Ein Skandal und ein Knall[1]

Der Aktendeckel schlug mit einem dumpfen Geräusch auf, als sie ihn auf den Tisch fallen ließ.

"Wir beginnen mit dem Waisenhaus. Ich habe zusammen mit einem Freund ermittelt und es stellt sich heraus, dass die Korruption in diesem Fall wirklich tief reicht", erklärte Chi Lian sichtlich enttäuscht.

"Es ist nicht nur der Bürgermeister von Stadt B verstrickt, sondern auch der Staatssekretär und die Wuliang Immobiliengesellschaft."

"Wuliang _, ist das nicht eines der Tochterunternehmen der Wu Familie?" fragte Chi Wei. "Die Beteiligten in diesem Korruptionsskandal sind sehr mächtig. Sie werden alles daran setzen, zu verhindern, dass die Geschichte an die Öffentlichkeit gelangt."

"Schwester, hast du das wirklich gut durchdacht?"

"Ja, ich habe alle notwendigen Informationen über die Beteiligten gesammelt. Ich denke, der beste Weg, um unseren Namen bekannt zu machen, ist, mit einem Paukenschlag zu starten."

Sie wussten alle, dass ein Skandal dieser Größenordnung das ganze Reich in Aufruhr versetzen würde. Die Folgen wären enorm. Köpfe würden rollen und wenn Polizei und Staatsanwaltschaft ihre Arbeit richtig machten, kämen die korrupten Personen ins Gefängnis.

Während es spannend war, einen solchen fall zu übernehmen, war die Realität nervenaufreibend.

"Wir können das nicht alleine machen. Wir brauchen die Unterstützung eines Gesetzeshüters, dem wir vertrauen können. Einen, der sich nicht vor mächtigen Leuten fürchtet", wusste Chi Rui.

"Ich habe schon jemanden im Sinn." Chi Lian sah ihren älteren Bruder an.

"En_, wieso siehst du mich so an?"

"Du hast einen Freund, der ziemlich weit oben bei der Polizei ist, Kommissar Wang Bolin."

Chi Wei dachte an seinen Freund Bolin. Ein genialer Detektiv, der aufgrund seines Könnens, seines Mutes und natürlich des Familiennamens schnell in der Polizei aufgestiegen war. Die Wangs waren schon seit Generationen im Polizeidienst tätig. Mit ihm als Unterstützer könnten sie die Verbrecher überführen und mit einem Exklusivbericht unbeschadet davonkommen.

"Ich habe ihn seit einigen Monaten nicht mehr gesprochen. Um ehrlich zu sein, habe ich nach der Tragödie, die unserer Familie widerfahren ist, den Kontakt zu den meisten meiner alten Freunde abgebrochen. Aber ich kann ihn jetzt anrufen." Er wählte sofort die Nummer des Kommissars.

Chi Wei war sich nicht sicher, ob sein alter Freund abheben würde.

"Chi Wei, du Schuft!", antwortete der Kommissar, als er sich meldete.

"En_, Bruder Bolin, es tut mir leid, dass ich mich in letzter Zeit nicht bei dir gemeldet habe. Ich war mit den Angelegenheiten meiner Familie beschäftigt."

"Ich habe dich oft angerufen und dir meine Hilfe angeboten, aber du hast abgelehnt. Warum rufst du mich also jetzt an?"

"Bruder, du weißt, ich kann manchmal ein stolzer Idiot sein. Aber ich verspreche es dir wiedergutzumachen."

Der Kommissar brummte. Schließlich hegen Männer nicht so lange einen Groll.

"Du schuldest mir ein Bier", sagte er.

Chi Wei seufzte erleichtert: "Mach daraus zwei, mein Bruder."

"Also rufst du nur an, um zu plaudern, oder brauchst du meine Hilfe?"

"Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen, mein Bruder. Ich brauche deine Hilfe. Aber ich glaube, ich sollte dich persönlich aufsuchen. Ist es in Ordnung, wenn ich in deinem Büro vorbeikomme?"

"Wenn du in dreißig Minuten hier sein kannst, gehöre ich dir bis zur Mittagspause."

Chi Wei legte auf und nahm den von seiner Schwester zusammengestellten Aktendeckel. Die drei Geschwister machten sich auf den Weg, um den Kommissar zu treffen, ihm ihre Entdeckung und die nächsten Schritte zu erläutern.

_ _ _Im Polizeirevier war T4 fieberhaft am Hacken und lud alle Polizeiakten herunter, zu denen er Zugang hatte. Chi Lian hatte erwähnt, dass Prominente und Reiche oft ihre Skandale durch die Polizei vertuschen ließen. T4 war entschlossen, solche Skandale aufzudecken, denn je populärer sein Gastgeber wurde, desto besser für ihn.

„Übrigens T4, wie läuft unser aktueller Beitrag?"

„Wie der Blitz – wir haben bisher über hunderttausend Yuan verdient. Und dein Account hat jetzt eine Million Follower. Man kann sagen, wir sind auf einem guten Weg."

Der Beitrag, nach dem Chi Lian fragte, war ein Foto von Jun Muyangs nacktem Rücken nach dem Training. Es war gemacht worden, nachdem er ihre Einladung zum Abendessen ausgeschlagen hatte.

Der Beitrag lautete so:

Der mächtige kleine Spion: [Jetzt weiß ich, warum die Damen Professor Jun Muyang so lieben – der Mann wurde geschaffen, um Sünde unter den Frauen zu verbreiten.]

Unter der Überschrift war ein Foto seiner Rückansicht und ein weiteres Foto mit einem Teil seiner Brust zu sehen.

Chi Lian war nicht dumm. Sie hatte die Quelle schon gefunden, also würde sie die Milch nicht umsonst herausgeben. Wenn die Damen ein komplettes Frontalfoto seiner Bauchmuskeln haben wollten, müssten sie zahlen.

Die Kommentare unter dem Beitrag waren verrückt. Die meisten waren eindeutig von Frauen.

Jun Muyangs Ehefrau: [Mein Mann, Kuss Kuss]

Jun Muyangs offizielle Frau: [Über diese Person, du meinst meinen Mann]

Jun Muyangs einzige Frau: [Ehemann war letzte Nacht in meinem Bett]

Feuer-Baby: [Wie viele Frauen hat dieser Mann?]

Für immer in Liebe mit Prof. Jun: [Ich fordere das ganze Bild kostenlos. Ihr habt kein Recht, es uns vorzuenthalten.]

Prinz Longs Mädchen: [Ich bin versucht, meine Loyalität zu Prinz Long aufzugeben.]

Hass auf den Spanner: [Du bist ein Stalker. Wie kommst du an Fotos, die sonst niemand hat?]

Der Beitrag hatte über zehntausend Kommentare. Durch Jun Muyang verdiente Chi Lian sich sicherlich eine goldene Nase.

„Warum wollten Sie mich sehen?", holte die Frage des Kommissars sie zurück in die Gegenwart. Sie hatten mindestens zehn Minuten in seinem Büro gewartet, bevor er erschien.

„Ich denke, meine Schwester sollte es erklären", sagte Chi Wei und stellte Chi Lian Wang Bolin vor.

„Chi Wei, warum hast du mir nicht gesagt, dass deine Schwester so schön ist?" Er bedachte sie mit einem prüfenden Blick.

„Bruder", hustete er, „meine Schwester ist tabu."

„Wir sollten uns besser um die Sache kümmern, die uns hierhergeführt hat", meinte Chi Wei angespannt und verärgert.

Die beiden Brüder kannten die Wang-Familie und ihre Traditionen. Sie heirateten nur in aristokratische Familien mit militärischem Hintergrund. Ihre Schwester gehörte zu keiner dieser Gruppen. Und wichtiger noch, sie war nun Mutter. Unter keinen Umständen würde es diese Familie zulassen, dass einer ihrer goldenen Söhne eine alleinerziehende Mutter heiratet.

„Wir benötigen Ihre Hilfe, um einige korrupte Regierungsbeamte zu Fall zu bringen, die Waisenhäuser und Sozialheime bestehlen."

„Oh." Bolin hob eine Augenbraue. Das war nicht das, was er erwartet hatte. Er dachte, sie wären da, um seine Hilfe zu erbitten, um den Mann zu finden, der ihr Vermögen gestohlen hatte. Doch er hatte sich geirrt, war aber dennoch interessiert – jeder Fall war schließlich eine Sprosse auf der Karriereleiter. „Erzählen Sie mir mehr."