Die Tage vergingen, und das Licht in der Krankenstation wurde zu einer vertrauten Routine. Feuerherz, wie wir ihn nannten, schlief oft, aber manchmal öffnete er die Augen und blickte uns mit einem Ausdruck an, den ich nicht ganz deuten konnte. Es war eine Mischung aus Angst, Verwunderung und einem Hauch von Hoffnung.
Elara war oft bei ihm. Sie sprach mit ihm, erzählte Geschichten von Drachen und Menschen, von Freiheit und Freundschaft. Ich konnte sehen, dass ihre Worte ihm etwas gaben, auch wenn er sie nicht verstand. Manchmal schien er zuzuhören, seine großen, roten Augen fixierten sie mit einer Intensität, die mir das Herz rührte.
„Ich glaube, er erkennt uns," flüsterte Elara einmal, als sie sich über ihn beugte. „Es ist, als würde er in uns hineinsehen."
Darak und ich standen etwas abseits, unsere Blicke waren auf den Drachen gerichtet. „Aber wird er uns jemals wirklich vertrauen?" fragte ich. „Was, wenn die Magie ihn zurückholt?"
„Wir müssen ihm Zeit geben," antwortete Darak. „Er ist kein Monster, Kara. Er ist ein Opfer, und wir müssen ihm zeigen, dass wir nicht wie die anderen sind."
Ich nickte, obwohl ich mir nicht sicher war, ob ich daran glaubte. Feuerherz hatte in der Schlacht Zerstörung gebracht, und die Wunden seiner Vergangenheit waren tief. Aber ich wollte ihm helfen. Ich wollte, dass er frei war.
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Die Dunkelheit war weniger erdrückend geworden, seit ich in dieser seltsamen neuen Umgebung war. Das Licht schien sanft durch die Fenster, und die Stimmen, die ich hörte, waren nicht die, die ich befürchtete. Es waren Worte des Trostes, keine Befehle. Doch obwohl ich fühlte, dass ich in Sicherheit war, blieb die Angst in mir.
Die Menschen um mich herum waren freundlich, aber ich konnte mich nicht von den Erinnerungen befreien. Die Flammen, die Schreie, die Zerstörung. Wie konnte ich jemals wieder jemandem vertrauen, nachdem ich so viel Unheil angerichtet hatte?
Ich spürte, wie sie mich beobachteten, und ich wollte aufstehen, wollte ihnen zeigen, dass ich nicht mehr der war, der ich einmal war. Aber mein Körper war noch schwach, und ich konnte nur zusehen, während sie sich um mich kümmerten.
Eines Morgens, als die Sonne durch die Fenster schien, hörte ich Elara wieder sprechen. Ihre Stimme war sanft und melodisch. „Feuerherz, wir wissen, dass du uns hörst. Du bist hier in Sicherheit. Wir möchten dir helfen, wieder zu dir selbst zu finden."
Ich versuchte, meine Augen zu öffnen, aber es fiel mir schwer. Schließlich schaffte ich es, einen Blick auf sie zu werfen. Sie hatte ein strahlendes Lächeln auf den Lippen, als sie mir zusah. Ich wollte ihr antworten, doch ich war immer noch gefangen in diesem Schweigen, das mich so lange gefangen hielt.
„Das wird nicht einfach, ich weiß," fuhr sie fort, als ob sie meine Gedanken lesen könnte. „Aber wir werden gemeinsam daran arbeiten. Wir sind deine Freunde."
Freunde? Ich konnte das Wort in meinem Kopf hören, und es fühlte sich seltsam an. Die Vorstellung, dass ich jemandem vertrauen könnte. Die Bilder meiner Vergangenheit überfluteten mich, und ich wollte fliehen, mich verstecken.
Doch etwas in ihrem Blick ließ mich innehalten. Sie war ehrlich. Ich konnte es spüren. Vielleicht war dies der erste Schritt zu meiner Freiheit.
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Eines Tages, während ich bei Feuerherz saß, bemerkte ich, dass sich seine Körpersprache verändert hatte. Er war weniger angespannt und schien meine Gegenwart akzeptieren zu können. Ich wagte es, näher an ihn heranzutreten und ihm vorsichtig die Hand auf den Kopf zu legen.
„Du bist stark, weißt du das?" flüsterte ich ihm zu. „Du bist nicht allein mehr. Wir werden dich nicht im Stich lassen."
Er bewegte seinen Kopf, als würde er versuchen, meine Hand zu berühren. Ein kleiner, aber bedeutungsvoller Schritt. Ich fühlte, wie mein Herz aufblühte. Vielleicht war es wirklich möglich, dass er mir vertrauen konnte.
„Feuerherz," sagte ich leise, „ich möchte, dass du weißt, dass wir hier sind, um dir zu helfen. Lass uns zusammenarbeiten, um die Magie, die dich gefangen hält, zu besiegen."
Ich wusste nicht, ob er mich verstand, aber in seinen Augen sah ich einen Funken. Ein kleiner Hoffnungsschimmer, der mich antrieb. Wir würden ihn befreien, gemeinsam. Wir würden ihm helfen, wieder zu dem Drachen zu werden, der er immer gewesen sein sollte – ein freier, stolzer Drache.
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Die Worte von Kara hallten in meinem Kopf wider. Ich war nicht allein. Ich war nicht mehr gefangen in der Dunkelheit. Langsam begann ich, die Ketten meiner Vergangenheit abzulegen, die in meinem Herzen geschmiedet waren. Ich spürte die Wärme, die von Karas Hand ausging, und ein kleiner Teil von mir begann zu glauben, dass ich wieder lernen könnte, zu leben.
Ich wollte sie verstehen, diese Menschen, die mir halfen. Ich wollte wissen, warum sie sich um mich kümmerten. Und ich wollte herausfinden, wer ich wirklich war, jenseits des Feuers und der Zerstörung.
Mit jedem Tag, den ich hier verbrachte, kam das Gefühl der Freiheit näher. Es war ein zartes Pflänzchen, das in mir wuchs, und ich war bereit, es zu nähren. Ich wollte die Stimmen der Dunkelheit hinter mir lassen und in das Licht treten, das mir diese neuen Freunde boten.
„Ich werde nicht aufgeben," schwor ich mir. „Ich werde lernen, ich werde kämpfen und ich werde frei sein."