mach doch auch diesen einen kleinen Schritt. Es wird dir besser danach gehen. Das verspreche ich dir."
L: „Wissen sie…Es ist wirklich schwierig für mich das zu erklären…"
K: „Steh jetzt auf Lirien."
Lirien packte sich an die Oberschenkel und stand auf. Ohne weiter nachzudenken, ging sie zur Tür, wo die anderen bereits standen. Auron hatte bereits den Türgriff gepackt.
K: „Jetzt geht ihr raus und wenn ihr in 1 Min wieder hier drin seid, werden wir dieses Fest so feiern, wie auch alle Jahre zuvor. Glücklich und gemeinsam. OK?"
L: „Sicher…"
Auron drückte den Türgriff nach unten und hielt den anderen die Tür offen, bis alle draußen waren. Kiyomi stand auf und ging zur Tür, um sie hinter der Kindern zu schließen. Doch sie hatte noch etwas zu sagen:
K: „Kommt wieder rein, wenn das geklärt ist."
Mit diesen Worten ließ Kiyomi die Tür zufallen. Die Kinder waren nun draußen und in der Kälte nicht ausreichend gut davor geschützt. Und das nun wohl für eine ungewiss lange Zeit.
L: „Das wird wohl nichts mit einer Minute."
Au: „Machen wir das doch einfach und gehen wieder rein."
Ak: „Ich glaube nicht, dass es so einfach wird."
S: „Einfach…Hmmm…"
L: „Ja Auron hat wohl recht. Es ist verdammt kalt hier. Wir sollten uns beeilen."
Au: „Ich habe nicht gesagt, dass es kalt ist."
Ak: „Darum geht es doch auch nicht. Machen wir diese Scheiße mit dem Schnee und fertig."
S: „Das ist doch keine Scheiße! Das ist Tradition, ein Ritual. Es bedeutet unglaublich viel für uns. Wir waschen unsere Aura und machen uns wieder rein, so rein wie frischer Schnee."
Au: „Ja, und wenn der Schnee taut, dann sind wir plötzlich danach voll mit Dreck, Gras und Steinen."
Ak: „Darum geht es doch auch nicht Auron."
Au: „Worum geht es dann?"
Ak: „Das machen wir doch jedes Jahr so. Es ist einfach nur eine Pflicht, das machen zu müssen. Es ist irgendwas Symbolisches, was jedes Jahr dümmer erscheint."
L: „Nein, Symboliken dienen als Erinnerungen für vergangen Zeiten und Gebräuche. Wir ehren damit nicht nur unsere Vorfahren, sondern erinnern uns auch daran, dass es immer wieder einen neuen Anfang gibt. Durch den Schneefall über uns stellen wir dar, dass die Reinheit in uns ein Teil unserer Entscheidung ist."
Sophie springt direkt auf die Worte von Lirien an. Sie bückt sich, nimmt mit beiden Händen etwas Schnee auf und wirft es direkt über ihren Kopf. 3 Mal.
L: „Was war das? Wieso 3-mal?"
S: „Ahhh…Wie erholt und rein ich doch nun bin. Das solltet ihr auch versuchen."
L: „Wieso 3-Mal?"
S: „1-Mal für die Ehrung. 1-Mal für den neuen Anfang. 1-Mal für die Reinheit."
L: „Das macht tatsächlich irgendwo Sinn."
Lirien bückt sich nun, schnappt sich etwas vom Schnee und wirft es, ebenso wie Sophie, 3-Mal über ihren eigenen Kopf.
L: „Woah…Du hast recht Sophie. Ich fühle mich wie ausgewechselt."
Au: „Das ist doch wohl ein Scherz? Ich glaube ihr seid auch ausgewechselt worden."
L: „Probier' es doch selbst mal aus."
Au: „Und was ist, wenn da Steine drin' sind?"
L: „Mach es einfach. Ein kleiner Kieselstein, kann dir doch nicht die Rübe einschlagen."
Au: „Wenn ich einen Stein darin finde, ist das deine Schuld."
L: „Sicher…So funktioniert das…"
Auron ging etwas in die Knie und durchwühlte den Schnee ein wenig. Er fing an im Schnee zu graben, um sicherzugehen, dass dort keine Steine drin waren. Er nahm den Schnee auf und warf ihn einfach nur die Luft. Allerdings nur 2-Mal.
Au: „Das war für die Ehrung und den Neuanfang. Wovon auch immer."
L: „Gut, wir werden nicht darüber streiten. Wir haben uns ja von Anfang an nicht auf 3-Mal geeinigt."
S: „Jetzt fehlts nur noch du Akio."
Ak: „…."
Doch es schien so, als würde Akio das nicht machen wollen.
Au: „Was stimmt denn nicht?"
L: „Das frage ich mich auch."
Ak: „Das ist doch alles falsch…Dieses ganze Ritual bringt doch nichts und es macht aus mir keinen besseren Menschen oder sonst irgendwas. Es ist unnötig, schmutzig und sieht lächerlich aus. Das ist doch nichts als Heuchlerei. Als würde so etwas eine Situation und ein Problem lösen."
L: „Es ist der Wille, der dahintersteht. Wenn du den anderen verzeihen willst und endlich aufhören willst, wie ein grimmiger verlassener Geist zu reden, dann mach es einfach. Es ist egal was du dabei denkst, es ist dabei wichtiger, dass du es aus dem guten Willen tust."
Ak: „Ich will halt einfach nicht, dass wir alle so tun, als ob nichts zwischen uns allen vorgefallen ist."
S: „Also willst du lieber darüber reden?"
Ak: „Ich bin mir nicht so sicher…"
Au: „Komm' Akio. Mach einfach das mit dem Schnee und wir gehen wieder rein. Es ist verdammt kalt."
L: „Ha, du hast es doch gesagt."
Au: „Was? Ja, jetzt habe ich es das erste Mal gesagt!"
S: „Kannst du es nicht einfach für den guten Willen tun?"
Ak: „Es ist für den guten Willen es nicht zu tun. Wieso sollte ich lügen, dass dieses Ritual irgendwas mit mir verändert? Das Einzige was sich ändert ist dann, dass ich Schnee auf meiner Kleidung habe und an den Händen friere."
L: „So ein Schwachkopf ohne Verständnis für Tradition und den guten Willen."
Ak: „Schwachkopf? Ich? Wieso? Ihr folgt den Traditionen doch auch nur, weil ihr es müsst. Traditionen verpflichten uns dazu! Und wir denken nicht weiter darüber nach, sondern machen nur, wie es uns gesagt wird!"
L: „Ich habe dir und allen hier heute mehrfach erzählt, was diese Tradition bedeutet und für wen sie wichtig ist. Ich habe auch mehrfach erwähnt, dass wir ganz genau wissen, wieso wir es tun."
Au: „Mach einfach Akio. Du kannst nicht gegen Lirien gewinnen in diesem Wortkampf."
S: „Bitte Akio. Es muss ja nichts bedeuten, sondern einfach nur gemacht werden. Nimm dir das was du am meisten wünscht mit dem Schnee in deine Hände und wirf alles über dich, bis du Schneeweiß bedeckt bist."
Ak: „Ich habe das vorhin schon gemacht."
L: „Vorher war dann, jetzt ist wann anders."
Au: „…Akio…!"
S: „Bitte Akio."
Ak: „Na gut…"
Akio schnappt sich etwas Schnee, um dann mit Überzeugung den Schnee in die Luft zu werfen und den anderen zu zeigen, dass sich nichts deswegen ändern wird.
Der Schnee fällt langsam wieder hinab zur Erde. Für Akio fühlte sich dieser Moment an wie eine Ewigkeit, die nicht verging. Er konnte sehen, wie jede einzelne Schneeflocke in seinem Sichtfeld an ihm vorbei zu Boden fiel.
Lirien entkam ein stummes lächeln und Auron wirkte beruhigt, nachdem Akio nun den Schnee über sich fallen gelassen hatte. Sophie blickte Akio direkt an und ihre Augen treffen sich. Sophie schenkt Akio ein großes Lächeln.
Noch während der Schnee weiter in Zeitlupe zu Boden fällt, blickt Akio Sophie in die Augen.
Ak: „Ich liebe dich Sophie…"
Sophie war kurz schockiert und blickt für nur 2Sek zur Seite, bevor sie Akio wieder in die Augen sieht.
S: „Ich liebe dich auch Akio."
L: „Unglaublich! Sie haben es beide gesagt. Sie haben es endlich gestanden!!"
Sophie dreht sich in einer einfachen Bewegung zu Lirien und blickt ihr ebenfalls in die Augen.
S: „Ich liebe dich auch Sophie. Und ich liebe dich auch Auron."
L/Au: „Was?"
Sophie holt tief Luft.
S: „Es ist das Fest der Liebe, der Freude und des Friedens. Ich wünsche mir nichts mehr als mit meinen besten Freunden auf der Welt gemeinsam dieses Fest zu feiern. Dieses Fest ist alles was wir brauchen, um diese Freundschaft und diese Gemeinschaft aufrecht zu erhalten. Außerdem habe ich gerade in einem kurzen Moment der Realisation verstanden, naja eher bemerkt, dass die Leute, die sich nahestehen, sich viel zu wenig sagen, dass sie sich lieben. Wir sind wie diese Leute und wir sagen es zu selten oder haben es sogar noch nie gesagt. Es wäre schön, wenn jetzt alle von uns den anderen sagen, dass sie ihn oder sie lieben."
L: „Ah na klar. Natürlich. Ich liebe euch auch alle. Ihr seid zwar manchmal etwas schwierig, aber ich denke, dass ihr manchmal auch so eine Meinung über mich habt. Es ist in Ordnung, wir müssen alle noch viel lernen. Über uns und auch über die anderen. Ich habe euch alle lieb."
Au: „Ja, ich auch."
S: „Sprich es doch bitte aus."
Au: „Hab euch lieb…"
Auron dreht sich um, damit niemand sein Rot angelaufenes Gesicht sehen konnte.
Ak: „Ich habe euch alle so sehr lieb. Ich bin so froh, dass ich euch allen damals begegnet bin. Vor allem du Sophie. Ich kann nicht anders als dich zu lieben."
S: „…Danke Akio. Und danke euch allen."
Kiyomi sah durch das Fenster wie sich die vier in einen Kreis stellten und sich gegenseitig umarmten. Sie sah auch wie alle am Lächeln waren und sich scheinbar wieder vertragen hatten. Sie ging zur Tür und ließ die Vier wieder hinein. Das Fest konnte nun beginnen.
Ak: „Was meint sie mit Danke? Wieso in aller Welt kann ich nicht die Klappe halten? Ich habe doch nicht einmal daran gedacht Sophie meine Liebe zu gestehen. Was ist hier los?"