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Der Frust, im Feuer verbrannt

In den ersten Monaten seit ihrem Beitritt verbrachte Seika den größten Teil ihre Zeit mit Wero, da sie eine gewisse Nähe zu ihr spürte. Ihrer Mutter wollte sie immer noch nicht näherkommen, doch das Schicksal, aber auch ihre zukünftige Sicherheit in der Gang, zwangen sie dazu sich doch wieder ihrer Mutter zu nähern.

Sie hatte Glück gehabt, dass in diesen Monaten nichts schlimmeres oder Dramatisches passierte. Doch das war nicht der Normalfall. Wero erklärte Seika, dass sie lernen müsste, sich zu verteidigen und auch zu kämpfen. Sie gab ihren Teil für die Gang bei, doch hatte noch nichts für ihren eigenen Schutz getan. 

„So etwas sollte nicht zur Selbstverständlichkeit werden."

Wero sprach davon, dass Seika nicht für immer von den anderen Beschütz werden kann. Sie müsste auch lernen sich selbst zu beschützen. Auf verschiedene Arten und Ebenen. Nicht nur für den Kampf, sondern auch Prävention, Mentale Stärke, Problemlösung und gelenkte Kommunikation, die für Strategische Zwecke nützlich sein könnte. Wenn man einen Kampf vermeiden kann, dann sollte man es auch. Die Ressourcen, die Zeit, der Aufwand und die weiteren Kosten, aber auch die möglichen Verletzungen, könnten den Aufwand nicht wert sein.

Seika bekam von Wero einen neuen Spitznamen „Saika" ,wie „Zaika" ausgesprochen, was in ihrer Muttersprache Häschen bedeutete. Wero hielt den Namen für angemessen, da Seika sehr süß und weich wirkte, doch wenn sie wütend wurde, dann war sie unkontrolliert und unvorhersehbar. 

Zu Seikas Unglück, war es ausgerechnet ihre Mutter, die ihr das Kämpfen beibringen sollte. War es eine Verschwörung der anderen Mitglieder oder ein Streich, der gegen Seika war? 

Doch Mio nahm die Situation gelassen und versuchte Seika für diese Situation nur als Lehrling, Schüler oder ähnliches zu sehen und sie dementsprechend nicht als Tochter behandeln. Eine mögliche Bevorzugung oder Zurückhaltung würde nur zu Schwäche führen. Seika würde sonst noch lernen, dass alle so mit ihr umgehen könnten. Somit gab Mio ihrer Tochter denselben Unterricht, den sie auch sonst allen anderen geben würde. Seika wurde jedoch nicht verraten, dass es ihre Mutter war, die ihre Lehrerin sein würde.

Seika: „Das darf doch jetzt nicht wahr sein!"

Mio: „Wen hast du denn erwartet?"

Seika: „Alle außer dich!"

Mio: „Man kann sich nicht immer aussuchen, wenn man trifft und gegen wen man kämpft. Für diesen Fall ist das mehr als ideal."

Seika: „Was ist daran ideal?"

Mio: „Nahezu alles. Du bist wütend und kannst lernen, deine Wut zu beherrschen. Du denkst, du kannst mich schon besiegen, wenn du nur genug willst. Du überschätzt dich und deine Wut und unterschätzt mich, meine Stärke und meine Ruhige Art."

Seika: „Woher willst du das wissen?"

Mio: „Als deine Lehrerin weiß ich, wie du denkst."

Seika: „Du weißt gar nichts!"

Mio: „Also liege ich falsch?"

Seika: „…Nein, ich…du…"

Seika wollte nicht zugeben, dass Mio voll ins Schwarze getroffen hatte. Sie dachte darüber nach, sie anzugreifen, doch das würde nur heißen, dass Mio recht hatte. Doch wenn sie es nicht tut, wäre es genau das, was Mio erreichen wollte.

Mio: „Du musst lernen deine eigenen Gedanken zu akzeptieren. Sie sind nicht immer gut und richtig, doch sie sind ein Teil von dir."

Seika: „Warum machst du jetzt auf so schlau?"

Mio: „Ich kontrolliere mich und meine Wut. Ich hätte genug Gründe wütend zu sein, doch Selbstkontrolle ist eine größere Stärke als Schläge der Wut."

Seika: „Ich bin hier die Wütende!"

Mio: „Das sehe ich und spüre ich auch."

Seika: „Was willst du bitte spüren?"

Mio: „Ich spüre deine Angst, deine Unsicherheit, deine Wut und deinen Schmerz. Sie sind alle zusammen ein Teil deiner Aura."

Seika: „Was denn jetzt für eine Aura?"

Mio: „Eine Aura, die dich umgibt, die aus deinem Innersten herausströmt."

Seika: „Ich sehe nichts davon!"

Mio: „Es ist nichts, was man sehen kann, sondern etwas, dass man spüren kann."

Seika: Vielleicht spürst du auch falsch!"

Mio: „Vielleicht verstehst du dich aber auch selbst falsch."

Seika: „Ich verstehe mich bestens und ich brauche keine Mutter, die mir irgendwas über Aura erzählt."

Mio: „Heute bin ich nicht deine Mutter, sondern nur deine Lehrerin."

Seika: „Wer hat gesagt, dass ich was von dir lernen will? Und was soll heißen, heute bist du nicht meine Mutter? Das warst du doch nie."

Mio: „Ich werde nicht darauf eingehen."

Seika: „Hast du Schiss vor mir? Traust du dich nicht mir irgendwas dazu zu sagen?"

Mio: „Es geht nur darum, dass jetzt nicht die Zeit dafür ist."

Seika: „Jetzt nicht die Zeit…Das sagst du doch immer so."

Mio: „Das sieht für dich vielleicht so aus, aber ich verspreche dir, dass die Zeit noch kommen wird."

Seika: „Wann soll das sein? Verschwindest du nicht wieder? Haust du jetzt auch aus der Gang ab?"

Mio: „Das war niemals meine Idee. Ich bin nicht mehr die, die ich früher war. Ich habe mich geändert und an Stärke gewonnen."

Seika: „Und trotzdem hast du noch Angst vor diesem Mann."

Mio: „Bring ihn nicht in dieses Gespräch. Er hat hier nichts verloren."

Seika: „OH, guck an. Da weicht sie gleich zurück."

Mio: „Es macht keinen Sinn mich zu provozieren. Ich bin heute deine Lehrerin und werde dich in unterschiedlichen Punkten belehren." 

Seika: „Wieso willst du mich denn überhaupt belehren? Und ich will deine Belehrungen nicht."

Mio: „Aber deswegen bist du doch hier."

Seika: „Ja, aber nicht wegen dir. Wenn das eine andere wäre, dann ginge das schon."

Mio: „Zurück zur ersten Lektion. Mann kann sich nicht immer aussuchen, wenn man trifft."

Seika: „Das hast du schon gesagt."

Mio: „Sehr schön. Du kannst ja doch gut zuhören."

Seika: „Was soll der Scheiß? Willst du mich provozieren?"

Mio: „Ich möchte nichts anderes, als dich als meine Schülerin zu belehren."

Seika: „Ich geb' dir gleich eine Belehrung."

Mio: „Nur zu. Komm' auf mich zu, wenn du dich traust."

Seika: „Und wie ich mich traue!"

Mio: „Warum stehst du dann immer noch da wie angewurzelt?"

Seika hatte genug davon. Sie würde auf Mio zu rennen und ihr zeigen, wie stark sie eigentlich ist. Doch Mio konnte Seika in einer einzelnen Bewegung ausweichen.

Mio: „Du hast dich provozieren lassen und bist auf mich mit deiner Wut zu gerannt. Doch ich habe meine Ruhe behalten und deine Bewegungen vorhergesehen. Was lernst du daraus?"

Seika: „Du hattest doch bloß Glück."

Mio: „Das war nicht die Frage, aber Glück spielt natürlich auch eine Rolle. Es ist aber kein Faktor, auf den du dich immer verlassen kannst."

Seika blieb stehen und wusste nicht, was sie denken sollte. Mio sah Seika ihre Planlosigkeit an.

Mio: „Also, was ist die Lektion, die du daraus gelernt hast?"

Seika: „Glück ist kein Faktor."

Mio: „Das ist nicht ganz richtig, aber mach dir keinen Kopf darum. Das lernen wir schon noch. Du solltest für heute verstehen, dass man sich seinen Gegner nicht immer aussuchen kann und das Selbstkontrolle der Schlüssel zum Sieg sein kann."

Seika: „Ich verstehe das schon…"

Mio: „Das werden wir noch sehen, ob du das wirklich verstehst."

Seika: „Was jetzt?"

Mio: „Jetzt bringe ich dir bei, wie du ordentlich mit einem Schläger umgehen kannst."

Seika: „Ist das nicht wieder kämpfen? Du hast doch gesagt das Selbstkontrolle wichtig ist."

Mio: „Ja, das stimmt. Aber nicht alle, denen du gegenüberstehst, werden sich auch kontrollieren können. Für solche Fälle solltest du auch vorbereitet sein."

Seika: „Vorbereitet auf was?" 

Mio: „Na, auf einen Kampf. Du musst lernen dich zu verteidigen und manchmal, aber nicht immer, ist Angriff die beste Verteidigung."

Seika: „Ich verstehe das nicht."

Mio: "Noch sind wir auch nicht so weit, dass du es verstehen müsstest. Du lernst es mehr, wenn du selbst in solchen Situationen warst. Du musst dir nur merken, dass du einen Kampf immer vermeiden solltest, wenn es geht, aber auch dazu bereit sein musst, trotzdem zu kämpfen. Du musst lernen, dass diese beiden Widersprüche gar nicht so widersprüchlich sind."

Seika: „…?"

Mio: „Das war wohl noch etwas zu viel. Egal, gehen wir zum Trainingsschuppen und Holen uns ein paar schöne Schläger."

Seika: „Wieso schön?"

Mio: „Wero hatte recht, du stellst wirklich viele Fragen."

Seika: „Na und?"

Mio: „Ist ja nicht schlimm. Schöne Schläger und schöne Waffen sind wichtig, weil du dann lernst ihre Stärken und Schwächen besser zu achten und die Grenzen kennenlernst. Wenn du aber eine hässliche Waffe hast, dann wirst du dich nicht so gut um sie kümmern und erkennst ihren Wert nicht."

Seika: „Irgendwie macht das Sinn."

Mio: „Viele Leute meinen Schönheit ist nur ein Bonus, doch Schönheit kann auch der Grund sein, warum du etwas oder jemanden Beschützen willst. Du kannst Schönheit zur Ablenkung nutzen und dir einen Vorteil erspielen."

Seika: „So habe ich noch nie über Schönheit nachgedacht."

Mio: „Das tun auch nicht viele, was es zu einem großen Vorteil für uns macht. Es ist Teil der menschlichen Natur Schönen Dingen und Menschen einen höheren Wert zuzuteilen. Sei es in Potential, Intelligenz oder für Gegenstände ihr tatsächlicher Wert. Eine Schöne, giftige Blume wird mit größeren Augen angesehen als eine hässliche, nützliche Blume."

Seika: „Ich glaube ich verstehe."

Mio: „Fällt dir dazu auch ein Vergleich ein?"

Seika: „Lass mich überlegen…Blume…"

Mio: „Es muss keine Blume sein."

Seika: „…Eine Pflanze, die schön, aber giftig ist…"

Mio: „Du musst nicht einmal bei Pflanzen bleiben."

Seika: „Dann vielleicht so etwas wie ein Schöner Strand."

Mio: Wie meinst du das?"

Seika: „Ein Strand sieht so schön aus auf Bildern, aber wenn du da bist, dann ist es immer nur heiß und deine Füße verbrennen, aber du willst trotzdem immer wieder dahin."

Mio: „Ich weiß nicht, ob das als Beispiel nützlich ist."

Seika: „Aber das ist doch auch so, als wenn dich die Schönheit einlädt und dann trotzdem verletzt."

Mio: „Das ist ein komischer Vergleich, aber irgendwo hast du schon recht."

Mio und Seika holten sich nun endlich die Schläger und gingen zu den aufgestellten Trainingspuppen. 

Mio: „So, du siehst hier diese Trainingspuppen und was fühlst du dabei?"

Seika: „Gar nichts. Sind ja nur Puppen."

Mio: „Ganz genau. Sie sind nur Puppen und sie haben dir nichts getan. Trotzdem wirst du sie jetzt schlagen."

Seika: „Ok, wie du meinst."

Mio: „Und stopp."

Seika: „Was jetzt? Schlagen oder nicht schlagen?"

Mio: „Du sollst sie schon schlagen, aber nicht sofort."

Seika: „Aber du hast doch gesagt…"

Mio: „Du bist zu schnell darauf eingegangen. Das zeigt das du entweder immer noch wütend bist oder blind jedem Befehl folgst."

Seika: „Du hast es doch gesagt!?"

Mio: „Ich habe nicht davon gesprochen, dass du es sofort machen sollst."

Seika: „Was sonst?"

Mio: „Ich habe gesagt, dass die Puppen dir nichts getan haben, du sie heute aber trotzdem schlagen sollst. Was fühlst du dabei?"

Seika: „Was soll ich schon fühlen? Sie sind nichts und sie spüren auch nichts."

Mio: „Und wenn das echte Menschen wären?"

Seika: „Das ist doch was ganz anderes."

Mio: „Es ist gar nicht mal so anders."

Seika: „Wieso?"

Mio: „Du weißt bei Menschen auch nicht immer, was sie getan haben. Und hätte ich dir jetzt gesagt, dass du dir vorstellen sollst, dass sie etwas Schlimmes getan haben, würdest du dann anders auf sie zugehen?"

Seika: „Ja, vielleicht. Aber es sind immer noch Puppen."

Mio: „Die Puppen stellen echte Menschen dar. Wenn deine Intention und das Wissen über den Gegner unterschiedlich ist, dann ist auch dein Angriff oder dein Nicht-Angriff auf sie ganz anders. Deine Vorstellung über den Gegner und die Informationen über ihn können dich somit beeinflussen."

Seika: „Ja, das macht Sinn."

Mio: „Wenn du jetzt nur aus reiner Wut handeln würdest, wüsstest du nichts davon. Du wüsstest nichts über den Gegner, seine eigenen Intentionen oder wie jemand kämpft."

Seika: „Was hat das damit zu tun, wie jemand kämpft?"

Mio: „Der Charakter eines Menschen spiegelt sich in der Art des Menschen zu kämpfen. Das heißt, das aggressive Menschen dich wahrscheinlich auch weiter schlagen werden, selbst wenn du am Boden bist. Andere Menschen lassen dich in Frieden, wenn sie erfahren, warum du kämpfst."

Seika: „Und was bin ich für eine Kämpferin?"

Mio: „Du bist leicht manipulierbar und kontrollierbar. Du hast keine Selbstkontrolle und überlässt anderen die Entscheidung."

Seika: „Das ist nicht nett!"

Mio: „Ich muss auch nicht nett sein. Eine schöne Lüge passt besser und verletzt dich nicht, doch die Blanke Wahrheit kann grausam und unschön sein. Doch wenn wir damit in die Zukunft sehen, dann wendet sich für beides dann das Blatt."

Seika: „Was soll das heißen, das Blatt wendet sich? Dann drehe ich das Blatt halt nochmal um."

Mio: „Wenn es so einfach wäre…Es ist wieder das Thema mit der Schönheit. Schönheit wirkt einladend und fühlt sich gut an. Doch manchmal kann dich diese Schönheit verletzten. Wir lernen hier, wie du Schönheit effektiv nutzen kannst, aber auch ihre Gefahren erkennst. Das kannst du dann ideal gegen deine Feinde einsetzten, wenn sie nicht wissen, wie Schönheit funktioniert."

Seika: „Das ist alles ziemlich viel Schönheit…"

Mio: „Aber sie ist wichtig und eine große Waffe."

Seika: „Wie groß?"

Mio: „Das ist bildlich und hat keine messbare Größe."

Seika: „Alles mit Bildern, Schönheit und Waffen hier…"

Mio: Du triffst es auf den Punkt…Seika…hör mal.."

Seika: „Was?"

Mio: „Es tut mir leid, dass ich so unverantwortlich war."

Seika: „Du bist doch eine gute Lehrerin!?"

Mio: „Das meine ich nicht…Ich meinte meine Rolle als Mutter."

Seika: „Fang nicht damit an. Du bist heute doch nur meine Lehrerin."

Mio: „Ich wollte dir einfach nur eine schnelle, kluge Antwort geben, aber während ich dir diese Lektionen erteilt habe, ist mir aufgefallen, dass ich sie selbst nicht alle befolge."

Seika: „Was meinst du?"

Mio: „Ich muss meine Gedanken ebenfalls akzeptieren, doch ich habe am Anfang nur gesagt, was sich besser anhörte."

Seika: „…"

Mio: „Ich werde immer deine Mutter bleiben, an jedem Tag, an dem ich lebe. Das ist wofür ich mich in meinem Leben mit dir damals schon entschieden habe. Manchmal ist es schwer, manchmal will ich auch nicht mehr, aber es ist etwas, was ich mir ausgesucht habe. Ich muss dranbleiben und meinen eigenen Worten zuhören."

Seika: „Du sprichst immer so in Rätseln."

Mio: „Bitte Seika. Es tut mir leid. Ich war keine gute Mutter für dich, aber deswegen höre ich nicht einfach auf deine Mutter zu sein. Es tut mir leid, dass ich so unfähig bin und dich trotzdem belehren möchte. Es tut mir leid, dass ich nicht da war, weil ich Angst hatte. Ich verstehe, wenn du mich dafür hasst, Seika. Aber ich werde immer deine Mutter bleiben und ich werde dich auch immer wie meine Tochter lieben. Selbst dann, wenn du abhauen solltest. Selbst dann, wenn du mir niemals verzeihen solltest. Ich bin auch nur ein Mensch mit Ängsten und Fehlern. Und alle hier sind so, doch niemand will es gerne zeigen. Deswegen haben wir diese Gang überhaupt gegründet. Alleine sind wir alle schwach, doch zusammen sind wir unaufhaltbar."

Seika: „Du erwartest jetzt nicht ernsthaft, dass ich das so alles hinnehme?"

Mio: „Nein, nein…Ich wollte nur meine Seele etwas freisprechen."

Seika: „Ihr seid doch nicht schwach."

Mio: „Nicht so, wie du jetzt denkst, Seika. Wenn Angst eine Schwäche ist, dann sind wir alle schwach. Aber Angst kann auch zu Stärke werden, wenn du dich vorbereitest und unnötiges, angsteinflößendes vermeidest."

Seika: „Wieso hast du mir das früher nicht gesagt? Es hätte mir damals mehr geholfen als jetzt."

Mio: „Weil ich es nicht wusste."

Seika: „Warum weißt du es dann jetzt?"

Mio: „Weißt du Seika, ich bin eine Erwachsene und du bist noch ein Kind. Doch Erwachsensein bedeutet nicht alles zu wissen oder zu können. Das Alter ist in diesem Fall nur eine Zahl, die nichts größeres bedeutet."

Seika: „Also bin ich älter als jemand, die weniger weiß als ich?"

Mio: „Nein, du bist so alt wie du bist und du bist so Weise, wie du bist. Da kann nichts vermischt werden. Doch du kannst mehr wissen als jemand, die älter ist als du, wenn sie aufgehört hat wissen zu wollen."

Seika: „Ich kann dich vielleicht als Lehrerin akzeptieren, aber nicht so leicht als Mutter."

Mio: „Das kann ich verstehen…Aber wie wäre es, wenn wir jetzt endlich üben gehen?"

Seika: „Ja bitte, ich kann mir dieses Gespräch nicht länger geben. Aber jetzt ging es doch gar nicht um die Schönheit!?"

Mio: „Ja, kann sein. Ich will diesen Puppe heute einfach nur kaputt hauen. Na dann stell dir mal vor, diese Puppe ist dein Vater. Dann kannst du das sicher auch."

Seika: „WAS??"

Mio: „Ich zeig's dir mal."

Mio packte ihren Schläger mit beiden Händen und gab der Übungspuppe einen heftigen Schlag von der Seite, direkt an den Kopf. Sie drehte sich zu Seika um , und versuchte ihr zu Erklärungen dazu zu bringen.

Mio: „Der Kopf ist einer der sensibelsten Stellen am Menschlichen Körper. Wenn du jemandem mit einem Schläger direkt dort triffst, kann ein einziger Schlag ihn in Ohnmacht bringen."

Seika: „Und was ist mit diesem Kopf?"

Seika zeigte mit dem Finger weit nach links, wo der Kopf der Übungspuppe hinrollte.

Mio: „…Das war wohl eine kaputte Übungspuppe, sehr ungewöhnlich."

Seika: „Hattest du vielleicht doch nicht deine Wut unter Kontrolle?"

Mio: "Nein, das lag ganz bestimmt an der Puppe."

Seika: „Das muss ich erstmal testen."

Seika ging zu einer andern Trainingspuppe und versuchte denselben Schlag wie Mio auszuführen, doch traf sie die Puppe nur am Hals.

Mio: „Hmm…Der Hals also. Auch gut, aber zu gefährlich. Wir wollen die Leute verprügeln und nicht töten. War der Hals auch dein Ziel?"

Seika: „Äh…Ja."

Mio: „Lügen bringt nichts."

Seika: „Grrr…Na gut. Nein, ich wollte den Kopf treffen, so wie du."

Mio: „Dann überleg mal, woran es gescheitert ist."

Seika: „Ich glaube ich habe meine Augen geschlossen."

Mio: „Das ist schon merkwürdig. Wieso hast du das gemacht?"

Seika: „Ich weiß nicht, ein Reflex vielleicht!?"

Mio: „Du solltest dir doch vorstellen, dass es dein Vater ist."

Seika kniff ihre Augen zusammen und öffnete sie wieder weit. Sie nahm den Schläger wieder in beiden Hände und schlug der Puppe in die Seiten und dann ins Bein. Doch das reichte ihr nicht. Sie schlug der Puppe auch zwischen die Beine und dann in den Rücken. Zum Abschluss noch ein Schlag direkt auf den Hals.

Seika: „Sollst du doch verrecken, du dreckiger…"

Mio: „Seika, beruhig dich. Er ist nicht hier."

Seika atmete schwer und hielt den Schläger weiterhin mit festem Griff in ihren Händen. 

Mio: „Nur einer dieser Schläge alleine hätte ihm wohl schon etwas gebrochen."

Seika: „RACHE."

Mio: „Was hast du dabei gespürt?"

Seika: „Wut!"

Mio: „Sonst noch was?"

Seika: „Ich weiß nicht. Irgendwie hat das Spaß gemacht."

Mio: „Was genau?"

Seika: „Als ich ihn so verhauen habe."

Mio: „Ja, das stimmt wohl."

Seika: „Du hast das auch gespürt?"

Mio: „Den Spaß? Nein, ich kann doch nicht…"

Seika: „Man soll doch nicht lügen."

Mio: „Ahhh…Ja, ich hatte Spaß dabei, mir vorzustellen diesen Dreckssack zu verprügeln."

Seika: „Er hat es verdient."

Mio: „Oh ja, wenn einer, dann er."

Sie üben zusammen und verprügeln die Übungspuppen und haben Spaß dabei, wenn sie sich vorstellen, Seikas Vater zu schlagen. Ihre Gefühle und aufkochenden Emotionen sind immer im fließenden Wechsel zwischen Hass, Wut, Genugtuung und Spaß. Das es ganz und gar den vorherigen Lektionen von Mio widerspricht, daran dachten sie in diesem Moment nicht. Sie hatten einen gemeinsamen Gegner und eine gemeinsame Vergangenheit und jetzt auch eine gemeinsame Gegenwart. Doch Seika konnte sich immer wieder nicht überwinden und gegen ihre Ängste ankämpfen, weil sie sich immer noch in der Vergangenheit gefangen fühlte. Sie sah zwar immer noch diese Frau, die ihre Mutter zu sein schien, doch ihr Verstand erlaubte es ihr nicht, es auch zu akzeptieren. Seika ging mit diesem Problem zu Wero, die ihr einen Interessanten Vorschlag machte, dem anschließend auch Mio und die andern zustimmten.

Wero: „Ich habe eine Idee, die dir helfen könnte. Schreib' alles auf, was du irgendwie bereust oder wovor du Angst hast. Egal wann es passiert ist. Und dann wirfst du das in ein Feuer und lässt es verbrennen." 

Seika machte es so, wie Wero es ihr vorgeschlagen hatte und schrieb alle ihre Ängste, Sorgen und ihre Frustrationen auf ein Blatt Papier und verbrannte es im heißen Feuer des Kamins. Sie wollte sich nicht mehr von ihrer Vergangenheit kontrollieren lassen. Nein, sie wollte sich nie wieder von irgendwas oder irgendwem kontrollieren lassen. Mit diesem Schritt wollte Seika alles, was bisher geschehen war, hinter sich lassen und neu beginnen. Die Vergangenheit und der Frust, nicht gut genug gewesen zu sein, im Feuer verbrannt.

Ab jetzt gibt es wieder nur 1 Kapitel am Tag. Sei doch nicht so enttäuscht! Es werden schon wieder neue Kapitel kommen. Es könnte ja auch sein, dass mal ein größeres dabei ist.

Oder liest du lieber viele kleine Kapitellinchen, statt einem großen? Sag es mir gerne in einem Kommentar.

"Wenn die Sonne wieder lacht..."

Ach lassen wir das mit dem Reimen und dem Kram.

Bis dann im nächsten Kapitel.

Creation is hard, cheer me up!

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