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Die Nacht im Drachenstall (Ende)

Die Sonne war bereits hinter den Hügeln verschwunden, und der Himmel hatte sich in ein tiefes Violett getaucht, als wir uns in den Drachenstall begaben. Es war das erste Mal, dass ich hier schlief – ein Ort, der speziell für uns Drachen gebaut war, um nicht nur Schutz, sondern auch Komfort zu bieten. Trotz der harten Tage, die hinter uns lagen, fühlte ich mich merkwürdig leicht, als wir durch das große Eingangstor traten.

Der Stall war riesig, größer, als ich es erwartet hatte. Die hohen Wände waren aus massivem Stein, und die Decke öffnete sich zum Nachthimmel, um frische Luft hereinzulassen. Doch das Beeindruckendste waren die Schlafplätze – jeder war perfekt an das jeweilige Element eines Drachen angepasst.

Ganz vorne, am nächsten zu mir, lag der Schlafplatz von Fioras, dem Wasserdrachen. Es war ein riesiges Becken, gefüllt mit kristallklarem Wasser, das in sanften Wellen glitzerte. Der Duft von frischem, kühlem Wasser hing in der Luft, und als Fioras sich darin niederließ, konnte ich sehen, wie ihre tiefblauen Schuppen im Schein des Mondes schimmerten.

„Nichts geht über ein Bad im kühlen Wasser," seufzte sie zufrieden und legte sich in die Wellen. „Es beruhigt die Nerven und lässt den Kopf klar werden."

Neben Fioras' Becken befand sich der Schlafplatz von Tharok, dem Erddrachen. Sein Bett bestand aus weichem, lockeren Erdboden, gemischt mit moosigen Steinen und etwas Sand. Als Tharok sich schwerfällig in das Bett fallen ließ, staubte es leicht, doch er grinste nur zufrieden.

„Es gibt nichts Besseres als den Kontakt zur Erde," murmelte er tief und verschwand halb in der Erde, die sich perfekt an seinen massigen Körper schmiegte. „Das ist, wie in den Armen von Mutter Natur zu ruhen."

Balethor, der Donnerdrache, schüttelte nur den Kopf, als er seinen Platz betrachtete. Sein Bett war eine weiche, aber raue Felsformation, auf der vereinzelt schwarze Steine glänzten. „Wenn ich in weichen Wolken schlafen könnte, das wäre ein Traum," meinte er und ließ sich schwer auf den Felsen nieder. „Aber das hier… das ist nah genug dran."

Sindra, die elegante Schattendrachin, glitt leise in die dunkle Ecke des Stalls, wo die Schatten tief und dicht waren. Ihr Schlafplatz war nichts anderes als eine weiche, samtschwarze Fläche, fast wie Nebel, der sich ständig bewegte. Sie verschwand regelrecht darin, bis nur noch ihre schimmernden Augen zu sehen waren.

„Es gibt keinen besseren Ort als die Dunkelheit," flüsterte sie, fast unsichtbar. „Hier kann man wirklich zur Ruhe kommen."

Ganz am Ende des Stalls, bei einem großen, steinernen Podest, lag mein Schlafplatz – und ich staunte. Es war ein Becken aus festem Gestein, in dessen Innerem dicke, glühende Lava langsam hin und her floss. Die Hitze, die von dem Becken ausging, war intensiv und kraftvoll, aber für mich… perfekt.

„Ein Lavabad?" fragte ich erstaunt und trat näher.

Kaelor, der junge Himmelsdrache, der noch nicht einmal seinen eigenen Platz hatte und oft zwischen den anderen Drachen hin und her wanderte, grinste breit. „Ja, ein Lavabad! Das haben sie extra für dich eingerichtet. Pass auf, dass du nicht verbrennst," scherzte er, obwohl wir beide wussten, dass es für mich der ideale Platz war.

„Ich glaube, ich bin der Einzige, der hier nichts zu befürchten hat," erwiderte ich, als ich in die brodelnde Lava trat. Die Hitze durchströmte mich, als ich mich niederließ, und ein tiefes Gefühl der Entspannung setzte ein. „Das fühlt sich… großartig an."

Zyra ließ sich währenddessen auf ihren Schlafplatz nieder – ein großes, weiches Kissen aus Blättern, die vom Wind zu einem federleichten Nest geformt wurden. „Ich könnte niemals in so etwas Heißem schlafen," bemerkte sie, während sie sich bequem einrichtete. „Ich bevorzuge den Wind und die frische Luft. Wieso schläfst du überhaupt gerne in Lava, Feuerherz?"

„Es ist wie…" Ich suchte nach den richtigen Worten, als die Lava sanft meine Schuppen umspülte. „Wie in meiner eigenen Energie zu baden. Es gibt mir Kraft und Ruhe zugleich."

„Kraft?" Balethor lachte tief. „Ich kann mir das nicht vorstellen. Ich bevorzuge harte Felsen, da spüre ich meine eigenen Muskeln und weiß, dass ich noch lebe."

Fioras hob ihren Kopf aus dem Wasser und sah mich neugierig an. „Aber ist es nicht gefährlich? Ich meine, Lava ist… zerstörerisch."

Ich schüttelte den Kopf und ließ ein tiefes Seufzen hören. „Für mich ist sie genauso wie Wasser für dich. Sie umgibt mich und beruhigt meinen Geist. Es ist mein Element, meine Essenz."

„Klingt beruhigend," murmelte Tharok, der sich tief in die Erde eingrub. „Aber nichts geht über den Kontakt zur Erde. Sie ist beständig und immer da."

Kaelor flatterte aufgeregt über uns hinweg. „Ich wünschte, ich hätte so einen Platz! Aber vielleicht bekomme ich eines Tages mein eigenes Nest aus Wolken."

Zyra lachte sanft. „Vielleicht, wenn du noch ein wenig älter wirst, Kaelor. Bis dahin kannst du dich gerne zu mir setzen."

Kaelor grinste breit und landete neben Zyra, kuschelte sich ins weiche Blätternest. „Ich werde das im Auge behalten!"

Ich musste schmunzeln, während ich mich noch tiefer in mein Lavabad sinken ließ. Der Tag war lang gewesen, doch jetzt, umgeben von meinen Freunden und in meinem eigenen Element, fühlte ich mich vollständig. Zum ersten Mal seit Langem war ich wirklich zu Hause.

„Eines muss ich dir lassen," sagte Fioras, während sie sich wieder ins Wasser sinken ließ, „das ist sicherlich ein einzigartiger Schlafplatz."

„Und definitiv einer, den nur du nutzen kannst," fügte Zyra hinzu, während sie sich endgültig niederlegte.

„Das macht ihn perfekt," erwiderte ich leise, meine Augen halb geschlossen. „Genau wie dieser Moment."

Die Nacht hüllte uns ein, während wir miteinander sprachen, lachten und uns auf die kommende Ruhe vorbereiteten. Zum ersten Mal seit Langem fühlte ich mich, als ob ich wirklich einen Ort gefunden hatte, an dem ich hingehörte – mit Drachen, die mich als ihresgleichen betrachteten, und einem Ort, an dem ich frei sein konnte.

Und in dieser warmen Lava, umgeben von meinen Freunden, fand ich schließlich den Frieden, nach dem ich so lange gesucht hatte.