Im weiten Frieden des Anwesens der Ravensteins senkte sich Stille über das Grabfeld, als Magnus vor Ariels prächtigem Grabmal stand und in tiefer Nachdenklichkeit verharrte. Sein Blick ruhte auf den komplexen Verzierungen des Monuments – verloren in einem Irrgarten aus Erinnerungen und Bedauern.
Ein leises Rascheln, kaum ein Flüstern im Hintergrund seiner Gedanken, lenkte seine Aufmerksamkeit vom Denkmal ab. Freya, eine Frau von Stärke und Anmut, näherte sich von hinten. Ihre Gegenwart wirkte wie wohltuender Balsam für den Schmerz der Trauer. „Magnus", ihre Stimme klang wie eine zärtliche Streicheleinheit, durchtränkt von Zuneigung und leisem Vorwurf.
Mit einem Anflug eines Lächelns wandte sich Magnus um und begegnete ihrem Blick. „Meine liebe Frau", begrüßte er sie, seine Worte durchwoben von aufrichtiger Wärme.
Freya erwiderte mit einer sanft gehobenen Augenbraue: „Bin ich jetzt also deine Frau?" Ihre Worte schwingten mit einem Hauch von Humor – ein spielerischer Stich gegen die Komplexität ihrer Beziehung.
Magnus breitete seine Arme aus in einer stummen Einladung, sein Gesichtsausdruck ehrlich. „Komm, Liebes", bat er sie, seine Stimme eine beruhigende Melodie in der Luft. „Du weißt, warum ich es tun musste. Wir brauchen Stärke, um in dieser Welt zu bestehen. Avalon ist noch nicht bereit für die Lasten der Familie."
Ein Seufzer von Frustration entkam Freya. „Du hast dich für Jahre in die Einsamkeit zurückgezogen", hielt sie ihm vor, ihre Stimme gefärbt von Verletztheit und Ungeduld. „Keinen einzigen Besuch. Und jetzt, plötzlich, willst du den fürsorglichen Ehemann spielen?"
Magnus legte die Arme um sie, in einem sanften Versuch, die emotionale Kluft zu überwinden, die sich zwischen ihnen aufgetan hatte. „Ich habe es für uns getan, Freya", versicherte er, seine Stimme ein beständiges Beruhigungsmittel. „Jedes Quäntchen Stärke zählt. Avalon hat noch viel zu lernen, bevor er das Erbe antreten kann."
Ein Funke des Ärgers loderte auf in Freya, ihre Stimme wurde schärfer. „Avalon kam von einem Treffen mit dir blutüberströmt zurück", beschuldigte sie ihn, ihr Blick ein Sturm aus widersprüchlichen Gefühlen. „Hast du ihm die Schuld daran gegeben?"
Magnus' Miene wurde ernst. „Ich musste streng mit ihm sein, Freya", erklärte er bestimmt und entschieden. „Er muss begreifen, was es heißt, die Familie zu führen. Wenn er sich selbst und sein eigenes Blut nicht schützen kann, wie können wir ihm dann die Familie anvertrauen?"
Der Zorn in Freyas Augen wich tiefer Traurigkeit. Ihre Stimme zitterte, als sie sprach, die Worte belastet von dem Kummer, der an ihrem Herzen hing. „Ariel war zu jung", flüsterte sie, „viel zu jung."
Magnus hielt sie fest, seine Umarmung ein stilles Friedensangebot. „Ich weiß, Freya", murmelte er, seine Stimme sanft. „Wer auch immer dafür verantwortlich ist ... ich werde ihn dafür zahlen lassen. Zehnfach."
Eine Träne rann Freyas Wange herunter, und er flüsterte, seine Stimme hallte in der Stille nach.
***
Am Tag nach der Beerdigung pulsierte das Anwesen der Ravensteins vor erwartungsvoller Spannung. Die Rabenhalle, nun geschmückt mit einer Mischung aus Eleganz und Macht, war ein Sammelpunkt für die stärksten Mitglieder der Familie.Über hundert Personen mit mindestens dem Meisterrang hatten sich versammelt. Sie teilten ein gemeinsames Merkmal – ein Schwall weißer Haare, der ihre Abstammung kennzeichnete.
Die Gene der Ravensteins besaßen eine unglaubliche Stärke, ein Vermächtnis, das sich nicht leicht brechen ließ. Nahezu alle Mitglieder der Ravenstein-Familie hatten auffallend weißes Haar, wobei rund 99 % dieses einzigartige Merkmal aufwiesen. Es schien, als hätte ihre Herkunft ihren körperlichen Erscheinungsbildern einen unauslöschlichen Stempel aufgedrückt und ließ die Kraft ihrer Abstammung erahnen. Dieses dominante Merkmal überdauerte Generationen und überwältigte die Gene von Individuen, die versuchten, sich mit dem Erbe der Ravensteins zu vermischen.
Die Ravenstein-Familie verfügte über mächtige Mitglieder, die die verschiedenen Bereiche der Familie leiteten. Sie waren so eindrucksvoll, dass ihre Macht den gesamten Saal erfüllte. Unter ihnen waren Mitglieder, die Schlüsselpositionen im Militär innehatten und vorübergehend Urlaub gewährt bekamen, um das Andenken an Ariel zu ehren. Sie waren vereint in ihrem Streben, der Hauptfamilie zu dienen und deren Ideale hochzuhalten.
Ihre Sitze waren akkurat aufgereiht, so dass sie einander gegenüberstanden als würden sie sich unterhalten. Eine freie Bahn führte von der Tür zu den großen Thronen am anderen Ende des Saals. Doch sogar noch beeindruckender waren diese majestätischen Throne, die hoch über alles andere erhoben waren. Sie standen symbolisch für Macht – etwas, das jeder spüren konnte und das sich über Generationen in der Familie weitervererbte.
Während sie sich in ihre penibel arrangierten Sitze niederließen, begannen sie Gespräche. "Was für eine Versammlung heute Abend", bemerkte einer, während sein Blick durch die Halle schweifte.
"Ja, in der Tat", entgegnete ein anderer und nickte zustimmend. "Es ist schon zu lange her, dass wir uns so versammelt haben." "Traurig, dass es aus Anlass eines Todesfalls ist", sagte eine Frau in gedämpftem Ton.
Ihre Stimmen hallten durch die Halle und erzeugten ein Gefühl der Kameradschaft.
In der ersten Reihe saßen Lyanna, Nathan und Sirius.
"Ich sehe, du hast kein Gewicht verloren, Nathan", neckte Sirius mit einem hinterlistigen Grinsen.
Nathan lachte, seine Augen lächelten mit. "Ach weißt du, Sirius, manche Schlachten entscheidet man sich eben nicht zu schlagen", witzelte er. "Wer braucht schon eine schlanke Linie, wenn man ein gutes Festmahl genießen kann?"
"Stimmt, stimmt. Du hast die Dinge immer auf deine eigene Art gemacht, Nathan. Aber isst ja nicht zu viel; wir wollen nicht, dass ein Ravenstein an einem Herzinfarkt dahinscheidet."
Noch bevor Nathan antworten konnte, fiel ihm Lyanna ins Wort, halb amüsiert, halb genervt. "Könntet ihr beiden aufhören zu streiten? Wir haben Wichtigeres zu besprechen. Sie werden bald eintreffen."
Nathan setzte gespielt einen Schmollmund auf und drehte sich beleidigt weg, während Sirius kicherte und Lyanna zustimmte. "Du hast recht, Lyanna. Die Späße heben wir uns für später auf."
Während der Saal noch von angeregten Unterhaltungen erfüllt war, änderte sich die Atmosphäre, als Magnus, Freya, Avalon und Anastasia eintraten. Ihre Anwesenheit gebot Aufmerksamkeit und brachte den Raum zum Schweigen.
Magnus und Freya nahmen ihre Plätze ein, während Avalon und Anastasia auf kleineren Thronen in der Nähe saßen und damit die Kraft und Einheit der Ravenstein-Familie darstellten.
Eine gespannte Stille ergriff den Raum, die die Bedeutung des Augenblicks unterstrich. Dann durchbrach Magnus mit seiner autoritären Stimme die Stille: "Lasst die Versammlung beginnen."