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Einseitige Gefühle

Kapitel 5 Einseitige Gefühle

„Ich sehe deinen Kummer und Schmerz in deinen Augen. Da ist etwas Dunkles und sehr Verletztes in dir. Ich werde dir nichts tun."

 

Kiyomi wachte auf. Mit Tränen in den Augen ging sie ins Badezimmer, um ihr Gesicht zu waschen. Sie hatte wieder einen Traum davon, wie sie damals dieselben dummen Antworten und Fragen stellte, wie ihr Sohn heute. Gab es einen Grund, ihn als dumm zu bezeichnen? Wohl kaum. Er war unerfahren, doch das bedeutete nicht Dummheit. Ihr Sohn war nicht so dumm, dass er sich nichts sagen ließ.

Kiyomi dachte über die letzten Wochen nach, in denen es ihrem Sohn immer schlechter ging. Was war nur in der Schule passiert? Wieso redete er nicht mehr darüber? Er sagte kaum noch ein Wort. Ab und zu verabschiedete er sich, bevor er zur Schule ging, doch begrüßen wollte er seine Mutter nicht mehr. Er brauchte wohl noch Zeit, um über die Situation hinwegzukommen. Aktuell verdrehte er ihre Worte nur, um sie gegen sie und ihren Mann zu verwenden.

Kiyomi erkannte, dass sie früher selbst ein Problemkind war, vor allem während ihrer Zeit in der Gang. Musste ihr Sohn jetzt dasselbe durchmachen wie sie? Lag es an ihr, dass es ihm so schlecht ging? War sie die Mutter, die sie früher immer gehasst hatte? Die Geschichte wiederholte sich, dachte Kiyomi.

Doch wenn sich die Geschichte wiederholte, könnte das bedeuten, dass Akio auch bald wieder Hoffnung finden würde – so wie sie es einst getan hatte. Sie wurde von ihrer Mutter im Stich gelassen, doch diese kam zurück, und sie konnte ihr verzeihen, auch wenn es lange dauerte. Vielleicht würde Akio ebenfalls jemanden treffen, der ihm aus dieser Lage helfen könnte. Das wünschte sie sich für ihn.

Doch es lag nicht an ihr, über Akios Schicksal zu entscheiden. Am Ende würde sie ihn auf jedem Weg unterstützen, den er wählen würde. Sie war zwar seine Mutter, aber nicht seine Gebieterin. Sie wollte nur das Beste für ihn.

„Es wäre schön, wenn Akio wieder lachend nach Hause kommen würde."

Kiyomi lief ziellos durch die Wohnung, verloren in Gedanken. Sie dachte an Ferruccio und seinen schwierigen Fall. Er könnte ihn bald lösen. Doch warum dauerte es so lange? Der alte Fall, an dem sie noch vor ihrem ersten Kind gearbeitet hatten, dauerte nur zwei Jahre. Doch dieser Fall lief nun schon sechs Jahre, und es gab kaum Fortschritte. Sie wollte Ferruccio unterstützen, aber es gab einen Grund, warum er sich einen Alias zugelegt hatte. Sie wollte nicht riskieren, ihr zweites Kind zu verlieren. In diesem Fall erlaubte sie sich das egoistische Denken.

Kiyomi legte sich auf das Sofa und starrte die Decke an.

„Was mache ich eigentlich hier?"

 

Sie erinnerte sich daran, wie sie ihren Mann zum ersten Mal getroffen hatte. Diese Zeit mit ihm war mehr als Gold wert. Aber wie sehr hatte sie ihn damals gehasst!

Sie war damals seit sieben Jahren in der Gang und mittlerweile 23. Sie hatte viel vom Kämpfen durch ihre Mutter gelernt, und auch ihr Kochen wurde durch Weronikas Hilfe besser. Damals fühlte Sie sich stark und bereit zu allem.

 

Rückblick: Seika im Alter von 15

Als Seika mit 15 Jahren der Gang beitrat, war es eine Zeit voller Unsicherheiten. Sie hatte sich damals verloren gefühlt und wusste nicht, wohin mit ihrer Wut. Der Kampf und das Training gaben ihr eine Richtung. Doch es war nicht nur ihre eigene Entschlossenheit, die sie formte – es waren auch die Lektionen ihrer Mutter, mehr aber die ihrer Lehrerin. Ohne diese Lehren, so hart sie oft auch waren, hätte sie sich womöglich nie so weit entwickelt.

Die Zeit in der Gang verging und Seika war mittlerweile seit 7 Jahren in der Gang und somit fast 23. Es war nicht weit von ihrem Geburtstag entfernt, bevor sie damals der Gang beigetreten war. Sie bereute die Zeit hier kein bisschen. Sie hatte viel gelernt, viel erlebt und viel gemacht. Doch dann an einem kalten, aber noch sonnigem Tag traf sie ihn...

Sie sah diesen Typen, der in Alltagskleidung durch ihre Straßen spazierte, als wären es seine eigenen. Die Schilder waren doch eindeutig: Kein Zutritt, erst recht nicht für Männer. Sie sprang ihm direkt vor die Füße und trat ihm mit ihrem rechten Fuß unter das Kinn.

„Verschwinde von hier!" War der Kick zu vorschnell gewesen? Wohl kaum! Betreten war hier für Männer verboten. "Selbst Pech.", dachte sich Seika, um ihre Vorschnelle Entscheidung zu rechtfertigen.

 

Der Mann lag kurz auf dem Boden, stand dann aber wieder auf. Mit dem Rücken zu Seika gewendet sagte er:

„Noch ist es nicht zu spät."

Seika: „Was willst du hier?"

Ferruccio: „Ich suche jemanden oder eher etwas."

Seika: „Hier findest du nichts. Verschwinde."

Ferruccio: „Das kann ich nicht."

Der Mann holte ein Dokument aus seiner Tasche und identifizierte sich als Polizist mit einem Durchsuchungsbefehl. Seika wollte ihm sein Gesicht grün und blau färben, doch sie zügelte sich.

Seika: „In unseren Straßen hat jemand wie du nichts zu suchen!"

Ferruccio: „Doch, deswegen bin ich ja hier."

Seika umkreiste ihn, um mögliche Waffen zu erkennen. Sie rannte auf ihn zu und wollte ihm in den Bauch treten. Ferruccio schnappte sich jedoch ihr Bein.

Ferruccio: „Schöne Beine! Frisch rasiert?"

Seika rotierte und versuchte, ihn mit dem anderen Fuß zu treten, doch auch den konnte er ergreifen. Schließlich ließ er sie vorsichtig los.

Ferruccio: „Genug mit dem Treten."

Seika: „Du hast mir gar nichts zu sagen."

Seika hatte genug von seinen dummen Witzen. Sie schlug auf ihn ein, doch er stand nur da und schien darauf zu warten, dass sie fertig wurde. Das machte sie nur wütender. Sie suchte ihren Schläger und fand ihn unter einem Treppengeländer.

Seika: „Wenn Fäuste alleine nicht reichen…"

Sie schwang den Schläger, doch Ferruccio blieb ruhig.

Ferruccio: „Ich will nicht gegen dich kämpfen." Seika: „Hältst du mich für schwach?"

Seika wurde wütend. Sie zeichnete den Umriss des Schlägers in der Luft und murmelte etwas. Sie wollte Ferruccio mit einem feurigen Schlag treffen, doch er sah sie nur traurig an.

Ferruccio: „Ich sehe deinen Kummer und Schmerz. Da ist etwas Dunkles in dir. Ich werde dir nichts tun."

Seikas Schlag hätte ihn treffen sollen, doch ein schneller Lichtstrahl von Ferruccio brachte sie dazu, den Schläger fallen zu lassen. Sie verstand nicht, wie er sie so einfach stoppen konnte.

Seika: „Was willst du schon wissen?" Ferruccio: „Ich spüre es. Du wurdest verraten und von deinen Nächsten verlassen."

Seika: „Das stimmt nicht! Du liegst falsch!"

Ferruccio: „Mich kannst du nicht anlügen und ich selbst würde das auch nicht tun."

Seika: "Kommst einfach so ungefragt in diese verbotene Zone und beschuldigst mich für sonst was."

F: "Eine Verbotene Zone? Und was machst du dann hier?"

S: "Ich verteidige diesen Ort vor Leuten wie dir!"

F: "Was soll ich den getan haben? Warst du es nicht, die mich angegriffen hatte, bevor ich überhaupt reagieren konnte?"

Seika reflektierte den Kampf und bemerkte, dass nur sie die ganze Zeit angegriffen hatte. Doch sie konnte diesen Typen nicht gewinnen lassen, auch nicht in einer Diskussion.

S: "Das nennt sich Präventivschlag, du Vogel. War ja klar, das so jemand wie du das nicht versteht."

F: "Jemand wie Ich? Was willst du damit sagen?"

S: "Ein Mann."

F: "Haha, das war unerwartet."

S: "Warum lachst du?"

F: "Es war nur so plötzlich und wie aus dem Nichts. Tut mir leid."

Seika war verwirrt. Hatte er sich gerade entschuldigt?

F: "Hör mal, ich habe einen Grund hier zu sein, so wie du wohl auch. Ich habe die Pflicht dieses Gebiet zu untersuchen. Es wurden schlimme...Dinge in der Gegend gemeldet. Es heißt, dass es eine Gang namens Warriors Woman hier in der Gegend geben soll. Ihr Einfluss ist groß und sie sollen wegen Verdacht auf Mord oder Beihilfe zu Mord untersucht und befragt werden."

S: "Das kann nicht sein und außerdem kommst du hier sowieso nicht rein. Männer sind hier verboten. Du würdest es bereuen. Meine Gang hat nichts getan!"

F: "Deine Gang? Du bist Teil von denen? Dann tut es mir leid, aber ich werde dich dann befragen müssen..."

S: "Spar es dir, ich sage nichts, ich weiß nichts von so etwas. Wir töten nicht."

F: "Die Hinweise und vermeintliche Zeugenaussagen behaupten etwas anderes."

S: "Zeugenaussagen?"

F: "Ja, wir hatten wiederholte Meldungen über tödliche Folter, Mordschlag und Verstümmelungen erhalten. Einige geflohene Frauen, aber auch Männer teilten uns über einen anonymen Weg mit, dass wohl die Warrior Woman in diese Taten involviert sind."

S: "Das geht gar nicht und das stimmt auch nicht."

F: "Und da bist du dir sicher?"

S: "Ja und jetzt verzieh dich. Du wirst hier nichts finden."

F: "Das kann ich nicht tun..."

S: "..."

F: "Aber ich kann dir ein Angebot machen."

S: "Ich gehe keine Deals mit Männern ein."

F: "Hör mal. Es geht darum, dass du mir helfen könntest die Unschuld deiner Gang zu beweisen, wenn es dich interessiert."

Seika verstand nicht, was mit diesem Mann los war. War das...Höflichkeit? Glaubte er ihr? Einfach so? Das war doch extrem Naiv und dumm, aber Seika wusste schließlich auch, dass ihre Gang nichts damit zu tun haben konnte, aber dennoch...

 

Vielleicht konnte Ferruccio die Unschuld ihrer Gang beweisen, doch Männer waren im Gebiet verboten.

Seika: „Wir haben hier ein Problem. Meine Gang ist unschuldig, aber du kannst nicht bleiben."

Ferruccio: „Ich muss das Gebiet untersuchen."

Seika: „Keine Chance! Du bist ein Mann. Gesetz ist Gesetz."

F: "Na gut. Wenn du dir so sicher bist, brauchst du wohl auch keine Angst darum zu haben, dass es doch deine Gang ist, die hier involviert ist. Denkst du nicht?"

„Dieser Typ...Was hat er vor?" dachte sich Seika. Er war trotz dieser Situation und dem Verdacht auf ihrer Gang immer noch so freundlich. War das eine Masche, ein Trick?

 

F: "Auch wenn du Süß aussiehst, wirkst du doch sehr harsch. Denkst du nicht, dass es auch für deine Gangmitglieder so sein könnte, oder vielleicht noch schlimmer?"

S: "Scheiße..." Er hatte schon irgendwo recht. Ihr Spitzname, den ihr Wero gegeben hatte, Saika, bedeute doch genau das. Was genau wusste dieser Mann über diesen Vorfall, von dem sie noch nie zuvor gehört hatte? Es war nervig, aber sie konnte der Logik von ihm nicht widersprechen.

 

Ferruccio schlug vor, ihr ein Fernkommunikationsgerät zu geben, um in Kontakt zu bleiben.

S: „Was soll das sein?"

F: „Es ist wie ein Telefon, aber man kann es auch unterwegs nutzen. Es hat kein Kabel."

S: „Ist das Magie?"

F: „Nein, das ist Technik."

S: „…"

F: „Würdest du mein Geschenk annehmen?"

S: „Was? Ein Geschenk? …Du meinst dieses Teil…"

F: „Hättest du den gerne etwas anderes?"

S: „Ich will gar nichts von dir." Mit unbeeindrucktem Blick drehte sie ihren Kopf kurz zur Seite, um ein wenig hinter sich zu blicken, ob dort auch niemand steht.

"Wie auch immer..."

F: „Soll ich dir erklären wie…"

S: „Hältst du mich etwa für dumm?" Ferruccio hatte gerade noch das Gerät in seiner Hand, als Seika es ihm auf einmal aus der Hand schlägt und es auf den Boden fällt.

F: „Schon gut. Ich denke, du kommst schon damit klar."

Doch Seika blickte nicht einmal auf den Boden. „Du solltest jetzt gehen."

Mit einem „Danke für deine Mithilfe." Wandte sich Ferruccio von Seika ab und ging zurück in die Richtung, aus der er gekommen war.

Als Ferruccio schon Außer Sichtweite war schaute sie sich noch einmal das merkwürdige Gerät an, das noch immer auf dem Boden lag. Seika versteckte das Gerät in ihrem Schrank und schloss ihn ab. Sie fühlte sich komisch. Was war wirklich an Ferruccio dran? War es ein Trick? Doch er hatte sie nicht angegriffen und ihr etwas geschenkt. Seine Worte hallten in ihrem Kopf. Vielleicht war es nur das Unerwartete, was sie so überraschte.

Paar Tage später hörte Seika das Klingeln des Geräts. Sie suchte den Schlüssel, um es zu öffnen, doch als sie ihn fand, war das Klingeln verstummt. Sie fühlte sich enttäuscht, aber auch erleichtert.

„Naja, ist jetzt auch egal."

Doch es klingelte erneut, und Seika öffnete das Gerät. Sie wusste nicht, wie sie annehmen sollte, drückte alle Tasten, bis das Klingeln aufhörte.

„Warum hat er schon wieder aufgelegt? Jetzt geh ich bestimmt nicht mehr dran."

Und es klingelte die nächsten Tage nicht mehr.

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