Die Fahrt durch die dunklen Straßen war ruhig, doch die Stille im Wagen war schwer. Enzo konzentrierte sich auf die Straße, während Marco die Umgebung genau im Auge behielt. Jede plötzliche Bewegung, jedes untypische Geräusch ließ seine Hand unbewusst in Richtung seiner Waffe zucken.
"Wie war es drin?" fragte Enzo schließlich, ohne den Blick von der Straße abzuwenden.
Marco atmete tief durch. "Chaos, wie immer. Aber er ist tot. Das ist alles, was zählt."
Enzo nickte langsam, sagte jedoch nichts mehr. Er wusste, dass es in diesem Moment keine weiteren Fragen brauchte. Jeder Auftrag, besonders einer wie dieser, hinterließ Spuren – selbst bei jemandem wie Marco, der gelernt hatte, die Dunkelheit zu akzeptieren.
Rückkehr zur Villa
Das Auto hielt vor dem Anwesen der Manzoni-Familie. Die schweren Eisentore öffneten sich langsam, und Marco fühlte, wie die Anspannung in ihm noch nicht nachließ. Vittorio wartete im Arbeitszimmer, genau wie Marco es erwartet hatte.
Als Marco eintrat, sah er, dass Antonio ebenfalls da war, am Fenster stehend und eine Zigarette rauchend. Vittorio saß an seinem Schreibtisch, ein Glas Wein in der Hand. Sein Gesichtsausdruck verriet keine Emotionen.
"Und?" fragte Vittorio mit seiner tiefen, ruhigen Stimme.
"Erledigt," antwortete Marco knapp. "Falcone ist tot. Keine Zeugen, keine Kompromisse."
Vittorio nickte langsam, lehnte sich zurück und nahm einen Schluck aus seinem Glas. "Gut. Sehr gut."
Antonio drehte sich um, warf Marco einen prüfenden Blick zu und nickte ebenfalls. "Die Polizei wird Fragen stellen. Sie haben vielleicht Spuren gefunden. Aber sie werden uns nichts beweisen können, solange wir sauber bleiben."
Marco blieb stehen, die Hände in den Taschen, während Vittorio ihn weiter musterte. "Du hast gut gearbeitet, Marco. Aber wir dürfen nicht naiv sein. Falcones Tod war notwendig – aber er wird Wellen schlagen."
"Was meinst du?" fragte Marco.
"Falcone war ein Spieler in einem größeren Spiel," sagte Vittorio nachdenklich. "Seine Verbündeten werden nicht einfach zusehen, wie wir das Brett übernehmen. Sie werden reagieren."
Die ersten Konsequenzen
Noch in derselben Nacht erreichten die ersten Nachrichten die Familie. Einer der Informanten der Manzonis berichtete von einer Bewegung innerhalb der örtlichen Kartelle. Ein anderer meldete ungewöhnliche Aktivitäten in einem der Hafengebiete, das zuvor unter Falcones Kontrolle gestanden hatte.
"Das war zu erwarten," sagte Antonio, als die Informationen auf den Tisch gelegt wurden. "Falcone hatte Verbündete. Und sie werden versuchen, sein Territorium zurückzuerobern – oder Rache zu nehmen."
Vittorio nickte. "Wir müssen schneller sein. Antonio, ruf die Capos zusammen. Jeder von ihnen muss wissen, dass wir jetzt in die Offensive gehen. Wir dürfen ihnen keine Zeit lassen, sich zu sammeln."
Er wandte sich an Marco. "Du wirst uns wieder brauchen, Marco. Das war nur der erste Schritt. Bereite dich vor."
Eine Nacht der Zweifel
Später, in seiner eigenen Wohnung, saß Marco allein im Dunkeln. Die Ereignisse des Abends wiederholten sich in seinem Kopf, wie ein Film, der nicht stoppen wollte. Die Waffe, der Schuss, das Blut auf dem Boden – er konnte all das nicht verdrängen.
Er griff nach einer Flasche Whisky, schenkte sich ein Glas ein und nahm einen tiefen Schluck. Es war nicht das erste Mal, dass er einen Menschen getötet hatte, aber diesmal fühlte es sich anders an.
Er dachte an Falcones letzte Worte: "Du weißt nicht, was du tust. Tötest du mich, wirst du mehr verlieren, als du denkst."
Was hatte er gemeint? War es eine Drohung? Oder ein Hinweis auf etwas Größeres, etwas, das Marco nicht sehen konnte?
Marco warf das Glas mit einem wütenden Ruck auf den Tisch, wo es umkippte und die goldene Flüssigkeit auslief. Er schüttelte den Kopf, als wolle er die Gedanken vertreiben. Es gab keine Zeit für Zweifel.
Der Beginn eines Krieges
Die nächsten Tage waren hektisch. Vittorio und Antonio mobilisierten die gesamte Familie, um die Kontrolle über Falcones Territorium zu sichern. Marco war an vorderster Front – er überwachte Übernahmen, führte Verhandlungen mit unsicheren Verbündeten und eliminierte diejenigen, die sich weigerten, sich anzupassen.
Doch es wurde schnell klar, dass Falcones Tod nicht das Ende war. Eine neue Bedrohung tauchte auf, eine unbekannte Macht, die sich in den Schatten bewegte und still Positionen übernahm.
"Das ist kein Zufall," sagte Vittorio in einer Besprechung. "Jemand hat darauf gewartet, dass wir Falcone aus dem Weg räumen. Und jetzt versuchen sie, das Vakuum zu füllen."
Antonio stimmte zu. "Es könnte eine Allianz sein. Eine Gruppe von Leuten, die mit Falcone gearbeitet haben und jetzt ihre eigene Machtbasis aufbauen wollen."
Vittorio sah Marco direkt an. "Wir müssen wissen, mit wem wir es zu tun haben. Marco, das ist deine nächste Aufgabe. Finde heraus, wer diese Leute sind – und sorge dafür, dass sie uns nicht gefährlich werden."
Marco nickte. Der Auftrag war klar, doch in seinem Inneren spürte er, dass dies der Anfang eines langen und blutigen Kampfes war.