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Jemand neues tritt auf den Plan

Der Nachmittag in den Gärten der Akademie der Astralen Künste war von einer beinahe unerträglichen Hitze durchzogen. Die mächtigen Bäume, die in geordneten Reihen entlang der Wege standen, warfen nur wenig Schatten auf den weiten, offenen Platz. Amaya hatte sich in die kühlen Schatten eines nahegelegenen Pavillons zurückgezogen, den Blick auf den weiten, sich windenden Garten gerichtet. Ihre Gedanken waren wie wirbelnde Blätter, unaufhaltsam in alle Richtungen, während der Drang, sich endlich an diesem Ort zurechtzufinden, sie zunehmend überforderte.

Der Beginn der Woche war eine Achterbahnfahrt gewesen. Immer wieder musste sie feststellen, wie sie sich zwischen den aufregenden und beängstigenden Erlebnissen in der Akademie verlor. Die Akademie war anders als alles, was sie zuvor gekannt hatte. Hier ging es nicht nur um Wissen und Fähigkeiten, sondern auch um Macht. Die Schüler, die hier ausgebildet wurden, besaßen nicht nur magische Kräfte, sondern auch eine bemerkenswerte Fähigkeit, Macht zu erkennen und zu nutzen.

Ein knarrendes Geräusch weckte Amaya aus ihren Gedanken. Sie drehte sich schnell um und bemerkte, wie sich eine junge Frau mit selbstbewusstem Schritt durch die Gänge des Gartens näherte. Ihre Erscheinung war sofort auffällig: langes, silbernes Haar, das sanft im Wind wehte, und ein unbestreitbares Gefühl von Eleganz, das sie wie eine natürliche Anführerin in der Menge erscheinen ließ. Sie war allein, ihre Bewegungen fließend, als würde sie den Garten ebenso beherrschen wie die Akademie selbst.

Erynn.

Der Name kam Amaya in den Sinn, als sie die Frau in ihrer Nähe erkannte. Sie hatte bereits von Erynn gehört, der Schülerin mit außergewöhnlichen Fähigkeiten, die nicht nur für ihre Zauberkunst, sondern auch für ihre beeindruckende Präsenz bekannt war. Es war unmöglich, ihren Charme und ihre Ausstrahlung zu übersehen. Erynn hatte die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit eines jeden Raumes auf sich zu ziehen, ohne ein einziges Wort zu verlieren.

Amaya konnte nicht anders, als sie zu beobachten, wie Erynn mit einer scheinbaren Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit den Weg entlangschritt. Ihre Schritte hinterließen keinen Widerstand, ihre Haltung war von einer fast königlichen Haltung geprägt. Erynn war die Art von Person, bei der man sofort wusste, dass sie immer wusste, was sie wollte, und es mit einer solchen Leichtigkeit bekam, dass es schon fast unheimlich war.

Amaya spürte, wie ihre Hände leicht zitterten, als sie versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Was wollte Erynn hier in den Gärten? Und warum war sie so aufmerksam auf Amaya geworden?

„Nun, nun, wer haben wir denn hier?", erklang plötzlich Erynns Stimme. Sie hatte sie bemerkt. Ihre Worte waren ruhig, aber mit einer unmissverständlichen Neugierde durchzogen. Es war, als ob sie die Fähigkeit hatte, in einem einzigen Blick Amayas tiefste Unsicherheiten und Ängste zu lesen.

„Ich... ich bin Amaya", stammelte Amaya, ihre Nervosität war offensichtlich. Sie stand auf, ihre Hände verschränkten sich hinter ihrem Rücken, während sie versuchte, ein wenig Selbstbeherrschung zu wahren. Sie wusste nicht, was sie erwarten sollte, als sie vor Erynn stand. Sie hatte in den wenigen Tagen, die sie nun in der Akademie verbrachte, nur Gutes über sie gehört. Aber dieses persönliche Gespräch, diese Nähe, machte ihr zu schaffen.

Erynn lächelte sanft, fast ein wenig spöttisch, als sie Amayas Reaktion wahrnahm. Es war nicht das Lächeln einer Person, die sich um jemanden kümmerte, sondern eines, das ein wenig zu selbstsicher war, als ob sie das Spiel schon längst verstanden hatte.

„Amaya, was für ein schöner Name", sagte Erynn mit einem charmanten, fast verspielten Ton, der Amaya sofort das Gefühl gab, dass sie diejenige war, die sich beweisen musste, nicht die andere. „Du bist also die Neue, von der alle sprechen. Einem Gerücht nach bist du ziemlich talentiert. Bist du sicher, dass du hier wirklich richtig bist?"

Amayas Augen weiteten sich überrascht. „Was meinen Sie?"

Erynn trat einen Schritt näher, ihre Stimme senkte sich ein wenig, als sie fortfuhr: „Nun, die Akademie ist ein Ort der Meister. Es gibt hier viele wie dich – die glauben, sie könnten ein großes Talent haben. Aber nicht alle sind dafür gemacht, hier zu überleben."

Amaya fühlte sich von Erynns Worten fast wie eine Angreiferin getroffen, als ob sie plötzlich die gesamte Last ihrer eigenen Unsicherheit und der eigenen Ängste spürte. Sie wollte etwas sagen, sich verteidigen, doch etwas in Erynns Blick hielt sie zurück. Die junge Frau war so selbstbewusst, dass es fast unheimlich war.

„Ich bin sicher, dass du deinen Platz hier finden wirst", fuhr Erynn fort, als ob sie Amaya mit einem einzigen Satz in ihre Welt aufnehmen wollte. „Aber es ist nicht einfach, zu bleiben. Das weißt du sicherlich, nicht wahr? Du wirst dich beweisen müssen."

„Ich werde...", begann Amaya, doch Erynn unterbrach sie mit einer fließenden Geste. Ihre Haltung wirkte fast überheblich, doch Amaya konnte nicht anders, als sie zu bewundern. Es war die Art von Selbstsicherheit, die sie sich immer gewünscht hatte, aber nie gefunden hatte.

„Ich denke, du solltest dich beeilen. Es gibt einige Schüler, die ziemlich konkurrenzfähig sind, und Jackson ist einer von ihnen", fügte Erynn hinzu, ihre Worte mit einem kaum wahrnehmbaren Lächeln garniert.

Amaya starrte sie an, ihre Gedanken rasten. Jackson. Natürlich hatte sie ihn nicht vergessen. Er war überall in der Akademie präsent, und jedes Mal, wenn sie ihn ansah, war er von dieser unerklärlichen Aura der Selbstsicherheit umgeben, die er mit Leichtigkeit auf andere übertrug. Aber was hatte Erynn mit ihm zu tun? Warum erwähnte sie ihn gerade jetzt?

„Jackson?" Amaya wiederholte den Namen leise, fast wie ein Echo, das sie selbst noch nicht ganz verstehen konnte.

„Ja, Jackson", antwortete Erynn, ihre Stimme war jetzt ein wenig gedämpfter, als sie die Aufmerksamkeit auf den Namen lenkte. „Er ist ein außergewöhnlicher Schüler. Aber auch er hat seine Ecken und Kanten, so wie jeder hier. Es wäre unklug, sich in seinen Weg zu stellen. Aber auch Jackson hat seine Schwächen. Und das weiß er sehr gut."

Amaya war verwirrt. Die Worte Erynns waren in ihrem Kopf ein Geflecht aus Rätseln, die sich miteinander vermischten. Warum sprach sie so über Jackson? Warum klang es, als sei sie ihm näher, als sie es in den wenigen Tagen seit ihrer Ankunft je bemerkt hatte? Und warum war ihr Gespräch jetzt so verschwommen, als würde Erynn sie gleichzeitig aufbauen und zerreißen wollen?

Erynn lächelte wieder, und diesmal war das Lächeln nicht mehr so angenehm. Es war kühl und durchdringend, als ob sie das Ende des Gesprächs bereits in der Tasche hatte.

„Du wirst sehen, Amaya", sagte sie mit einem leisen Lächeln, „alles hat seinen Platz hier. Du wirst bald wissen, wo du dich einordnen musst."

Bevor Amaya eine Antwort finden konnte, ging Erynn weiter, ihr silbernes Haar wehte sanft im Wind, und ihre Schritte klangen auf dem steinernen Weg wie ein leises Versprechen.

Amaya blieb zurück, ihr Herz pochte laut in ihrer Brust. Ihre Gedanken wirbelten, und ein Gefühl der Unsicherheit stieg in ihr auf, das sie nicht so leicht abschütteln konnte. Was hatte Erynn wirklich gemeint? Und was war mit Jackson? Warum hatte sie ihm gegenüber so viele Andeutungen gemacht, ohne ihn direkt anzusprechen?

Erynn war eine der wenigen Menschen, die Amaya das Gefühl gaben, sich selbst in Frage zu stellen. Doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie nicht aufgeben durfte. Sie musste herausfinden, was dieser Ort wirklich für sie bereithielt – und welchen Platz sie am Ende in dieser Welt der Magie und Macht einnehmen würde.

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