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EINE ZEIT ZUM ERWACHSENWERDEN - TEIL 1

Seit der Beerdigung von Fayes Mutter hatte sich ein kalter und unerbittlicher Regen über die Gemeinde Granshope Parish ergossen, der kein Ende zu nehmen schien.

Zu allem Übel erhielt Faye gleichzeitig von ihrem Adoptivvater, Baron Montgomery, Nachrichten über ihre Zukunft.

Es schien, als hätte ihr Stiefvater einen Weg gefunden, sowohl beim Glücksspiel Geld zu verdienen als auch sich ihrer zu entledigen.

Er plante, sie mit Herzog Thayer zu verheiraten. Sie, das unerwünschteste Kind der Familie Montgomery, sollte dazu benutzt werden, die jüngsten Heiratsforderungen des Königs zu erfüllen.

Faye runzelte die Stirn, als sie versuchte, sich daran zu erinnern, was sie über Herzog Thayer wusste.

Das beunruhigendste Gerücht, das sie gehört hatte, war, dass der Herzog ein blutrünstiger Dämon aus den Tiefen der Hölle sei, der von einer Lust am Krieg verzehrt wurde und absolut kein Mitgefühl für irgendjemanden oder irgendetwas hatte.

Doch sie ließ sich nicht auf solch grundlose Gerüchte oder kindisches Gerede ein. Sie ging immer vom Besten in einem Menschen aus, bis sie ihn besser kennenlernte.

Während Faye aus dem Fenster starrte und geduldig auf den Moment wartete, in dem sie ihren Bräutigam treffen würde, holte sie das plötzliche Kichern ihrer jüngeren Stiefschwester Alice hinter ihr in die Realität zurück.

Sie zuckte zusammen und spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog, als die Stimme des jüngeren Montgomery-Mädchens in bösartigem Spott aufging.

"Schau dich an, wie du dort stehst wie eine reglose Leiche und so mürrisch wartest. Ich frage mich, ob dieser Wilde von einem Herzog einen Rückzieher gemacht und dich verlassen hat? Vielleicht hat er entdeckt, was für ein hässliches Mädchen du bist."

Faye drehte sich um, um ihrer Stiefschwester gegenüberzustehen; sie sah, wie Alice ihren Mund mit ihrem Fächer bedeckte, um ihr Grinsen zu verbergen. Genau so, wie es die anderen Adligen taten, wenn sie bei Teepartys Geheimnisse austauschten und übereinander tuschelten.

Alice wedelte lässig mit ihrer anderen Hand in der Luft, während sie um Faye herumging und sie musterte. "Du weißt, du bist nicht der größte Fang. Ich habe unseren Vater sagen hören, dass du zu alt zum Heiraten bist."

Alices Worte brachen Fayes Herz; sie sollten doch eine Familie sein. Warum behandelte sie sie so?

Sie hörte ein weiteres beleidigendes Wort von Alices Lippen fallen. "Was für eine unansehnliche Frau du doch bist, Faye, ich bin schockiert, dass Vater dich noch nicht ins Jungfernheim geschickt hat."

Dann blieb sie stehen, direkt vor Faye, und ihre Augen verrieten ein bösartiges Grinsen hinter ihrem Fächer. "Wusstest du, dass er dich beinahe an Elliott im Imperial Inn verkauft hätte, um eine seiner Gastgeberinnen zu werden?" Diese Neuigkeit ließ Fayes Magen sich umdrehen, schockierte sie aber nicht.

Die junge Montgomery-Tochter fuhr mit ihrer Kritik fort.

"Es gibt in diesem Reich viele hübschere und weit kultiviertere Frauen als dich. Dieser Mann könnte jede von ihnen haben, die er will. Warum er sich für dich entschieden hat, ist ein völliges Rätsel ..."

Bevor Alice ihre Tirade beenden konnte, wurde sie von ihrem Zwillingsbruder Aaron unterbrochen.

"Er hat sie nicht ausgewählt, Schwester Alice. Diese Verbindung wurde dem Herzog aufgezwungen." Seine Worte waren ebenso scharf und zynisch wie die seiner Schwester.

"Der arme Mann tut mir sehr leid. Vater erklärte, es sei durch kaiserlichen Erlass und den Kaiser selbst verfügt worden, dass Herzog Thayer eine Braut nehmen soll. Der arme Kerl hatte bei dieser Angelegenheit keine Wahl."Die Ehe soll den Riss zwischen unseren beiden Adelshäusern schließen. Innerhalb der nächsten zwei Jahre sollen sie ein Kind bekommen, um unsere Familien zu vereinen und die jahrhundertealte Fehde zwischen uns zu beenden.

"Du kannst dich glücklich schätzen, dass Fayes Mutter tot ist, sonst wärest jetzt du es, liebe Schwester Alice, die diesen Wilden heiraten müsste – wie du ihn so gern nennst."

"Feier die Tatsache und sei deinem Vater dankbar, dass du nicht zum Spielzeug eines blutrünstigen Despoten gemacht wirst, der nichts anderes im Sinn hat, als aus reinem Vergnügen Gemetzel und Tod zu säen."

Aarons Gesicht verzerrte sich vor Abscheu, als seine eisig baltisch-blauen Augen auf Faye herab blickten.

"Das Beste, was der Mann jetzt hoffen könnte, ist, dass er einen Unfall mit der Kutsche hat und seinem Schöpfer begegnet, um diesem widerlichen Durcheinander zu entkommen."

Faye presste die Zähne aufeinander und erwiderte scharf nach Aarons letzter Bemerkung.

"Genug von deinem geschmacklosen Gerede, Aaron Montgomery. Du weißt genau, dass ich mir diesen Weg nicht ausgesucht habe. Stattdessen waren es dein Vater und der König von Minbury, die diese Entscheidung trafen. Ich bin nur das Gefäß, das in ihrem Auftrag handelt."

Auf Fayes Widerspruch reagierte Aaron, indem er seine Hand durch die Luft schwang und ihr eine schallende Ohrfeige verpasste. Es war ein so kräftiger Schlag, dass sie zu Boden fiel.

Die Stelle auf ihrer blassen Haut, wo seine Hand sie getroffen hatte, färbte sich leuchtend rot. Sie hielt sich das Gesicht und saß betäubt auf dem Boden, entschlossen, nicht zu zeigen, wie sehr es schmerzte.

Als Faye sich vom Holzboden erhob, dachte sie insgeheim, dass sie fast dankbar dafür war, in eine Ehe verheiratet worden zu sein. Nie wieder müsste sie unter der Hand ihres Bruders leiden.

Der Butler der Wintersholds stürzte aufgeregt in den Salon, unterbrach Aaron und versetzte alle in Erwartung des rätselhaften Gastes in Schrecken. Mit zitternder Stimme verkündete er:

"Ich sehe Pferde und Ritter, die den Kutschenweg entlangkommen."

Kaum hatte sich Faye wieder aufgerichtet, als sie gegen die eiskalte Fensterscheibe gedrängt wurde und das aufgeregte Gemurmel der anderen hörte, die zum Fenster strömten.

Sie konzentrierte sich auf das Geräusch der pferdehufe, welche schwerer und lauter wurden, je näher sie dem Anwesen der Wintersholds kamen. In ihrer Seele spürte sie einen Schauder, als wenn sich das Geräusch ihres bevorstehenden Untergangs näherte.

Wie eine prophetische Warnung zuckte ein Blitz über den Himmel, gefolgt von einem tiefen und nachhallenden Donnergrollen, das die drückende Luft im Salon zittern ließ. Es ließ die Anwesenden im Zimmer zusammenzucken. Die beiden Geschwister stellten ihr Tratschen abrupt ein, da ihre Münder durch den lauten Lärm des Unwetters effektiv zum Schweigen gebracht wurden.

Faye blickte durch die regennassen Fensterscheiben, während der Sturm immer stärker wurde. Sie konnte die Silhouette der herannahenden Kutsche erkennen. Sie presste ihr heißes, geschwollenes, schmerzendes Gesicht gegen das kalte Glas, um die Schmerzstelle, wo Aaron sie geschlagen hatte, zu kühlen.

Aus den Augenwinkeln heraus sah sie, wie Pferde und Ritter in einer großen Eskorte der Kutsche folgten. Faye drehte den Kopf für einen besseren Blick und beobachtete, wie das Gefährt unter dem Portikus zum Stehen kam. Es blockierte ihr den Blick auf den Fahrgast, der aus dem Pferdewagen stieg.

Sie konnte nur seine hohen schwarzen Lederstiefel sehen, wie sie auf den Boden aufschlugen und das schmutzige Regenwasser auf die Gamaschen spritzten. Faye konnte das Klappern seiner Sporen hören, als er über den schlammigen Weg zum Eingang schritt.

Als er vorbeiging, bemerkte sie den unteren Rand seines geölten Mäntels. Das Innere war mit schwarzem Wolfsfell gefüttert. Als Faye dies sah, wurde ihr klar, dass dieser Mann tatsächlich wohlhabend sein musste, um solch feine Kleidung zu tragen. Entgegen dem, was ihr Vater und ihre Geschwister behauptet hatten, war er kein verarmter dämonischer Kriegsherr.

A/N: Hallo liebe Leserinnen und Leser und willkommen zum neuesten Buch in der ADG-Reihe. Diese Geschichte ist Teil der Familie Angels, Demons, and Ghosts. Ihr könnt sie allein lesen oder mit dem ersten Buch der Reihe, "Die Seele eines Engels für das Herz eines Teufels", beginnen. Beide Bücher findet ihr in meinem Profil und könnt sie zu eurer Bibliothek hinzufügen, um sie zu genießen.

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