Kiyomi wartete nun schon seit 3 Monaten auf diesen Anruf, den Ferruccio ihr versprochen hatte, Doch leider ging es im Anruf weniger um sie oder ihren Mann, sondern mehr darum, dass es wohl noch länger dauern könnte diesen Fall der Mordserie zu lösen.
F: „HEY HEY!"
K: „Was für HEY HEY?! Wie geht's es dir? Wieso hast du so lange nicht mehr angerufen?"
F: „So lange war das gar nicht her…"
K: „Ach, nur alle 3 Monate anzurufen ist also keine lange Zeit?"
F: „Früher war es noch angemessen und jetzt nicht mehr?"
K: „Es war nicht angemessen, sondern verständlich. Vor allem weil wir dachten, dass du eh bald wieder da bist."
F: „Ja…Was das angeht."
K: „NEIN! Nein Ferruccio! Einfach Nein!"
F: „Es tut mir leid."
K: „Wieso geht es da nicht mehr voran bei dir?"
F: „Gut erkannt, dass es das nicht tut. Der Grund dafür ist: Wir haben keine Verdächtigen, beziehungsweise könnte jeder in der Hauptstadt verdächtigt werden. Und zudem haben wir nun auch erfahren, dass diese scheinbaren Ritualmorde nun auch an anderen Orten durchgeführt werden. Sie scheinen ein großes Netzwerk im Verbund zu haben. Anders wäre es nicht zu erklären, wie die Informationen zum Ritual nach so langer Zeit nun sogar an scheinbar unbeteiligte Gegenden kommen."
K: „Ja schon, aber du wirst es doch schon bald lösen können, oder? Wenn du erstmal einen handfesten Beweis hast…"
F: „Ich wünschte ich könnte das so sicher sagen, aber mittlerweile…"
K: „Sag doch sowas nicht Ferro. Sag mir mehr, was passiert ist. Vielleicht kann ich dir wieder einen Anstoß geben, damit du auf neue Gedanken kommst und dann…"
F: „Das ist genau das, was ich schon immer an dir geliebt habe. Ich wünsche mir wirklich mit allem was ich bin, dass du mir wirklich dabei helfen kannst, der Fall gelöst wird und die Schuldigen bestraft werden. Ich würde es mir mehr wünschen als alles andere. Aber ich kann es dir nicht sagen. Jeder, der auch nur im Entferntesten mit dem Fall arbeitet, wenn auch nur mit Papierkram, hat keine Ahnung, wie dieser Fall aufzuklären sein soll. Es ist unlogisch, dumm, brutal und herzlos."
K: „Herzlos?"
F: „Ja, die Herzen der letzten Opfer wurden allesamt entfernt."
K: „Waren es nicht ursprünglich die Köpfe?"
F: „Das ist es ja. Das waren sie. Wir wissen weder warum noch zu welchem Zweck nun plötzlich die Herzen entfernt werden."
K: „Ihr habt doch schon über ein mögliches Ritual nachgedacht?"
F: „Ja, aber wenn das der Fall ist, dann wissen wir immer noch nicht, wieso sie die Herzen brauchen. Wir wissen auch nicht, was als nächstes kommt. Und schon gar nicht, wer dafür verantwortlich ist."
K: „Ich habe genau 2 Ideen."
F: „Aha, lass hören."
K: „Es ist zwar fast dasselbe, aber vielleicht ist es ja ein Kult, der Organe und Innereien sammelt?"
F: „Wofür brauchen sie einzelne abgestorbene Organe, aber Ok. Und die andere Idee?"
K: „Vielleicht liegt ja darin der Denkfehler Ferro."
F: „Was meinst du damit?"
K: „Du solltest nicht davon ausgehen, dass die Organe abgestorben oder tot sind. Du weißt doch gar nicht genau, wann sie rausgenommen wurden. Und weißt du denn, ob sie nicht vielleicht gekühlt transportiert wurden?"
F: „Da werde ich Baff…Wie kommst du auf so eine grausame Möglichkeit?"
K: „Doch nicht ich. Die könnten das denken. Solche Kultisten habe ich schon mal gesehen. Echt gruselig. Die könnten allesmögliche machen, die haben keine Menschlichkeit mehr in sich."
F: „Du kanntest Kultisten, die ihren Opfern die Organe ausgenommen haben?"
K: „Nein, nicht persönlich. Ich habe nur mal so eine Doku gesehen. Woah. Nie wieder."
F: „Eine Doku über Kultisten?"
K: „Nein streng genommen über einen Kultisten, der ausgestiegen ist. Der hat seine Geschichte erzählt und das alles dann dem Fernseherteam mitgeteilt."
F: „Oh, na dann…Tja…Das war dann die eine Idee, und was ist mit der anderen?"
K: „Die andere? Hmmm…Sie sind wahnsinnige Gottesanbeter, die die Organe von würdigen Opfern ausnehmen, dann zusammenbauen, um dann ihrem Gott einen Körper zu schenken und ihn auf diese Sterbliche Welt loszulassen."
F: „Ah…Das klingt absolut krankhaft. War das auch aus einer Doku oder einer Serie?"
K: „Nein…Das habe ich mir gerade eben nur ausgedacht…"
F: „Oh Gott, das ist erschreckend…Aber ich verstehe was du meinst. Ich werde deine Ideen mal weiterleiten und überprüfen."
K: „Ja, mach das. Ich helfe gerne."
F: „Sicher…"
K: „Ferro? Ist auch alles gut?"
F: „Ja, den Umständen entsprechend geht es."
K: „Was ist denn sonst noch so los? Ich merke doch, dass es nicht nur um den Fall geht."
F: „Nun ja, ich fühle mich etwas schuldig, dass es hier bei mir so lange dauert. Ich wäre so gerne schon jetzt zu Hause, aber ich komme hier nicht voran. Ich weiß, dass es nichts mit meinen Fähigkeiten zu tun hat, aber ich fühle mich dennoch mittlerweile etwas unfähig muss ich sagen."
K: „Das musst du nicht. Es ist eine Neue, unbekannte Situation mit unbekannten Variablen, die sich scheinbar immer wieder ändern. Aber da fällt mir noch etwas ein."
F: „Du bist einfach die beste. Was hast du noch für eine Idee?"
K: „Ich habe eine Vermutung, was als nächstes passieren wird."
F: „Wie passieren? Meinst du in der Mordserie?"
K: „Ich hatte folgende Überlegung, also es ist sehr symbolisch, passt dann aber in das Thema mit dem Kult oder dem Ritual."
F: „Erzähl mal…"
K: „Der Kopf zum Denken. Das Herz zum Fühlen. Der Magen für die Speisen, also Genuss. Die Leber für die Entgiftung, also Reinigung. Das Genital für die Fortpflanzung. So etwas."
F: „Wie kommt man auf so etwas? …Ich habe mir das mal aufgeschrieben. Jede Idee könnte weiterhelfen."
K: „Also kommst du dann bald wieder?"
F: „Ich kann es nur versuchen, aber nicht versprechen. Es tut mir leid."
K: „Nein, nein…Ich verstehe das…Ja, ich verstehe deine Situation…"
F: „Danke Kiyomi. Du bist mir auch dann eine Hilfe, wenn das alles nichts gebracht haben sollte. Aber Ich baue darauf und ich schätze deine Hilfe auch sehr."
K: „Ja…"
F: „Ich werde damit sicherlich gut arbeiten können. Danke."
K: „Hör auf dich zu bedanken und komm nach Hause."
F: „Das…hast du gut gesagt…"
K: „Ist ja auch wahr. Mach diese Scheiße dort endlich fertig und schnapp sie dir alle. Ich verprügle sie dann alle eigenhändig in den Knast!"
F: „Ja…danke…Ich muss dann auflegen. Grüß Akio von mir."
K: „Ja sicher…Bis dann."
F: „Tschau."
K: „Tschö!"
Kiyomi legt den Hörer auf den Tisch und packt sich mit beiden Händen an den Kopf. Sie legt ihren Kopf auf den Tisch und atmet schwer aus. Sie legt ihren Kopf zur Seite und murmelt vor sich hin:
„Wann kommst du endlich wieder nach Hause Ferro?"
Akio ist nun wieder zuhause angekommen und springt ohne Umschweife direkt wieder auf das Thema mit Sophie von vorhin an. Doch seine Mutter scheint verwirrt wegen etwas zu sein und antwortet nicht.
A: „Mama, ich brauche dringend deinen Ratschlag…Mutter?"
K: „Das kann doch einfach nicht wahr sein…"
A: „Mama?"
K: „Ha?"
A: „Was ist los Mama?"
K: „AH nichts…Nichts… Was hast du nochmal gesagt?"
A: „Geht's dir heute nicht gut?"
K: „Nein, nein alles gut…Nein eigentlich nicht… Es ist nur…Ach egal"
A: „Pfuuhhh…Echt jetzt? Du jetzt auch noch? Es stimmt wohl, dass Frauen einfach nicht wissen was sie denken oder fühlen?"
K: „Akio?? Woher kommt diese kritische Haltung?"
A: „Zuerst bei Sophie und Lirien und jetzt auch bei dir. Ich verstehe euch nicht! Wieso sagt ihr immer, dass euch das und das wichtig ist und dann ist es euch noch im gleichen Satz wieder egal! Wieso? Man weiß doch was man fühlt!? Männer sind da viel logischer und bedachter."
K: „Das ist unfassbar frech von dir Akio! Weißt du denn gar nicht, dass man manchmal ganz genau weiß, was man fühlt, aber man die anderen damit einfach nicht belasten möchte?"
A: „Nein, das weiß ich nicht und es ist mir egal."
K: „Siehst du? Das war genau, was ich eben gesagt habe! Du weißt nicht was du fühlst und es ist dir egal. Du versuchst es auch nicht einmal zu verstehen. Anders als du sind Mädchen wie Ich, Lirien und Sophie viel bedachter und das was du da vorhin gesagt hast von Wegen, dass Männer ja viel logischer Denken scheint hier wohl gar nicht mehr zu stimmen! Du hörst nur noch dir zu. So wie es jeder Mann tut! Nur für sich selbst sind sie da! Das sind allesamt komplette Spinner! Keine Ahnung von menschlichen Gefühlen oder den Gefühlen einer Frau!
Wir versuchen euch nicht mit unseren Problemen zu belasten und tragen das alles in uns. Wir fressen uns voll mit unserem Kummer und Sorgen, dass wir kaum noch geradeaus laufen können. Und ihr Vollidioten von Menschen steht nur da und sagt, dass ihr nichts versteht! Ihr versucht es doch nicht einmal. Ihr wollt es doch nicht! Ihr seid nur gut genug für euch selbst! Ihr seid der Abschaum der Geschichte. Der Untergrund der Menschlichkeit.
Ihr seid nicht mehr als der Dreck auf dem Boden eines Tierstalls. Ihr seid einfach nicht in der Lage uns Frauen zu verstehen und behauptete trotzdem das Stolze, Starke Volk zu sein. Die Intelligentesten und besten in allem. Ihr meint immer, dass ihr in allem besser seid als Frauen, aber könnt die simpelsten Dinge nicht einmal!
Wie sollten wir das auch schaffen, wenn wir ständig vollbeladen mit allen unseren Problemen auf uns, blind in dieser Welt umherwandern? Wie sollen wir klug, erfolgreich, gebildet oder schön sein, wenn es doch die Männer sind, die die Standards dafür setzen? WIE? SAG MIR WIE?
Und dann wundert ihr euch auch noch, warum wir nichts mit euch dummen Deppen zu tun haben wollen. Warum wir euch mit jedem Mittel und Zweck und jedem Fleckchen unsere Seele Hassen!? SEID IHR EIGENTLICH KOMPLETT BESCHEUERT? WIE KANN MAN DAS NICHT VERSTEHEN? WIE KANN MAN DAS NICHT SEHEN?"
Akio: „Ah…Mama?"
K: „Ah, ähm…Entschuldige…das war nicht was ich sagen wollte…"
Akio war wie gelähmt, nachdem er eben die Rede seiner Mutter gehört hatte. In einer Monotonen Sprechlage antwortete er seiner Mutter:
A: „Ich habe genug gehört, ich gucke lieber in der Bibliothek nach."
K: „Was? Aber ich kann dir doch auch dabei helfen!?"
A: „Nein, das passt schon. Der dumme, bescheuerte Vollidiot geht jetzt lieber…"
K: „Warte nein, so war das nicht…Ich meinte damit nicht dich. Ich wollte doch gar nicht…Akio, warte."
A: „Tschüss. Ich gehe. Das schaffe ich wohl noch."
Kiyomi sah zu wie Akio langsam von seiner Mutter weg ging und in Richtung Haustür. Akio rannte die Treppen im Flur hinunter und ging danach mit geneigtem Kopf nachdenklich durch den Park.
Kiyomi blickte durch das Fenster im Wohnzimmer, wo sie sah, wie Akio im Park herumschlenderte. Sie war traurig und spürte etwas, das man am ehesten mit einer Enttäuschung von sich selbst beschreiben könnte. Doch sie entschied sich dazu Akio einfach erstmal für sich alleine zu lassen. Sie selbst brauchte jetzt wohl auch diese Zeit alleine.
K: „Was habe ich da nur gesagt? Wieso kam das jetzt einfach so raus? Ich hätte aufhören sollen zu reden. Verdammt! Wieso wiederholt sich diese Scheiße im Leben einfach immer wieder? Kann es nicht einmal, ein einziges Mal gut gehen? Zuerst die Sache mit Ferros Arbeit und das es wohl alles länger dauert und jetzt das…Was habe ich nur getan, um so bestraft zu werden?"