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#22 Der beschwerliche Weg nach Zyrrhalis

Die Reise nach Zyrrhalis führte durch ein unbarmherziges Terrain. Schon bei ihrer Abreise hatte Kael'thar Danny gewarnt, dass die Berge des Nordens nicht nur für ihre unerbittliche Kälte bekannt waren, sondern auch für die Gefahren, die in ihren Schatten lauerten. Doch keine Warnung konnte Danny auf das vorbereiten, was ihn erwartete.

Die ersten Herausforderungen

Als sie die fruchtbaren Ebenen von Calthyrion hinter sich ließen, änderte sich die Landschaft schnell. Die sanften Hügel wurden von kargen Felsen und schneebedeckten Klippen abgelöst. Der Wind, der zuerst nur kühl war, biss nun eisig in Dannys Gesicht, selbst durch die wärmenden Schichten, die er über seinen Körper geworfen hatte.

„Wir nähern uns der Grenze," sagte Kael'thar und ließ seinen Blick über die schroffe Landschaft schweifen. „Die Luft hier trägt die Energie des Nordens. Du wirst dich daran gewöhnen müssen."

Doch Danny war sich nicht sicher, ob er sich jemals an diese Art von Kälte gewöhnen konnte. Jeder Schritt durch den tiefen Schnee war ein Kampf. Der Boden war unberechenbar – manchmal fest, manchmal brüchig – und er brauchte all seine Konzentration, um nicht auszurutschen.

Die gefrorene Schlucht

Nach Tagen des Marschierens erreichten sie dieGefrorene Schlucht, eine tiefe, mit Eis überzogene Kluft, die den schnellsten Weg nach Zyrrhalis darstellte. Das Problem war jedoch offensichtlich: Eine falsche Bewegung, und sie könnten in die eisige Tiefe stürzen.

„Es gibt keine andere Wahl," erklärte Kael'thar, während er die schmalen, vereisten Felsvorsprünge betrachtete, die ihnen als Weg dienen sollten. „Wir müssen da durch."

Danny zögerte. „Gibt es keine Möglichkeit, zu fliegen? Du hast Flügel, und ich kann mich halten."

Kael'thar schnaubte. „Die Winde hier oben sind unberechenbar. Selbst ich könnte das Risiko nicht eingehen. Wir müssen zu Fuß gehen."

Mit zitternden Händen begann Danny, den Pfad entlang der Schlucht zu folgen. Seine Schuhe rutschten …auf dem glatten Eis, und mehr als einmal musste er sich an den scharfen Kanten des Felsens festkrallen, um nicht abzurutschen. Die Schlucht war still, bis auf das leise Knirschen von Eis unter ihren Füßen und den unaufhörlichen Heulen des Windes.

Kael'thar, der etwas vor ihm ging, bewegte sich mit beeindruckender Eleganz. Seine Klauen schienen mühelos Halt auf dem Eis zu finden, während Danny hinter ihm stolperte. „Konzentrier dich," rief der Drache, ohne sich umzudrehen. „Dein Körper ist stärker, als du glaubst. Vertraue deinen Schritten."

Doch es war schwer, an Stärke zu glauben, wenn jeder falsche Schritt ihn dem Abgrund näherbrachte. Danny biss die Zähne zusammen, sein Atem stieg in kleinen Wolken vor ihm auf. Er zwang sich, nicht nach unten zu schauen, doch die Kluft schien ihn magisch anzuziehen. Ein Blick nach unten offenbarte nichts als eine endlose Tiefe, in der sich Schatten und Eis zu einem bedrohlichen Kaleidoskop vereinten.

Das knirschende Eis

Plötzlich hörte Danny ein lautes Knacken unter seinem rechten Fuß. Sein Herz setzte für einen Moment aus. „Kael'thar!" rief er panisch, während der Boden unter ihm nachgab.

Kael'thar wirbelte herum und sprang blitzschnell zurück. Mit einer geschmeidigen Bewegung packte er Danny an seinem Arm und zog ihn zurück auf festen Boden, gerade noch rechtzeitig, bevor der vereiste Vorsprung unter ihm in die Tiefe stürzte.

„Pass auf, wo du hintrittst!" zischte Kael'thar, seine goldenen Augen funkelten vor Sorge und Zorn.

„Ich… ich habe es nicht kommen sehen," keuchte Danny, die Angst schnürte ihm die Kehle zu.

Kael'thar atmete tief durch, seine Stimme wurde wieder ruhiger. „Das Eis hier ist alt und trügerisch. Du musst deinen Instinkten vertrauen. Wenn etwas unsicher wirkt, gehe zurück und finde einen anderen Weg."

Ein unerwartetes Hindernis

Gerade als Danny seine Fassung wiedererlangte, erklang ein tiefes Grollen in der Ferne. Es war nicht der Wind, der heulte, sondern etwas anderes – ein schauriger Laut, der von den Wänden der Schlucht widerhallte.

Kael'thar spannte sich an, seine Flügel bewegten sich leicht, als ob er jeden Moment abheben wollte. „Bleib wachsam," murmelte er.

„Was war das?" fragte Danny nervös.

„Etwas, das in den Schatten lebt," antwortete Kael'thar. „Wir sind nicht allein hier."

Das Geräusch wurde lauter, ein rhythmisches Stampfen, begleitet von einem seltsamen Kratzen. Dann, aus dem Nebel, erschien eine Gestalt – eine riesige Kreatur, deren Körper wie eine bizarre Mischung aus Eis und Stein wirkte. Ihre Augen glühten kaltblau, und sie bewegte sich mit einer trügerischen Langsamkeit auf sie zu.

„Ein Frostwächter," sagte Kael'thar leise. „Diese Kreaturen sind uralt. Sie bewachen die Schlucht und greifen alles an, was sie als Bedrohung ansehen."

„Und was machen wir jetzt?" fragte Danny, sein Herz raste.

Kael'thar sah ihn mit einem ernsten Blick an. „Wir kämpfen – oder wir finden einen Weg, es zu umgehen."

Die Wahl der Strategie

Danny spürte, wie Adrenalin durch seinen Körper rauschte. Während Kael'thar die Kreatur beobachtete, erinnerte sich Danny an die Lektionen aus seinem Training. Er wusste, dass dies nicht nur eine Herausforderung war, sondern auch eine Prüfung seines Wachstums.

„Vielleicht… können wir es ablenken?" schlug Danny vor.

Kael'thar nickte langsam. „Das könnte funktionieren. Aber es wird riskant. Ich werde seine Aufmerksamkeit auf mich ziehen, während du einen sicheren Weg suchst."

„Nein," widersprach Danny schnell. „Wir machen das zusammen. Wenn du es ablenkst, unterstütze ich dich aus der Ferne."

Kael'thar blickte ihn an, überrascht von Dannys Entschlossenheit. „Sehr gut. Aber sei vorsichtig. Diese Kreaturen sind mächtig."

Der Kampf in der Schlucht

Kael'thar breitete seine Flügel aus und sprang vor, seine Klauen glühten in einem sanften Goldton. Der Frostwächter brüllte auf, als Kael'thar ihn frontal angriff, und begann, mit mächtigen Schlägen nach ihm zu schlagen.

Danny beobachtete die Szene und konzentrierte sich, suchend nach einem Schwachpunkt. Die Kreatur war langsam, aber unglaublich stark, und jeder ihrer Schläge ließ den Boden erbeben. Danny griff nach einem der spitzen Eiskristalle, die in der Schlucht wuchsen, und schleuderte ihn mit aller Kraft auf die Kreatur.

Der Kristall traf, und ein Teil der eisigen Panzerung des Wächters brach ab. Der Wächter wandte sich knurrend um, und Kael'thar nutzte die Ablenkung, um eine weitere Attacke zu starten.

Die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Drache war alles andere als perfekt, doch mit jedem Angriff wurde Danny mutiger und sicherer. Schließlich, nach einem letzten gezielten Schlag von Kael'thar, brach die Kreatur mit einem ohrenbetäubenden Krachen zusammen.

Ein Moment der Stille

Danny ließ sich auf die Knie fallen, sein Atem ging schwer. „Wir haben es geschafft," murmelte er ungläubig.

Kael'thar trat zu ihm, ein Hauch von Stolz in seinen Augen. „Du hast dich gut geschlagen. Aber das war nur der Anfang. Je näher wir Zyrrhalis kommen, desto größer werden die Herausforderungen."

Danny nickte, seine Zweifel schienen für einen Moment verschwunden. „Ich bin bereit."

Gemeinsam setzten sie ihren Weg fort, die gefrorene Schlucht hinter sich lassend und mit neuen Erkenntnissen über ihre Stärke – und ihre Verbundenheit.

Als die Stille der Schlucht sie einhüllte, blieb Danny für einen Moment stehen und blickte zurück. Der schmale Pfad, die eisigen Klippen und die Überreste des Frostwächters verschwanden langsam im Nebel. Er spürte, wie eine Welle der Erleichterung durch seinen Körper strömte – aber auch etwas Neues: ein Gefühl von innerer Stärke, das er lange nicht gekannt hatte.

Kael'thar, der neben ihm ging, war ebenfalls in Gedanken versunken. „Du hast mehr in dir, als du denkst, Danny," sagte er schließlich, ohne aufzublicken. „Dieser Kampf war nicht nur ein Sieg über den Wächter. Es war ein Sieg über deine eigenen Zweifel."

Danny sah zu ihm hinüber. „Glaubst du, ich bin bereit für das, was vor uns liegt?"

Kael'thar hielt inne, sein Blick schweifte über die verschneite Landschaft vor ihnen. „Niemand ist je vollkommen bereit. Aber du lernst, und du wächst. Das ist es, was zählt."

Der Weg durch die Nordwinde

Die nächste Etappe ihrer Reise führte sie auf eine Hochebene, die von heftigen Schneestürmen geplagt wurde. Der Wind schien lebendig, ein unsichtbarer Feind, der ihre Fortschritte verlangsamte und ihre Kräfte auf die Probe stellte.

„Diese Winde sind kein Zufall," murmelte Kael'thar, während sie gegen die Böen ankämpften. „Die Energie des Nordens wird hier greifbar. Es ist, als ob die Elemente selbst uns testen wollen."

Danny hielt seinen Mantel fester um sich. „Was, wenn wir scheitern?"

Kael'thar lächelte schwach. „Scheitern gehört zum Leben. Aber was uns ausmacht, ist, ob wir wieder aufstehen."

Ein Moment des Nachdenkens

Als die Nacht hereinbrach, fanden sie Schutz in einer kleinen Höhle, die im Fels verborgen lag. Das flackernde Licht des Feuers war das einzige, was die Dunkelheit zurückhielt, und Danny konnte nicht anders, als in die tanzenden Flammen zu starren.

„Kael'thar," begann er zögernd, „warum hilfst du mir eigentlich? Du bist ein Drache, ein Wesen, das viel größer ist als ich – im wahrsten Sinne des Wortes. Was hast du davon?"

Kael'thar, der still am Eingang der Höhle saß und nach draußen blickte, sah ihn mit seinen goldenen Augen an. „Vielleicht ist es die alte Weisheit meines Volkes, die mich dazu drängt. Oder vielleicht sehe ich in dir etwas, das dich selbst noch nicht erkannt hast. Deine Welt hat die Verbindung zu den Drachen verloren, Danny. Aber du… du hast das Potenzial, diese Verbindung wiederherzustellen."

Danny runzelte die Stirn. „Warum ich? Ich bin doch niemand Besonderes."

Kael'thar lächelte, ein fast menschlicher Ausdruck auf seinem reptilischen Gesicht. „Das dachte ich auch einst von mir. Doch manchmal findet das Schicksal diejenigen, die es am wenigsten erwarten."

Dieser Moment der Stille in der Höhle war mehr als nur eine Pause. Es war ein Moment der Reflexion, des Verstehens und der leisen Entschlossenheit, die in Danny wuchs. Und als das Feuer langsam erlosch, wusste er, dass der Weg nach Zyrrhalis nicht nur eine Reise durch gefährliches Terrain war – sondern auch eine Reise zu sich selbst.

Als die letzten Flammen des Feuers in schwachen, glimmenden Kohlen vergingen, fühlte Danny eine ungewohnte Ruhe. Die Stille der Höhle, das gleichmäßige Geräusch des Windes draußen und die Wärme, die von den verbliebenen Glutresten ausging, schienen ihn zu umhüllen. Doch tief in seinem Inneren tobte ein Sturm aus Gedanken und Gefühlen.

Er ließ seine Gedanken schweifen, zurück zu den Entscheidungen, die ihn hierhergeführt hatten. War er wirklich bereit gewesen, seine vertraute Welt hinter sich zu lassen? Hatte er die Stärke, die es brauchte, um die Erwartungen zu erfüllen, die Kael'thar in ihn setzte?

Er erinnerte sich an die Worte seines Vaters, die ihn als Kind oft begleitet hatten: „Große Dinge beginnen immer mit kleinen Schritten." Damals hatte er diese Worte nicht verstanden. Aber jetzt, nach der Schlucht, dem Frostwächter und den Herausforderungen, die noch vor ihm lagen, begannen sie einen Sinn zu ergeben.

Ein unerwarteter Austausch

„Du denkst viel nach," bemerkte Kael'thar, dessen tiefe Stimme die Dunkelheit der Höhle durchdrang.

Danny zuckte zusammen, überrascht, dass der Drache ihn so genau beobachtet hatte. „Ja," antwortete er schließlich. „Ich frage mich, ob ich all dem gewachsen bin. Ob ich… genug bin."

Kael'thar erhob sich langsam und trat näher an ihn heran. „Es ist gut, dass du zweifelst. Zweifel bedeuten, dass du dir bewusst bist, wie wichtig diese Reise ist. Aber lass sie dich nicht lähmen."

Danny sah ihn an, seine Augen suchten nach Antworten in den goldenen, zeitlosen Augen des Drachen. „Wie schaffst du es, immer so sicher zu wirken? Hast du nie Angst?"

Kael'thar lachte leise, ein seltsames, tiefes Geräusch. „Natürlich habe ich Angst. Jeder hat das. Aber mit der Zeit lernst du, dass Mut nicht bedeutet, keine Angst zu haben. Mut bedeutet, trotz der Angst weiterzugehen. Und Danny, du bist mutiger, als du denkst."

Ein Schwur in der Dunkelheit

Die Worte des Drachen hallten in Danny nach, während er in die Dunkelheit der Höhle starrte. Irgendetwas in ihm begann sich zu verändern. Es war kein dramatischer Moment der Erleuchtung, sondern eine leise, wachsende Überzeugung.

„Ich werde es schaffen," flüsterte er schließlich, mehr zu sich selbst als zu Kael'thar.

Kael'thar nickte, seine Haltung entspannt, aber voller Wachsamkeit. „Das ist der erste Schritt. Glaub an dich selbst, Danny. Der Rest wird folgen."

Als die Nacht weiter voranschritt, fühlte sich Danny leichter, als hätte er einen Teil seiner inneren Last abgelegt. Der Weg nach Zyrrhalis würde zweifellos weitere Prüfungen bringen, doch in diesem Moment, in der Stille der Höhle, fand er etwas, das er nicht erwartet hatte: Hoffnung.

Die erste Morgendämmerung

Als der Morgen graute, füllte die Höhle sich mit einem sanften, bläulichen Licht, das von den Schneefeldern draußen reflektiert wurde. Danny öffnete die Augen und spürte eine seltene Klarheit. Die Kälte hatte seine Glieder steif werden lassen, aber sein Geist war wach und entschlossen.

Kael'thar stand bereits am Höhleneingang, seine mächtige Silhouette zeichnete sich gegen den helleren Himmel ab. „Der Sturm hat sich gelegt," bemerkte der Drache, ohne sich umzudrehen. „Es ist Zeit, weiterzugehen."

Danny zog seine wärmende Kleidung enger um sich und trat zu ihm. Die Landschaft vor ihnen war gleichermaßen atemberaubend wie furchteinflößend – schneebedeckte Ebenen, unterbrochen von zerklüfteten Felsformationen, und in der Ferne die dunklen Umrisse des Zyrrhalis-Gebirges.

Die Reise setzt sich fort

Während sie ihren Weg fortsetzten, spürte Danny die Schwere der bevorstehenden Aufgaben, doch diesmal ließ er sich nicht von seinen Zweifeln überwältigen. Er war aufmerksam, beobachtete die Umgebung und achtete darauf, seine Schritte sicher zu setzen.

„Kael'thar," begann er nach einer Weile, „was erwartet uns eigentlich in Zyrrhalis? Du sprichst oft von den Gefahren, aber nie von dem, was wir dort suchen."

Der Drache warf ihm einen kurzen Blick zu. „Zyrrhalis ist mehr als nur ein Ort. Es ist ein Nexus – ein Ort, an dem die Essenz aller Drachen ihren Ursprung hat. Viele glauben, dass dort die erste Verbindung zwischen unserer Welt und der deinen geschaffen wurde. Und ebenso viele fürchten, dass dieser Ort zerstört werden könnte."

Danny runzelte die Stirn. „Wer würde so etwas tun?"

Kael'thars Gesicht verdunkelte sich. „Diejenigen, die die Macht der Drachen für sich allein beanspruchen wollen. Oder die, die uns fürchten und glauben, dass unsere Existenz eine Gefahr ist."

Die Worte hallten in Danny nach. Er verstand, dass diese Reise mehr als nur seine eigene war – sie war Teil eines Kampfes um das Gleichgewicht zwischen zwei Welten.

Ein neues Hindernis

Plötzlich blieb Kael'thar stehen und hob seinen Kopf, die Nasenlöcher weit geöffnet. „Etwas stimmt nicht," sagte er leise.

Danny spürte, wie sich seine Muskeln anspannten. „Was ist los?"

„Da ist etwas in der Luft. Ein Geruch… Rauch."

Sie eilten über die nächste Anhöhe, und was sich vor ihnen auftat, ließ Danny den Atem stocken. Ein kleines Dorf, das sich an den Rand der Schlucht schmiegte, stand in Flammen. Schwarzer Rauch stieg in die klare, kalte Luft auf, und die Schreie von Bewohnern hallten durch die Stille.

Kael'thar zögerte keine Sekunde. „Wir müssen helfen!"

Der Angriff

Als sie das Dorf erreichten, sahen sie das Ausmaß der Zerstörung. Häuser aus Holz und Stein brannten lichterloh, während die Bewohner verzweifelt versuchten, das Feuer zu löschen. Doch es war nicht nur das Feuer, das sie bedrohte – eine Gruppe von Wesen, deren Körper mit dunklen, schimmernden Schuppen bedeckt war, griff das Dorf an.

Die Angreifer wirkten wie eine düstere Parodie auf die Drachen: Humanoide Gestalten mit krallenbewehrten Händen, langen Schwänzen und scharfen, reptilienhaften Augen. Sie bewegten sich schnell und zielgerichtet, ihre Angriffe präzise und gnadenlos.

„Schattendiener," knurrte Kael'thar, seine Stimme vor Abscheu vibrierend. „Kreaturen, die aus der Essenz der Schatten geformt wurden. Sie sind stark, aber seelenlos. Jemand hat sie hierher geschickt."

Danny fühlte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte. „Was sollen wir tun?"

Kael'thar wandte sich ihm zu, seine goldenen Augen funkelten vor Entschlossenheit. „Du hast trainiert, Danny. Jetzt ist die Zeit gekommen, dein Wissen anzuwenden. Konzentriere dich. Ich werde die Hauptlast übernehmen, aber du musst die Dorfbewohner schützen."

Der erste Kampf

Ohne auf eine Antwort zu warten, breitete Kael'thar seine Flügel aus und erhob sich in die Luft. Sein Gebrüll durchbrach das Chaos, eine donnernde Warnung, die die Schattendiener kurz innehalten ließ. Dann stürzte er sich mit unglaublicher Wucht auf die Kreaturen, seine Krallen blitzten im Licht der Flammen.

Danny blieb keine Zeit, die Szenerie zu bestaunen. Eine ältere Frau taumelte aus einem brennenden Gebäude, hustend und nach Luft ringend. Ohne nachzudenken, rannte er zu ihr. „Halten Sie sich an mir fest!" rief er, während er sie vorsichtig von den Flammen wegführte.

Ein plötzlicher Schatten fiel auf ihn, und er wirbelte herum. Eine der Kreaturen hatte ihn entdeckt und sprang mit weit geöffneten Klauen auf ihn zu. Instinktiv hob Danny die Hand, und ein gleißender Lichtstrahl schoss aus seiner offenen Handfläche.

Die Kreatur kreischte und wich zurück, als das Licht ihre schuppige Haut traf. Danny stand wie erstarrt da, unfähig zu begreifen, was gerade geschehen war.

Kael'thars Unterstützung

„Danny, konzentriere dich!" brüllte Kael'thar, während er eine weitere Gruppe von Schattendienern mit einem kräftigen Flügelschlag fortfegte. „Nutze deine Verbindung! Lass die Energie fließen!"

Danny erinnerte sich an sein Training: Die Verbindung war wie ein Fluss, und seine Fähigkeit, die Energie zu lenken, hing davon ab, wie ruhig und fokussiert er blieb. Er atmete tief ein, schloss kurz die Augen und spürte die vertraute Wärme in seiner Brust aufsteigen.

Als er die Augen öffnete, war die Angst verschwunden. Er hob beide Hände, und zwei weitere Lichtstrahlen schossen auf die Kreatur zu, die sich wieder auf ihn zubewegte. Dieses Mal traf er sie direkt, und sie löste sich in eine schwarze Wolke aus Schatten auf.

Die Wende im Kampf

Kael'thar hatte mittlerweile die Oberhand gewonnen. Mit seinen mächtigen Schlägen und Feuerstößen dezimierte er die Reihen der Schattendiener, während Danny die verbliebenen Bewohner in Sicherheit brachte. Jeder Einsatz seiner Fähigkeit wurde präziser, und mit jedem besiegten Gegner fühlte er sich stärker und sicherer.

Nach einer gefühlten Ewigkeit wich der letzte Schattendiener zurück, seine Bewegungen unruhig, fast panisch. Kael'thar nutzte die Gelegenheit und stieß einen letzten Feuerstoß aus, der die Kreatur in einem blendenden Licht auflöste.

Die Nachwirkungen

Das Dorf war still. Das Feuer war größtenteils gelöscht, und die wenigen verbleibenden Bewohner sammelten sich auf dem zentralen Platz. Viele waren verletzt, einige schwer, aber sie lebten.

Danny sank erschöpft auf die Knie. Seine Hände zitterten, und der letzte Funken Licht, den er gehalten hatte, erlosch. Kael'thar trat zu ihm, seine mächtige Gestalt war von Ruß und Asche gezeichnet, aber er wirkte unversehrt.

„Du hast gut gekämpft," sagte der Drache mit leiser Stimme. „Die Dorfbewohner verdanken dir ihr Leben."

Danny sah zu ihm auf, sein Gesicht eine Mischung aus Erschöpfung und Stolz. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich es schaffen könnte."

Kael'thar nickte. „Du hast nicht nur Stärke gezeigt, sondern auch Mut und Mitgefühl. Das ist es, was dich zu einem wahren Hüter macht."

Die Worte hallten in Danny nach, während die Überlebenden sich um ihn versammelten und ihm dankten. Zum ersten Mal spürte er, dass seine Reise mehr war als nur ein persönlicher Kampf. Es war eine Mission, eine Verantwortung, die er langsam zu verstehen begann.

Die geheimnisvolle Spur

Die Dorfbewohner hatten begonnen, die Trümmer zu beseitigen und sich zu sammeln, während Danny und Kael'thar auf dem Platz zurückblieben. Der Rauch hatte sich gelegt, doch die Luft war schwer von der vergangenen Zerstörung. Kael'thar hob plötzlich den Kopf, seine Nüstern zuckten.

„Da ist etwas… Fremdes," sagte er leise.

Danny runzelte die Stirn. „Was meinst du?"

Kael'thar deutete mit einer seiner Klauen in Richtung der Ruinen. „Die Schattendiener hinterlassen normalerweise keine Spuren. Sie verschwinden, sobald sie besiegt sind. Doch etwas hat hier Bestand."

Neugierig und besorgt folgte Danny Kael'thar zu den Überresten eines Hauses, das fast vollständig niedergebrannt war. Inmitten der Asche lag ein Objekt, das wie ein kleiner, schwarzer Kristall aussah. Es pulsierte schwach und schien, obwohl es still war, eine unheimliche Präsenz auszustrahlen.

„Was ist das?" fragte Danny und beugte sich vorsichtig vor.

Kael'thar schnaubte und zog ihn zurück. „Berühr es nicht! Diese Dinger sind gefährlich. Das ist eine Essenzfessel – ein Artefakt, das verwendet wird, um Schattenenergie zu binden und zu kontrollieren."

Danny wich zurück, spürte aber, wie sein Puls schneller wurde. „Wer könnte so etwas hierhergebracht haben? Die Schattendiener handeln doch nicht allein, oder?"

Kael'thar schüttelte den Kopf. „Nein. Jemand hat sie gelenkt, und dieses Artefakt ist der Beweis. Es bedeutet, dass unser Feind näher ist, als wir dachten."

Der Rat der Dorfbewohner

Als Kael'thar das Artefakt mit einer vorsichtigen Bewegung in eine Tasche aus dickem Drachenleder gleiten ließ, näherte sich ein älterer Mann mit einem langen grauen Bart. Seine Augen waren von Falten umgeben, doch sie strahlten Weisheit und Entschlossenheit aus.

„Ihr habt uns gerettet," sagte er, seine Stimme zitterte leicht. „Doch ich fürchte, die Gefahr ist nicht vorbei. Dieses Dorf war nie ein Ziel… bis jetzt. Es muss einen Grund geben."

Kael'thar nickte. „Was wisst ihr über das, was hier passiert ist?"

Der Alte sah zu den anderen Dorfbewohnern, die sich vorsichtig näherten. „Seit Wochen gab es Berichte über wandernde Schatten und seltsame Geräusche in den Bergen. Manche sagen, sie hätten ein Portal gesehen, das in der Dunkelheit flackerte. Wir dachten, es wären nur Geschichten. Aber jetzt…"

Danny spürte, wie sich seine Anspannung verstärkte. Ein Portal? Hatten die Schattendiener Zugang zu ihrer Welt durch solch ein Tor?

„Wo?" fragte Kael'thar scharf.

Der Alte zeigte zitternd nach Nordwesten, wo die Berge noch höher und schroffer wurden. „Dort, in den Zyrrhalis-Bergen. Am Rande des Gletschers. Es ist ein verfluchter Ort."

Eine neue Entscheidung

Kael'thar blickte zu Danny. „Das ist ein Zeichen. Wir müssen dorthin, bevor es zu spät ist. Wenn dort ein Portal ist, könnte es der Ursprung dieser Angriffe sein – und eine Bedrohung, die über das Drachenreich hinausgeht."

Danny atmete tief durch. Die Angst vor dem Unbekannten versuchte, sich wieder in ihm festzusetzen, doch er unterdrückte sie. Die Ereignisse im Dorf hatten ihm gezeigt, dass er stärker war, als er glaubte.

„Ich bin dabei," sagte er schließlich, seine Stimme fester, als er erwartet hatte.

Kael'thar nickte und wandte sich an die Dorfbewohner. „Ihr müsst euch vorbereiten. Weitere Angriffe könnten folgen. Sucht Schutz in den Höhlen und sendet Nachrichten an andere Siedlungen. Dieses Land muss gewarnt werden."

Aufbruch ins Ungewisse

Nach einer kurzen Rast und der Versorgung der Verletzten brachen Danny und Kael'thar erneut auf. Der Weg zu den Zyrrhalis-Bergen war steil und unwegsam, die Kälte biss selbst durch Dannys wärmende Kleidung hindurch. Doch diesmal war er bereit.

Kael'thar lief dicht an seiner Seite, seine Bewegungen geschmeidig und wachsam. „Die Luft wird dünner, je höher wir kommen. Aber halte durch. Bald werden wir wissen, womit wir es zu tun haben."

Danny nickte und ließ seinen Blick über die weite, verschneite Landschaft schweifen. Der Gedanke an das Portal und die möglichen Gefahren machte ihn nervös, doch tief in seinem Inneren spürte er auch eine seltsame Vorfreude.

Er war nicht mehr der zögernde Junge, der er zu Beginn dieser Reise gewesen war. Mit jedem Schritt wurde ihm klarer, dass er nicht nur Teil von Kael'thars Mission war – er begann, seine eigene Rolle darin zu finden.

Und in den Schatten der Zyrrhalis-Berge würde er beweisen müssen, dass er dieser Herausforderung gewachsen war.