Er ging in die Einkaufszone des Internats und deckte sich mit Essen und Trinken, den neuesten Zeitschriften und Comics ein. Innerlich dankte er seinem Großvater für das Taschengeld, er hatte herausgefunden, dass es mehr war, als die anderen bekamen.
Er schlenderte zurück in sein Zimmer, das er seit der sechsten Klasse allein bewohnte. Die Direktorin hatte Geld gebraucht und sein Taschengeld erhöht. So war er vom alten Gebäude in ein neues gezogen, das gemischt war und in dem die Snobs wohnten.
Sie mieden ihn, ab und zu musste er Mitschülern Nachhilfe geben, auch seiner heimlichen Flamme Leonore. Sie war die Tochter des Vorstandsvorsitzenden eines Autokonzerns und die Beliebteste ihrer Klasse, zu der auch er gehörte.
Sie war halb Kubanerin, halb Jamaikanerin, im Leichtathletikteam und im Gartenclub. Sie hing mit den Coolen und Reichen ab, die mit ihren teuren Handys und Tablets und den Klamotten prahlten, die sie trugen, wenn sie frei hatten.
Er hatte sie nicht bemerkt, bis er gefragt wurde, ob er ihr Nachhilfe geben wolle. Also hatte er ja gesagt und sein Zimmer als Unterrichtsort angegeben, es war groß genug. Es war ein Zimmer für drei eigentlich, hatte ein Bad, eine Kochnische.
Tante April hatte ihm damals beim Einrichten geholfen, so dass nur ein Bett drin war, ein Schreibtisch, ein Sessel mit Tisch, ein Schrank für seine Kleider und Regale, in denen er akribisch seine Bücher, Zeitschriften und Comics aufbewahrte, aber nur die aktuellen, die anderen hatte er fürsorglich nach Hause geschickt.
Er räumte oft auf, aber es sah nerdig aus. An den Wänden hingen Poster von Spielen, Filmen.
Spielbücher von den Spieleabenden lagen sortiert herum.
Er hatte sich nichts dabei gedacht, als er die Tür öffnete und als es klopfte, stand sie in Trainingsklamotten vor ihm. Sie sagte, sie käme vom Training und habe ihre Bücher vergessen. Er hatte nur genickt und sie gebeten, ihre Schuhe auszuziehen, was sie auch tat. Sie hatte sich im Zimmer umgeschaut, während er die Unterrichtsmaterialien ausdruckte und dann hatte sie Fragen gestellt.
„Wohnst du hier allein?"
„ Ja, die Direktorin hat gesagt, dass das in Ordnung ist, weil auch andere allein ein Zimmer haben."
„Deins hat ein eigenes Bad ..."
Er hatte nie darüber nachgedacht, in seinem alten Zimmer, das er mit einem anderen geteilt hatte, mussten sie sich ein Badezimmer teilen.
Er stellte die Pepsi auf den Tisch und setzte sich auf den Teppich daneben, diese Angewohnheit hatte er von seiner Tante Mei. Leonore hatte ihn zuerst irritiert angesehen.
„Keine Stühle und kein Tisch?"
„ Nein. Der Teppich ist weich. Ich bin ..."
Sie setzte sich.
„ Ich weiß, wer du bist, jeder weiß, wer du bist. Du bist Luke, dessen Mutter immer mit dem Staatsgeländewagen kommt und von einem Typen begleitet wird."
„ Der Typ heißt Niegel. „
„ Aber warum fährt sie in einem Staats SUV, die Dinger kriegt man nicht einfach so. Mein Vater hat mir gesagt, dass er den Deal bei einem Elternabend gemacht hat."
Luke hatte Pepsi getrunken.
„Und er meinte zu mir, dass Elternabende für ihn entspannt sind, wegen der ganzen Aufpasser, obwohl Bill.. du kennst Bill?"
„Ähm.. du meinst den Mädchenschwarm aus unserer Stufe?"
Sie verdrehte die Augen. „Ja dieser Bill, sein Dad ist dieser Fernsehmoderator der immer im Fernsehen ist. Also seine Mutter ist immer sauer, weil er wie eine normale Frau behandelt wird und seinen Ausweis zeigen muss."
Luke überlegte.
„Und der Typ, der immer kommt, ist das dein Vater?"
„ Nein. Das ist mein Opa. Er hat sich, wie der Rest meiner Familie auch, die Generfrischung machen lassen. Meine Oma hat mir gesagt, dass sie das Leben genießen will, na ja„, er zuckte mit den Schultern.
„In den Sommerferien habe ich mir auch eine Generfrischung machen lassen. Ich weiß nicht, warum sich die Leute darüber aufregen."
Sie starrte ihn an.
„Du hast eine Erfrischung bekommen? Ich meine, mein Vater hat in seiner Dienstzeit eine bekommen und meine Mutter auch und die Ärzte haben gesagt, ich brauche keine, weil es automatisch in mir drin ist."
„ Mein Dad, der meine Mum sitzen gelassen hat, hat angeblich keine und ich bin ohne auf die Welt gekommen."
„Und warst du in so einer Klinik? So eine, die man in den Prospekten sieht?„
„Ähm ... nein ... Mein Opa hat mich in eine Lazarettklinik gebracht. Da hab ich ein paar Spritzen bekommen und dann durfte ich wieder raus. „
Er stand auf und holte sein Tablet. Im Sitzen aktivierte er es, es erschien ein Bild seines Großvaters, das er digital verändert hatte und das ihn als Dämonenherrscher zeigte. Er hatte seinen Großvater oft als Figur für seine Spieleabende benutzt, auch seine Tanten. Er öffnete die Galerie und scrollte zu den Urlaubsfotos. Er klickte auf eines, auf dem er auf einem Behandlungsstuhl lag und eine Armeeärztin ihm Spritzen verabreichte. Er drehte es um und zeigte es ihr.
„Keine Erholungszeit?"
„ Äh, nein, danach haben wir am Strand gegrillt. „
Er klickte weiter, Bild von Luke mit knallrotem Gesicht war zu sehen, wie er Bibi den Rücken eincremte und Mei ihn von hinten umarmte und eincremte.
Dann kam Bild von ihm mit Hotdog auf dem Teller.
Leonore sah ihn an.
„Du bist bei den Frauen beliebt", lächelte sie.
„Nein, das sind meine Tanten. Also, was musst du noch lernen?"
„Eigentlich alles ..."
Er zog eine Augenbraue hoch und es fiel ihm schwer, Leonore Nachhilfe zu geben. Nicht wegen des Lernens, sondern weil Leonore auch oft einfach nur rumgegammelt hatte. Sie hatte ihm gesagt, dass sie einfach mal eine Pause bräuchte. Das war jetzt 2 ½ Jahre her, auch wenn ihre Besuche in letzter Zeit immer seltener wurden und sie wieder öfter mit den Snobs unterwegs war.
Luke machte sich keine Illusionen, als er sein Zimmer betrat, sich umzog, sein Pausenbrot zusammenstellte und die Zeitschriften vor sich ausbreitete. Es störte ihn nicht, selbst als sein Handy ihm mitteilte, dass er die Matheprüfung bestanden hatte, vertiefte er sich in die Welt der Zeitschriften über Meerestiere und Unterwasserbiologie, bis er einschlief und mit dem Kopf auf dem Tisch aufwachte.
Draußen war es dunkel, das Wochenende stand vor der Tür, also brauchte er sich über das frühe Aufstehen nicht zu ärgern. Vom Fenster aus konnte er über den Campus blicken, er sah Leute herumlaufen oder schleppen und dachte an die Sperrstunde.
Er gähnte, räumte seine Sachen weg und setzte sich an den Tisch, Kopfhörer auf den Ohren und begann auf dem Tablet zu zeichnen. Er hatte einen Flow, vergaß die Zeit, erst als ihn das Klopfen an der Tür richtig nervte, nahm er die Kopfhörer ab und ging zur Tür. Die Uhr zeigte ihm, dass es 2 Uhr nachts war.
Er fragte sich, ob die anderen sich schon wieder betrunken hatten. Er öffnete die Tür, niemand stand davor, er schaute in den Flur. Auf der einen Seite war niemand, nur eine Sauerei die jemand hinterlassen hatte.
Auf der anderen Seite, neben seiner Tür, kauerte Leonore. Sie zitterte, sie sah auf. So wie sie aussah, hatte sie gefeiert. Nur dass ihr Top zerrissen und ihr Make-up verschmiert war.
Sie eilte herein, Luke zuckte mit den Schultern und schloss die Tür hinter sich. Es war nicht das erste Mal, dass sie nach einer Party zu ihm kam.
Nur das sie sich nervös umsah irritierte ihn.
„Geht es dir gut?", fragte er.
Sie sah ihn an.
„ Hast du es nicht mitbekommen?"
„ Mitbekommen? Ich malte Leo„, er deutete auf seine Kopfhörer.
Sie brach zusammen und weinte. Erst jetzt hörte er die Schreie von draußen, ging zum Fenster und sah, wie Mitschüler von anderen angegriffen wurden.
„Was zum ..."
"Das sind Zombies, Luke... ich hab's gesehen, sie haben Pio zerfleischt und dann kam er zurück! Und Bill hat mich einfach stehen lassen und ist weggerannt..." Sie weinte weiter.
Luke kratzte sich am Kopf.
Er schaltete den Fernseher ein, in dem berichtet wurde, dass es weltweit zu Ausbrüchen gekommen war und die Menschen zu Hause bleiben oder sich in Sicherheitszonen begeben sollten.
Luke schaute auf die Karte auf dem Fernseher, die nächste Evakuierungszone war vielleicht 40 km entfernt. Er schaute auf sein Handy, das keinen Empfang hatte. Er sah Leonore an und ging zu ihr.
„Wenn es hell wird, gehen wir in die Evakuierungszone."
Sie sah ihn erstaunt an.
„ Aber die Tore sind zu Luke, wie jedes Wochenende."
„ Dann klettern wir eben über die Mauer."
Irgendwann nickte sie und schlief vor Erschöpfung ein. Luke überlegte und packte seine Sachen. Sein Handy und sein Tablet würde er auf jeden Fall mitnehmen, der Rest war entbehrlich. Er kramte im Kleiderschrank. Sein Handy summte und er nahm den Hörer ab.
„Wo bist du gerade?", fragte seine Mutter.
„ In meinem Zimmer, ich will morgen früh in der Evakuierungszone sein."
„ Luke, hör mir jetzt gut zu.„
Er hörte die Nervosität in ihrer Stimme.
„ Du musst große Gruppen meiden Luke, meide die Siedlungen, hau den Infizierten auf den Kopf und sei kein Held Schatz."
„ Leo hat gesagt, das sind Zombies ..."
„ Nein es sind mutierte Infizierte Schatz. Gott sei Dank hast du die Generfrischung bekommen."
„ Was meinst du damit?"
„ Das war um die Bevölkerung für so einen Fall zu schützen und zu immunisieren. „
„ Mum wie kann es sein das ich das nicht von Geburt an hatte? Ich hab gehört das so was vererbt werden kann."
„ Ähm. Ich hab ein bisschen wild gelebt bevor du auf die Welt gekommen bist Schatz, der Arzt hat mir damals gesagt das es eine Nebenwirkung davon ist."
Luke fragte sich warum er sich nicht wunderte mit wild gelebt zu haben.
„Aha. Also was passiert wenn mich so ein Ding beißt?"
„Du wirst nicht infiziert, aber verletzt."
„ Okay Mum, bist du in Sicherheit?"
„Ja, ich bin sicher, Schatz. Du musst nicht zum Sammelplatz in der Zone gehen, sondern zum Güterbahnhof."
„Warum Mum?"
„ Vertrau mir Schatz, ich sage immer wieder, dass du dort hin musst. Ich habe ..." Die Verbindung brach ab. Luke holte sich warme Sachen und zog sich um, dann packte er seine Tasche.
Kurz bevor die Sonne aufging, wachte Leonore auf, blickte verwirrt zu Luke, der in seiner Golftasche kramte und einen Baseballschläger hervorholte. Er hatte viel ausprobiert. Er sah sie an.
„Wir gehen in dein Zimmer, damit du dir etwas anderes anziehen kannst."
Sie nickte nur und sie verließen leise das Zimmer durch den Flur. Leonores Zimmer befand sich im Erdgeschoss.
Die Gänge waren leer die Zimmertüren standen offen. Es war das erste Mal, dass er ein Mädchenzimmer betrat, es sah hip eingerichtet aus. Leonore eilte schnell in ihr Bad, um sich zu waschen und dann in ihren Schrank.
Luke hatte Zeit, sich ein wenig umzusehen. Alles wirkte mädchenhaft. Er sah ein Foto von ihr mit Bill in besseren Zeiten. Leonore kam mit mehreren Kleidungsstücken übereinander und einem Kricketschläger in der Hand heraus.
„Nimm dein Handy, dein Tablet und deinen Ausweis mit."
Sie steckte alles in eine Tasche. Dann schlichen sie leise hinaus, sie schielten nach draußen, niemand war zu sehen.
Vorsichtig gingen sie hinaus und rannten auf das Haupttor zu, das weit offen stand, überall ein Bild der Verwüstung. Blutlachen auf dem Boden, Körperteile, aber keine Leichen.
Sie waren schon auf dem Weg nach draußen, als ihnen aus dem Schatten ein Zeichen gegeben wurde. Sie rannten los. Es waren mehrere in ihrem Alter. 2 Mädchen und 2 Jungen, alle sahen mitgenommen aus.
„Ihr könnt nicht raus, draußen wimmelt es von ihnen. Ein paar Lehrer haben versucht mit den Autos zu fliehen und hatten einen Unfall und jetzt sammeln sie sich um die Autos. „
Luke schlich los, um nachzusehen, und tatsächlich, etwa vierzig von denen, die er zum ersten Mal sah, schlugen auf vier Autos ein, bei zweien waren schon die Scheiben kaputt. Er schlich zurück.
„ Die sind abgelenkt, ich gehe trotzdem." sie starrten ihn an.
„ Bist du verrückt?"
„ Nein. Ich will nur weg. Macht, was ihr wollt. „
Ihm war es egal, er rannte los und lief dicht an der Mauer entlang, auf der anderen Seite lief er an dem Stück entlang, wo die Viecher nicht waren.
Als Kind hatte er sich gefragt, warum sie das unebene Gelände nicht geebnet und eine glatte Wiese daraus gemacht hatten. Statt einer Hügellandschaft. Jetzt war er froh darüber. In einer Verschnaufpause, in der er nach Luft ringen musste, bemerkte er, dass Leonore und die anderen ihm gefolgt waren.
Sie sah ihn fragend an.
„Ich will nur weg„, sagte sie leise.
Sie liefen weiter, mieden das offene Gelände und alles was nach Menschen aussah. Sie kamen an vielen kleinen Horrorszenarien vorbei. Überfallene Menschen, die völlig zerfetzt waren, verunglückte Autos, in denen Infizierte marodierten, Menschen, die von Flüchtenden zurückgelassen wurden und nun Opfer der Infizierten waren.
Sie mussten oft Pause machen, das Gelände war uneben, sein Anhängsel waren Lina und Lisa und Tom und Eddi. Sie waren in der Parallelklasse. Mit allen hatte er seit Jahren Kontakt oder etwas zu tun.
Leonore hatte sich gefangen und konnte wieder sprechen.
„Luke, hast du keine Angst?", fragte Lisa aus dem Nichts.
„ Ich habe Angst, aber ich will nicht in Stücke gerissen werden. „
„Wo willst du hin?" fragte Eddi.
„ In die Evakuierungszone, dort sind wir sicher."
„ Bist du sicher, was ist mit den Dingern?"
„ Ich vertraue meiner Mutter, sie hat mir gesagt wo ich hin muss, bevor Telefon starb."
Er driftete gedanklich ab, hörte nicht mehr auf ihr Geschnatter. Eine halbe Stunde später trafen sie auf den ersten Infizierten, der sie angriff.
Luke schlug einfach auf ihn ein, bis er sich nicht mehr rührte. Sie starrten ihn an, nicht weit entfernt fanden sie die Leiche eines Sicherheitsbeamten, der aufgeschlitzt da lag. Luke hatte eine Idee und durchsuchte ihn, fand seine Pistole und zwei Ersatzmagazine, die er sich einsteckte.
Dann machten sie sich aus dem Staub. Sie brauchten den ganzen Tag, um in die Zone zu kommen, Luke hielt sich an die Anweisungen, alles zu vermeiden, was Menschenmengen bedeutete, auch wenn es bedeutete, dass sie länger brauchten.
Sie sammelten sich in einem Schuppen und atmeten durch, Luke gab den anderen seine Getränke und sein Essen.
Sie waren erschöpft und redeten nicht mehr, als sie so weit waren, liefen sie weiter, kamen an die ersten Häuser, die zur Nachbarstadt gehörten.
Luke war noch nie hier gewesen, weil das Internat alles hatte, aber er konnte die Schilder lesen, sein Ziel war der Güterbahnhof.
Es gab viele Schilder, die auf den Sammelplatz hinwiesen. Durch die Stadt zu kommen war schwieriger als über Land. Oft mussten sie Infizierten ausweichen oder einzelne töten, wo Luke in den sauren Apfel beißen musste und es auch tat.