Su Xingfu winkte abweisend mit der Hand und befahl: "Holt den Hausarzt, er soll prüfen, was in der Vogelnestsuppe ist."
Er war sich bewusst, dass seine beiden Töchter nie ein gutes Verhältnis zueinander hatten. Su Bei, die Tochter seiner ersten Frau, wurde verhätschelt, während Su Huixian, die Tochter seiner zweiten Frau, sich toleranter verhielt. Nur mit eindeutigen Beweisen ließe sich dieser Konflikt lösen.
Der Hausarzt erschien bald mit seinem professionellen Equipment und begann die Suppe zu untersuchen.
"Huixian, gib mir dein Handy", fügte Su Xingfu hinzu.
"Su Bei hat es zu Boden geworfen! Ich habe es seitdem nicht berührt", rief Su Huixian kläglich.
Su Xingfu hob das Handy vom Boden auf und überprüfte den Anrufverlauf. Dort stand, dass vor etwa zehn Minuten ein Anruf getätigt worden war, der Zeitpunkt stimmte mit dem überein, den Su Bei angegeben hatte.
Su Bei warf einen beiläufigen Blick auf den Anrufverlauf. Sie war gespannt, wie Su Huixian das mit diesen handfesten Beweisen abstreiten wollte.
Su Xingfu wählte die unbekannte Nummer, die im Anrufverlauf aufgeführt war. Bald sagte eine automatische Stimme: "Drücken Sie bitte 1 für die Kontostandsabfrage und 2 für die Zahlung..."
Su Beis hübsches Gesicht verdüsterte sich. Wie konnte das sein? Gerade eben hatte Su Huixian jemanden angerufen und Bodyguards aufgefordert, sie zu vergewaltigen, aber sie hatte das Handy weggeschnappt, bevor Su Huixian ihre Worte beenden konnte. Es war unmöglich, dass der Anrufverlauf manipuliert worden war.
Aber der Anrufverlauf zeigte deutlich, dass der letzte Anruf zu einer Telekommunikationsfirma gegangen war.
Alle blickten Su Bei mit Verdacht und Enttäuschung an.
Su Huixian weinte bitterlich, als hätte sie großes Unrecht erfahren.
Su Bei ballte ihre Fäuste. Das ergab keinen Sinn. Irgendetwas stimmte nicht.
Zum Glück konnte man dem Hausarzt vertrauen, also wandte sie sich an ihn und fragte: "Doktor Wen, was haben Sie herausgefunden?"
"Fräulein Bei, in der Vogelnestsuppe ist nichts Auffälliges", antwortete Doktor Wen sanft.
"Aber sie schmeckte komisch, als ich sie gegessen habe. Und Su Huixian hat zugegeben, dass sie etwas hineingemischt hat...", erinnerte Su Bei sich an die kalte Stimme Su Huixians, die sich in ihr Gedächtnis eingeprägt hatte.
"Es ist wirklich nichts Ungewöhnliches darin, Fräulein Bei", betonte Doktor Wen erneut.
"Su Bei, ich habe dir doch gesagt, dass ich dir nie wehtun wollte", sagte Su Huixian, immer noch mit einem ausdrucksvollen Gesicht, das sofort das Mitgefühl aller erregte.
Du Luo sah sie sanft an, um sie zu trösten.
Im Vergleich zu Su Bei, die selbst in dieser Lage Würde und Eleganz ausstrahlte, erschien Su Huixian bloß bemitleidenswert.
Plötzlich hatte Su Bei eine Erleuchtung.
Sie verstand auf einmal alles! Von Beginn an war nie ein Medikament in der Suppe gewesen. Su Huixian hatte nur so getan, als hätte sie den Anruf getätigt. Sie hatte die ganze Situation fingiert, um Su Bei dazu zu bringen, sie anzuklagen. Wenn dann die Wahrheit ans Licht käme, könnte Su Bei sich nicht verteidigen und würde das Vertrauen aller verlieren.
Su Bei drehte sich zu ihrem Vater um und begann aufgeregt zu erklären: "Vater, ich verstehe jetzt, was passiert ist. Su Huixian hat das alles absichtlich inszeniert, um..."
Bevor Su Bei ihre Erklärung beenden konnte, versetzte ihr Su Xingfu eine Ohrfeige.
Alle Anwesenden waren von der Ohrfeige leicht geschockt. Die Stimmung wurde unangenehm und angespannt.
Su Huixian, die hinter Su Xingfu stand, hob ihr Kinn und warf Su Bei ein triumphierendes Lächeln zu.
Su Bei jedoch war nicht in der Stimmung, Su Huixian anzusehen. Sie hielt sich die brennende Wange und sah ihren Vater fassungslos an.