Kapitel 69: Sinnfreie Logik
Ferruccio und sein Partner hatten wie geplant die Blutproben diesmal zum Magielabor, namentlich der Magiekommission, gesendet. Sie warteten gespannt auf den Bericht, der schließlich eintraf und wie erwartet neue Erkenntnisse, aber auch neue Fragen brachte.
F: „Das Blut wurde magisch manipuliert…"
Ferruccio legte den Bericht auf den Tisch, während sein Partner ihn fragend ansah. Der Raum war spärlich beleuchtet, und der leichte Geruch von altem Papier lag in der Luft. Sie saßen in einem kleinen Büro, das durch die Schreibtischlampen in ein warmes, gelbliches Licht getaucht wurde. Die Wände waren voller Notizen und Dokumente zu anderen Fällen, doch dieser zog ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich.
T: „Was steht da noch, Herr Firenze? Steht da auch, welches Mana dort am auffälligsten war?"
F: „Ja, das steht da, aber es ist nicht bei jedem Opfer dasselbe."
T: „Wie jetzt?"
F: „Es bestätigt auch unsere Überlegung, dass sie in Gruppen arbeiten. Das sind keine Einzeltäter. Aber am häufigsten wurden Schatten- und Erdmagiespuren gefunden."
Ferruccio ließ die Worte sacken. Er stand auf und ging zur Fensterfront des Büros, die einen Blick auf die nächtliche Stadt bot. Die Straßenlaternen warfen lange Schatten auf das Kopfsteinpflaster.
T: „Ooh, Herr Firenze, heißt das jetzt auch, dass Sie es bestätigt sehen, dass es nun wohl wirklich ein Schattenabsolute war?"
F: „Nein, eher verwirrt es mich. Ich dachte, Schattenmagie hinterlässt keine so erkennbaren Spuren."
T: „Ja, stimmt. Wie kann es sein, dass die meisten Fälle dann aber Schatten-Mana hinterlassen?"
Ferruccio wandte sich wieder seinem Partner zu und tippte mit dem Finger auf den Bericht.
F: „Sehen wir uns das genauer an: Blutmanipulation durch Mana. Mana in den meisten Fällen Schatten-Mana und Erd-Mana…"
T: „So weit, so klar."
F: „…Hohe Wahrscheinlichkeit auf Mana-Infusion und Magiefolter!?"
T: „Wie wollen die das festgestellt haben?"
F: „Wenn man es logisch überlegt, dann wäre es wohl wirklich wahrscheinlich."
T schüttelte den Kopf und lehnte sich zurück. Das Knarzen des alten Holzstuhls durchbrach die Stille.
T: „Ich verstehe das nicht. Bitte erklären Sie es mir."
F: „Die Magieforscher, so nenne ich sie mal, haben wohl dasselbe gedacht wie wir jetzt gerade. Schatten-Mana sollte nicht so leicht erkennbar sein, beziehungsweise überhaupt nicht. Das lässt die Überlegung zu, dass das Mana absichtlich in das Opfer eingeführt wurde per Infusion. Doch es gibt auch die Möglichkeit, dass das Opfer so lange oder sehr stark mit der Schattenmagie gefoltert wurde, dass sich das Mana des Opfers damit vermischt hat. Da es unnatürlich und nahezu unmöglich ist, mehrere Magieelemente zu besitzen, muss es durch Außenstehende entstanden sein."
T: „Das ergibt erschreckend viel Sinn. Ah, Affinitäten gelten ja auch nicht als Magie, daher können diese sich also nicht vermischt haben!?"
F: „Ja, wenn sich die eigene Affinität mit der eigenen Magie vermischen würde, wäre das schon viel früher geschehen und nicht erst in oder nach einem Mordfall."
Ein leises Summen aus dem Heizkörper unterbrach ihre Unterhaltung, bevor T erneut das Wort ergriff.
T: „Haben sie auch eine Überlegung dazu geliefert, wieso die Köpfe erforderlich waren oder wieso diese abgetrennt wurden? Hatte das einen Zusammenhang mit der Magie in irgendeinem Sinn?"
F: „…Hier steht nichts Konkretes dazu, aber dafür steht hier etwas anderes Interessantes…"
T: „Was steht da denn?"
F: „…Sie halten es für unwahrscheinlich, dass es sich dabei um Elfenblut handelt. Selbst nach sorgfältigem Entfernen des Manas aus dem Blut ist das nun absolut klare, reine und natürliche Blut teilweise weiterhin nicht zuzuordnen."
T: „WAS? Das ist doch Wahnsinn! Wie soll das möglich sein?"
Ferruccio setzte sich langsam wieder hin und starrte nachdenklich auf die Papiere vor sich. Er fühlte die Schwere des Falles wie ein Gewicht auf seinen Schultern.
F: „Sie haben hier noch weiter stehen, dass ein Teil des Blutes nun doch genau zu den Opfern zuzuordnen ist…jedes Opfer."
T: „Aber…"
F: „Das heißt, dass das Blut an den Tatorten wirklich von den Opfern war. Jedes Mal. Doch das Blut wurde durch Mana, reines nicht-elementares Mana, manipuliert, was durch das Blut weiterer unbekannter Opfer verunreinigt wurde. Der Teil im Blut, der für die Verunreinigung sorgte, ist wohl der Teil, der weiterhin unbekannt ist. Doch selbst nach dem Separieren des Blutes und der Feststellung, dass das gesamte Blut, bekannt oder unbekannt, menschlich ist, ist nicht klar, wem das Blut gehörte oder gehört."
T: „Das heißt, wir wissen immer noch nicht, wer die anderen Opfer sind?"
F: „Nein. Kleine Korrektur: Wir haben erst jetzt wirklich erfahren, dass es noch weitere Opfer gibt, die noch unbekannter sind als die aufgehangenen Opfer."
T runzelte die Stirn und kaute nachdenklich auf einem Kugelschreiber herum.
T: „Würde ich den Kontext nicht kennen, würde ich sagen, dass etwas oder jemand doch nicht unbekannter als ein Unbekannter sein kann."
F: „Ja, fraglich. Merkwürdig. Wir haben alles mit dem Blut untersucht, was nur möglich ist, und trotzdem haben wir keine klaren Antworten auf unsere Fragen bekommen."
Ein tiefer Seufzer entwich Ferruccio, bevor er weitersprach.
F: „Aber wir haben dennoch viel erfahren: Das gesamte Blut ist menschlich. Ein Teil bleibt jedoch nicht zuordbar. Es sind keine Elfen im Spiel. Es wurde absichtlich Mana hinterlassen oder der Täter war sich der Vermischung von Mana nicht bewusst, was eher unwahrscheinlich ist. In einem Fall würde das heißen, dass er uns ungewollt Hinweise gegeben hat, und im anderen Fall hat er uns gewollt Hinweise gegeben."
T: „Wenn wir den Gedanken weiterdenken, dass er oder sie uns bewusst Hinweise gegeben hat, wieso tat er es dann?"
F: „Vielleicht ist das seine Art, uns mitzuteilen, dass er selbst in Gefahr ist, wenn die Morde durch ihn stoppen würden."
Die beiden Ermittler blickten einander an, als ein leichter Windstoß die Akten auf dem Tisch rascheln ließ. Der Fall wurde immer verzwickter, aber auch spannender. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als weiter nach Antworten zu suchen.