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99 Prozent Vater-Tochter-Beziehung

Kathleen hielt den Anhänger in der Hand und konnte auch nach längerem Hinsehen keine Linie erkennen, bis Elisabeth ihr eine unscheinbare, dünne Linie zeigte. An deren Ende befand sich tatsächlich die Vertiefung, von der sie gesprochen hatte.

Sie nahm eine Nadel vom Tisch, drückte mit deren Spitze leicht in die Vertiefung und der Anhänger öffnete sich, um einen halbierten violetten Ring preiszugeben.

Es ist nicht weiter verwunderlich, dass Elisabeth sprachlos war, weil es einfach unglaublich war.

"Du fragst dich sicher, wie ich all das weiß, meine Liebe."

"Mm hmm", nickte Kathleen, immer noch wie in Trance.

"Ich bin Schmuckdesignerin und bekannt als Ellee."

"Heiliger Strohsack! Das meinst du doch nicht im Ernst, oder?" Kathleen war so aufgeregt, dass sie kaum stillsitzen konnte.

"Du bist nicht zufällig Ellee, die Juwelierin, über die alle reden?"

"Ich bin tatsächlich ein und dieselbe Person", bestätigte Elisabeth und lächelte sanft, "aber ich glaube nicht, dass ich so fantastisch bin."

"Du machst wohl Witze. Wenn du nicht fantastisch bist, wer dann?" Kathleens Augen leuchteten vor Bewunderung.

"Lassen wir das", winkte Elisabeth ab. Sie war Kathleens Verhalten gewohnt; die Leute reagierten immer so, wenn sie erfuhren, dass sie Ellee war.

"Vor vierundzwanzig Jahren wurde mir eine unheilbare Krankheit diagnostiziert, und mir blieben angeblich nur sechs Monate zu leben", begann sie.

"Ich war so aufgewühlt, als ich das Krankenhaus verließ, dass ich nicht bemerkte, wie ich mitten auf die Straße lief und beinahe von einem Auto erfasst wurde. Doch wie aus dem Nichts rettete mich eine junge Frau."

"Später erfuhr ich, dass sie Ärztin war, spezialisiert auf alternative Medizin."

"Durch sie fand ich zurück ins Leben, und danach wurden wir beste Freundinnen."

"Du fragst dich bestimmt, was das alles mit deinem Jade-Anhänger zu tun hat, nicht wahr?"

"Mmm hmm", nickte Kathleen geistesabwesend, bereits in die Geschichte vertieft.

"Meine Freundin verliebte sich drei Jahre später und reiste mit diesem Mann ins Ausland. Als sie zurückkehrte, erzählte sie mir, dass sie verheiratet und schwanger war. Natürlich war ich sauer auf sie, nicht wegen der Schwangerschaft, sondern weil sie mich, ihre beste Freundin, nicht über ihre Heirat informiert hatte. Es fühlte sich an, als bedeutete ich ihr nichts."

"Sie entschuldigte sich aufrichtig, und ich verzieh ihr unter der Bedingung, Patin ihrer Zwillinge zu werden, was sie gerne akzeptierte."

"Als die Kinder geboren wurden, entwarf ich persönlich ein Paar Jade-Anhänger, die ich ihnen zur Taufe schenkte."

Inzwischen ahnte Kathleen, wohin die Geschichte führte, und atmete kurz und schnell, voller Spannung auf das, was Elisabeth als Nächstes sagen würde.

"Der Anhänger, den du in Händen hältst, ist einer von diesen. Ich habe die Initialen der Kinder speziell in jeden von ihnen eingraviert."

Kathleens Hände zitterten ununterbrochen, als sie den Anhänger noch einmal näher betrachtete, um den Ring darin erneut zu begutachten.Da stand es klar und deutlich geschrieben – 'JRW'.

"Ich glaube, du hast es gesehen", sagte Elizabeth. Es klang mehr wie eine Feststellung als eine Frage.

"JRW, das steht für Jason Robin Wyatt und Janice Robin Wyatt. Das waren die Namen der Babys."

"Unglücklicherweise brach genau zwei Wochen nach der Taufe der Babys ein mysteriöses Feuer in dem Herrenhaus aus, in dem meine Freundin mit ihrem Mann lebte, und eines der Babys wurde entführt."

"Sie war nach diesem Vorfall so verzweifelt, dass sie sich von der Öffentlichkeit zurückzog und ihr Leben der Aufzucht ihres einzigen überlebenden Sohnes widmete."

"Ich verstehe immer noch nicht. Glauben Sie wirklich, dass ich... dass ich die verschwundene Tochter Ihrer Freundin bin?", stammelte Kathleen verwirrt und beinahe ohne Zusammenhang.

Elizabeth holte tief Luft, bevor sie fortfuhr.

"Kathleen", sie griff nach ihren Händen, ihr Blick wich nicht von Kathleens Gesicht, "erinnerst du dich, als wir uns nach dem Unfall zum ersten Mal begegnet sind? Ich war von der Besonderheit deiner Augen fasziniert und machte sogar eine Bemerkung darüber."

"Ja, ja, das erinnere ich mich. Nicht nur Sie, auch Professor Gaius sprach es an, ich kann sein verdutztes Gesicht von damals nicht vergessen."

"Die Augen des Mädchens waren nach der Geburt der Babys so besonders gefärbt, dass sie die Bewunderung aller auf sich zogen. Sie waren wunderschön violett, genauso wie die Farbe deiner Augen, die zufälligerweise auch die Augenfarbe meiner Freundin ist."

Kathleen schien wie gelähmt und die Luft um sie herum war wie entwichen, während sie mit weit aufgerissenen Augen ins Leere starrte, unfähig zu begreifen, was sie soeben gehört hatte.

"Ich hatte immer noch Zweifel, ob du wirklich die Tochter meiner Freundin bist, aber diese wurden ausgeräumt, nachdem ich Professor Gaius getroffen hatte", fand Elizabeths Stimme den Weg durch Kathleens Gedanken.

"Du hast dich vorhin gefragt, worüber ich so oft mit Professor Gaius spreche."

"Als du ins Krankenhaus eingeliefert und getestet wurdest, zeigte sich, dass du eine ungewöhnliche Blutgruppe hast: Rh-Null, auch als Goldenes Blut bekannt."

"Laut ihm gibt es weniger als fünfzig Menschen auf der ganzen Welt, von denen bekannt ist, dass sie solches Blut haben."

"Und es stellt sich heraus, dass er einen von ihnen kannte – den Ehemann meiner Freundin."

'Das erklärt, warum sein Interesse an meinem Fall damals geweckt wurde. Jetzt macht alles Sinn', murmelte Kathleen vor sich hin.

"Doch", fuhr Elizabeth fort, "das allein war noch kein Beweis. Also haben wir heimlich einen DNA-Test gemacht, damit wir weder deine Hoffnungen noch die der Familie unbegründet wecken."

"Und..." in Kathleen sträubten sich buchstäblich die Nackenhaare.

"Der Bericht zeigt eine 99,9-prozentige Wahrscheinlichkeit einer Vater-Tochter-Beziehung."

Kathleens Hände hoben sich langsam, als sie auf ihren Mund zeigte, kaum fähig, einen Satz zu beenden: "Sie meinen... Sie haben meine leiblichen... Eltern gefunden?"

In diesem Augenblick öffnete sich die Tür und der Butler trat ein, dicht gefolgt von einem Mann und einer Frau.

Beim Anblick der beiden zog sich Kathleens Magen schlagartig zusammen, ein Strahl schoss aus ihrem Unterleib die Beine hinab auf den Boden.

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